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2-Sternekoch Daniel Gottschlich: Ein kulinarischer Künstler in der Villa Massimo

Sieben Wochen lang ist Gottschlich Praxisstipendiat der Villa Massimo in Rom – als erster Koch überhaupt. Im Fokus steht auch sein zweites Talent: Als Schlagzeuger spielt der Koch Stücke namhafter Komponisten. Das eigentliche Ziel bleibt aber, die Frage zu klären: Ist Kochen Kunst?

In der Welt der Haute Cuisine hat Daniel Gottschlich Maßstäbe gesetzt. Sein Sternerestaurant »Ox & Klee« in Köln erhielt 2015 den ersten, 2019 den zweiten Michelin-Stern. Was viele über den Sternekoch allerdings nicht wissen: Das Kochen ist nicht sein einziges Talent. Der 40-Jährige ist zudem leidenschaftlicher Musiker.

In sein Restaurantkonzept »Experience Taste« kann er beide Leidenschaften einfließen lassen. Die sechs Geschmacksqualitäten – süß, sauer, umami, salzig, bitter und fett – werden in 15 aufwendig komponierten Gänge erlebbar gemacht. Nicht zu unterschätzen: das Ambiente. Gottschlich integriert äußerliche Einflüsse durch Gerüche und Klänge, was seine musikalische Leidenschaft auf einzigartige Weise widerspiegelt.

Kreativen Grenzen erweitern

Wie es aber wohl bei allen Kreativköpfen ist: Sie sprudeln vor Tatendrang. Die Energie, die Gottschlich nicht allein am Schlagzeug loswird, wird nun in eine neue spannende Aufgabe gesteckt – oder besser in Rom verbrannt.

Sieben Wochen lang ist Gottschlich Praxisstipendiat der »Deutschen Akademie in Rom«, kurz »Villa Massimo«. Die Kultureinrichtung gehört der Bundesrepublik Deutschland und ist die bedeutendste Einrichtung zur Förderung deutscher Künstler durch Studienaufenthalte im Ausland. Sie ermöglicht Künstlern, die bereits Großes geleistet haben, ihre kreativen Grenzen zu erweitern.

Normalerweise kommen die Stipendiaten aus den bildenden Künsten: darunter Architekten, Maler, Literaten und Komponisten. Daniel Gottschlich bricht das traditionelle Muster. Als erster Koch in der Geschichte der Villa Massimo wurde er als Praxisstipendiat ausgewählt.

Pandemiebedingte Verschiebung

Und das eigentlich schon 2020. »Da kam aber etwas dazwischen… schon wieder ganz vergessen, was das war«, scherzt er. Für die pandemiebedingte Verschiebung ist Gottschlich allerdings dankbar, »ich war damals noch nicht so weit wie ich es heute bin, und hätte nicht das umsetzen können, was ich jetzt kann«, erklärt er. Jetzt plant er in den sieben Wochen ein Buch zu schreiben – eine Mischung aus Koch- und Tagebuch. Es soll seine Erfahrungen in der Villa Massimo festhalten, die er gleichzeitig in neue Rezepte übersetzen will.

Der Koch und Musiker hat mit dieser Kombination ein klares Ziel: »Es soll die Frage klären: Ist Kochen Kunst?«. Eine umstrittene Frage – zumindest in Deutschland. Im Gegensatz dazu wird in Ländern wie Frankreich oder Italien Kochen gefühlt schon immer als Kunstform betrachtet. Gottschlich glaubt, dass seine Zeit in der Villa Massimo diese Debatte in Deutschland offiziell eröffnen wird. Sein Buch soll dazu beitragen, diese Diskussion auch im Anschluss weiter voranzutreiben.

Weil er seine beiden Restaurants aber nicht sieben Wochen allein lassen kann, pendelt Gottschlich zwischen Rom und Köln. In Italien warten Ateliergespräche und der Austausch mit den anderen Stipendiaten, in Deutschland macht er sich Gedanken, wie man die deutsch-italienische Freundschaft stärken kann. Ein Ergebnis dieses Prozesses: Mitte Oktober wird Gottschlich mit Sternekoch Delfo Schiaffino zusammen kochen und die deutsch-italienische Küche zelebrieren. Der krönende Abschluss findet allerdings erst am 4. November statt: Dort wird Gottschlich das von Vito Žuraj komponierte Stück »Hors d'œuvre« im Parco della Musica aufführen.


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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