Kelsey McKechnie und Charlie Metcalfe.

Kelsey McKechnie und Charlie Metcalfe.
Foto beigestellt

Falstaff-Talk mit Kelsey McKechnie und Charlie Metcalfe

Seit Ende 2023 ist Kelsey McKechnie Malt Master der renommierten Speyside-Destillerie Balvenie. Zusammen mit Global Brand Ambassador Charlie Metcalfe hat sie kürzlich in Zürich die bisher älteste Abfüllung des Hauses vorgestellt, den streng limitierten Balvenie Sixty. Im Falstaff Interview verraten die Beiden, was die knapp 150-jährige Brennerei so besonders macht.

Falstaff: Balvenie hat gerade zum ersten Mal einen 60 Jahre gereiften Whisky auf den Markt gebracht, The Balvenie Sixty. Wie kam es dazu?

McKechnie: Mein Vorgänger David C. Stewart, der bis Ende letztes Jahr Malt Master war, arbeitet seit 1962 für Balvenie. Zur Feier seines 60-jährigen Jubiläums wollten wir einen besonderen Whisky abfüllen. Ich wählte dafür ein Fass aus, von dem wir wussten, dass es herausragend war. Es wurde im selben Jahr abgefüllt, in dem David bei Balvenie anfing und ist ein Refill-Hogshead-Cask aus europäischer Eiche. Der Whisky ist wirklich fantastisch. Er ist ein perfektes Beispiel für Balvenies grosse Destillierkunst und eine schöne Hommage an David C. Stewarts viele Jahre in der Firma.

Metcalfe: Insgesamt konnten wir 71 Flaschen abfüllen. Diese werden nun auf der ganzen Welt verkauft, es ist also eine extrem limitierte Abfüllung. Aber nicht nur das: Es ist die älteste in der Geschichte Balvenies – ein grosser Meilenstein für die Destillerie. Ebenfalls besonders ist, dass es die einzige Flasche ist, die sowohl Kelsey McKechnies als auch David C. Stewarts Unterschrift trägt – das wird es nie wieder geben, denn David hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und ist nur noch als Ehrenbotschafter für Balvenie tätig.

Wie war die Übergabe für Sie?

McKechnie: Es war ein sehr natürlicher und schöner Prozess. Eigentlich mache ich diesen Job schon seit fünf oder sechs Jahren. David hat damals angefangen, immer mehr seiner Aufgaben an mich abzugeben. Er hat die Rolle meines Mentors übernommen und ich habe unglaublich von seinem Wissen profitiert. So hat er mich optimal für die Zukunft vorbereitet.

Wie wird man Malt Master?

McKechnie: Ich fing vor 10 Jahren an, bei der Firma William Grant & Sons zu arbeiten, zu der auch Balvenie gehört. Anfangs war ich in der Girvan Distillery im technischen Bereich angestellt, also im Labor, wo ich die Destillate analysierte. Mit der Zeit begann ich mich für die Geschmacksentwicklung von Whisky zu begeistern. Es fasziniert mich total, dass wir aus so einfachen Rohstoffen etwas so Komplexes machen können. Nach ein paar Jahren im Labor ging ich nach Irland, dann fing ich an, in Dufftown bei Glenfiddich und Balvenie zu arbeiten. Als nächstes bekam ich eine Stelle im Lager von Balvenie. Es war kein direkter Weg zum Malt Master, ich lernte aber viele der Fähigkeiten, die ich heute brauche – auch wenn ich das damals nicht wusste. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich «Apprentice Malt Master» werden wollte, was dann zum Malt Master führte. Es dauerte aber 10 Jahre.

Die meisten jungen Leute bleiben heute nicht so lange in einer Firma. Wie schafft Balvenie es, seine Angestellten an sich zu binden?

