Die elsässische »Kleinstadt« bietet einen Themenpark samt Restaurants, Cafés und einem Resort mit 235 Hotelzimmern.

Die elsässische »Kleinstadt« bietet einen Themenpark samt Restaurants, Cafés und einem Resort mit 235 Hotelzimmern.
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Colmar Tropicale: ein kleines elsässisches Dorf im tiefen Dschungel Malaysiens

So mancher reibt sich im Dschungel von Malaysia die Augen: Aus dem Grün ragt ein tropischer Klon der romantischen Altstadt von Colmar samt Zugbrücke, Erkern und französischen Croissants. Wer kam auf diese irre Idee und wie schmeckt der Café au lait?

Chansons und Croissants

Menschen schlendern über das Kopfsteinpflaster, aus einer Boulangerie strömt der Duft knuspriger Croissants. Charles Trenets sanfte Stimme schallt aus Lautsprechern, vorbei an bunten Fachwerkhäusern mit Erkern und Türmchen. »La Mer…«, singt der Chansonnier. Typisch Frankreich, mag man meinen – wären da nicht der Monsunregen und der Dschungel ringsum. Des Rätsels Lösung liegt in Malaysia. Eine Autostunde nordöstlich der Hauptstadt Kuala Lumpur steht ein Nachbau des Welterbe-Städtchens Colmar im Elsass. Der passende Name des Klons im Regenwald: Colmar Tropicale.

Eine Europa-Reise mit Folgen

Die bizarre Idee hatte Malaysias Ex-Regierungschef Mahathir Mohamad (97). Der war nach einer Europa-Reise so begeistert vom Charme des Städtchens, dass er den befreundeten Milliardär und Baulöwen Vincent Tan in den 90er Jahren überredete, die Idylle nach Asien zu holen und ein »Klein-Colmar« im Dschungel der Berjaya Hills zu finanzieren.

Restaurants, Cafés und 235 Hotelzimmer

So entstand nach den Plänen des französischen Architekten Jean Cassou eine Art Themenpark samt Restaurants, Cafés und einem Resort mit 235 Hotelzimmern. Auf dem nächsten Hügel thront gleich noch ein Nachbau der berühmten Elsässer Burg Haut-Koenigsbourg, die im wirklichen Leben gut 25 Kilometer von Colmar entfernt steht.

Alles andere als ein billiges Imitat

Von den gemusterten Satteldächern bis zu den hölzernen Balkonen, von den Fassaden in bunten Pastelltönen bis zu den dekorativen Fensterläden, von den Blumenkästen bis zu den Bistrotischen, von den plätschernden Springbrunnen bis zum Gebäck nach französischem Originalrezept – Colmar Tropicale ist alles andere als ein billiges Imitat. Und es ist auch keine Art elsässisches Disneyland. Die Frankreich-Illusion ist - abgesehen von der lauen Äquatorluft – fast perfekt. Zumindest für Besucher, die noch nie in Europa waren.

Steine aus Indien und malaysische Handarbeit

Aber natürlich ist nicht alles originalgetreu – das hätte wohl selbst den finanziellen Rahmen eines Milliardärs gesprengt. »Wir haben versucht, Material aus den Steinbrüchen von Adamswiller zu importieren, aber das war zu teuer«, sagte Architekt Cassou während der Bauarbeiten 1998 dem französischen Magazin »L'Express«. »Wir mussten uns mit Steinen aus Indien begnügen.« Auch die Inneneinrichtung wurde zumeist in malaysischer Heimarbeit gefertigt.

Eröffnung und Impressionen

Im Jahr 2000 war es endlich so weit: Das Colmar-Imitat öffnete seine Pforten und lockt seither Besucher aus nah und fern. Auch Politikveteran Mahathir und Milliardär Vincent Tan reisen ab und zu an, um durch ihre wahr gewordene Vision zu spazieren. »Am Anfang habe ich mich wirklich gefühlt, als wäre ich in Frankreich«, sagt Al Fatah, der seit einem Jahr in der Boulangerie die Gäste bewirtschaftet. Gekonnt bedient er die Hebel der Kaffeemaschine und zaubert einen Café au Lait ins Glas, untermalt von der Stimme Edith Piafs. Und wie fühlt er sich heute? »Als wäre ich in Malaysia«, lacht er. »Colmar Tropicale ist für die meisten etwas für einen einmaligen Besuch, und die Leute lieben es«, sagt er. Etwa die Hälfte der Gäste stamme aus Malaysia, die andere Hälfte zumeist aus arabischen Ländern sowie China und Russland, erzählt er.

Starbucks in Colmar – kein Zufall

Es mag auch überraschen, dass an einem Fachwerkhaus mit rosa Fensterläden ein »Starbucks«-Schild prangt. Aber das macht Sinn. Und zwar nicht nur, weil es auch im echten Colmar eine Filiale gibt – sondern vor allem, weil Investor Vincent Tan mit seiner »Berjaya Group« seit 2014 die gesamte US-Café-Kette in Malaysia kontrolliert. (APA/dpa)

Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
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