Österreich mit seinen vielfältigen Obstbaumkulturen ist ein hervorragender Boden für Fruchtbrände.

Österreich mit seinen vielfältigen Obstbaumkulturen ist ein hervorragender Boden für Fruchtbrände.
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Von Apfel bis Zitrus

Edelbrände aus Österreich zählen national wie auch international zu den feinsten und gefragtesten am Markt.
Die heimische Szene von professionellen Brennern kümmert sich bereits seit Jahren um die Weiterentwicklung der Qualität und die Etablierung einer neuen Edelbrandkultur. Ein Unterfangen, das von Erfolg gekrönt ist.

Edles Gebranntes aus dem Glas erfreut sich schon lange stets wachsender Beliebtheit bei Gourmets und Genussliebhabern. Und einmal mehr erweisen sich die Vertreter der brennenden Zunft sowohl als Bewahrer traditioneller Arbeitsweisen als auch als Motor der Innovation. »Die Leute trinken das gerne, was sie gerne essen«, bringt es Georg Hiebl aus dem niederösterreichischen Haag, auf den Punkt. Der vielfach ausgezeichnete Brenner (»Craft distillery of the year 2021«), der viele außergewöhnliche Brände in seinem Sortiment führt, wie bereits seit 2000 den Rote-Rüben-Brand, ist stets auf der Suche nach neuen Geschmäckern, die seine Kundschaft begeistern können. Gurkenbrand und Zitrusbrände stehen dabei hoch im Kurs.

Neue Klassiker

Aber auch Klassiker werden neu gedacht. Die Birne beispielsweise erlebt seit einigen Jahren eine unglaubliche Sortimentserweiterung, indem immer mehr – teils alte und fast vergessene – Sorten wieder den Weg in den Brennkessel finden. Natürlich ist immer noch die Sorte Williams unangefochten an der Spitze in der Beliebtheitsskala, aber auch Sorten wie »Dr. Guyot«, »Limoneras«, oder Cuvées aus mehreren Sorten bringen Vielfalt in die Palette. Ganz ähnlich verhält es sich beim Thema Apfelbrand. Doch hier finden sich neben traditionellen Sorten, wie dem steirischen Maschanzker – der sich auch hervorragend für Apfelstrudel eignet – oder Kronprinz Rudolf neue Züchtungen, wie etwa Pinova, oder Baya Marisa. Letzterer ist für Säfte sehr interessant, da der rotfleischige Apfel seine Farbe im Saft erhält. In Osttirol wird eine besondere Tradition hochgehalten. Zwar steht der aus Äpfeln und Birnen gemischte Brand schon seit der Gründung des Vereins »Osttiroler Preglerbauern« 1991 im Fokus dieser Hersteller, er hat aber erst Anfang 2022 die geschützte Angabe im Sinne der EU als »Pregler« zugesprochen bekommen.

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Exotische Früchte

Noch vor einiger Zeit konnte es für Freunde edler Brände nicht exotisch genug sein, doch die Lust auf Bananen-, oder Ananasbrände ist eher zugunsten regionaler Obstsorten gesunken. Eine Ausnahme bilden hier die Zitrusfrüchte, die – oft auch als Geiste – die Verkoster in Verzückung versetzen. Blutorange, Mandarine, aber auch Kalamansi und Kumquats erzielen großartige Geschmackserlebnisse, besonders bei Menschen, die die volle Fruchtigkeit in der Nase und am Gaumen schätzen, aber nicht den Zuckergehalt eines Likörs bevorzugen.

Heimische Produkte für die Bar

Spätestens mit dem Siegeszug des Gins zeichnete sich in der Beziehung der American Bar mit der heimischen Brenner-szene eine neue Form der Zusammenarbeit ab. Wurden klassische Fruchtbrände, teils auch wegen des Preisgefüges in der Vergangenheit eher ignoriert, werden auf der Suche nach neuen Möglichkeiten verstärkt heimische Produkte ins Kalkül gezogen. »Unsere Williams-, Quitten- und Enzianbrände werden verstärkt von Barkeepern eingesetzt«, bemerkt Georg Sulzbacher, Brand Ambassador der Privatbrennerei Gebhard Hämmerle, »besonders bei Cocktailwettbewerben bringen diese Zutaten oft den nötigen Pep in den Drink.« Georg Hiebl berichtet davon, dass seine Pfefferminz-, Gurken- und der neue Paprikageist von kreativen Mixmeistern gerne zur Hand genommen werden. Natürlich schließt sich hier auch wieder der Kreis zu den beliebten Zitrusfrüchten, besonders der Blutorange.

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Trends abseits von Frucht und Gemüse

Dass sich aus Früchten nicht nur edle Brände machen lassen, ist keine besonders neue Erkenntnis. Dennoch ist die – wie der Genussjournalist Roland Graf es ausdrückt – »Spielwiese« der Liköre ein wesentlicher Bestandteil der Innovation im Getränkebereich. Produkte wie der Vogelbeerbitter aus dem Hause Gölles, Wiener Dirndl, oder der Wiener Mocca von Freihof weisen den Weg, der zur Vielfalt der Spirituosen aus lokaler Produktion führt. Neue Kooperationen haben sich mit dem Aufstieg des Wermuts ergeben, der im Windschatten des Gins eine Renaissance feiert. Weingüter liefern den geeigneten Grundwein, Brenner verfeinern das Produkt mit Kräutern und Gebranntem. First Wermut von Dockner und Reisetbauer, oder Motif, der von Partick Martinelli (Rick’s Gin) und Reinhard Muster kreiert wurde, stehen beispielhaft für viele andere.

Trend zur fassgelagerten Spirituose

Nicht zu vernachlässigen ist die immer noch ansteigende Nachfrage nach Fassgelagertem. »Nirgendwo spielen die Faktoren Zeit, Geduld und Erfahrung eine größere Rolle«, weiß David Gölles, der in zweiter Generation Hochprozentiges produziert. Die »Alte Zwetschke« des Vaters Alois ist inzwischen ein Klassiker, der als Blaupause für andere Produkte dient. Dass nicht nur Fruchtbrände ins Fass wandern, liegt auf der Hand, steigt die Anzahl der Whisky- und Rumproduzenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz ja stetig an. Die Brücke zwischen klassischem Fruchtbrand und internationaler Spirituose werden durch Produkte wie Ron Johan Old Plum geschaffen, wo Rum in ehemaligen Zwetschgenbrandfässern nachgereift wird.


Erhard Ruthner
Erhard Ruthner
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