Metcalfe: Whisky im Allgemeinen und Balvenie im Speziellen ist ein Arbeitsfeld, in dem die Leute gerne lange bleiben. Viele Angestellte arbeiten 10, 20, 30 oder, in Davids Fall, 60 Jahre für Balvenie. Alles beim Whisky braucht viel Zeit und Geduld, also zieht die Industrie auch Menschen an, die diese Zeit investieren möchten. Zudem arbeitet Balvenie auf eine Art und Weise, welche die Angestellten fasziniert. Bei uns wird Tradition gelebt. Wir nennen es «unsere fünf Handwerke»: Wir mälzen unser eigenes Getreide auf einem traditionellen Malzboden, reparieren unsere Fässer in der hauseigenen Küferei, haben Kupferschmiede, die sich um unsere Destillierblasen kümmern, unseren eigenen Bauernhof, auf dem wir einen Teil unserer Gerste selbst anbauen und, last but not least, talentierte Whiskymacher, wie etwa Kelsey.

Ms. McKechnie, diese Frage wird Ihnen sicher oft gestellt: Wie ist es für Sie als junge Frau, in dieser Industrie zu arbeiten?

McKechnie: Für mich gibt es zwei Perspektiven: Eine von ausserhalb und eine von innerhalb der Whisky-Industrie. Von aussen betrachtet ist es so, dass mehr Männer als Frauen Scotch Whisky trinken. In den Destillerien selbst arbeiten aber sehr viele Frauen. In meinen 10 Jahren bei William Grant & Sons hatte ich nur einen männlichen Vorgesetzten. Es wurde immer nur auf das Talent und die Fertigkeit einer Person geachtet. Deswegen musste ich mich nie mit dieser Frage auseinandersetzen, beziehungsweise erst, seit ich mit meiner Rolle Balvenie nach aussen repräsentiere. Da hatte ich grosses Glück.

Metcalfe: Es gibt viele wunderbare Pionierinnen in der Whisky-Industrie. Die Zeit, in der sie ein Männerclub war, ist vorbei – und das ist völlig richtig so. Das gilt übrigens auch, was den Konsum angeht. Wir organisieren auf der ganzen Welt Degustationen. Das Geschlechterverhältnis der Teilnehmenden wird immer ausgeglichener. Das freut uns!

Welche Herausforderungen kommen denn auf die Whiskyindustrie allgemein und Balvenie im Besonderen zu? Und wie planen Sie diese zu meistern?

McKechnie: Wie jede Industrie haben auch wir Probleme mit der Lieferkette. Es wurde zum Beispiel schwieriger für uns, Fässer zum Ausbau unseres Whiskys zu bekommen. Balvenie ist ja als «the home of cask finishing» bekannt, wir sind Vorreiter, wenn es um den Ausbau in verschiedenen Fasstypen geht. Es ist also unglaublich wichtig für uns, diese Lieferkette langfristig zu sichern.

Metcalfe: Wir kaufen viele Fässer aus den USA und Spanien, sowie aus verschiedenen Weinregionen. Um die kämpfen jetzt alle, denn es werden überall auf der Welt neue Destillerien eröffnet. Dank unserer langen Geschichte haben wir aber gute Kontakte zu den Lieferanten. Kürzlich haben sich die Regeln für Scotch Whisky geändert, wir dürfen jetzt zusätzliche Fasstypen benutzen. Das schauen wir uns natürlich auch an, um unseren Stock auszubauen.

McKechnie: Genau, wir müssen unbedingt mehr Lagervolumen aufbauen. Wir haben nicht genug Balvenie, um der Nachfrage nachzukommen. In den nächsten Jahren müssen wir also daran arbeiten, unsere Produktionsmengen zu vergrössern und zu diversifizieren. Es dauert Jahre oder Jahrzehnte, bis sich die Geschmäcker im Whisky voll entwickelt haben. Wir müssen also gut für die Zukunft vorausplanen.


Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Larissa Graf
Larissa Graf
Mehr zum Thema