Winzerin Esther Dos Santos-Meyer.

Winzerin Esther Dos Santos-Meyer.
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Falstaff Talk mit Winzerin Esther Dos Santos-Meyer

Genfer Weine gehören immer noch zu den bestgehüteten Geheimnissen der Schweiz. Das liegt nicht etwa an ihrer Qualität, sondern schlichtweg daran, dass sie es kaum aus ihrer Ursprungsregion schaffen. Im Falstaff Talk spricht Winzern Esther Dos Santos-Mayer von der Domaine Château-du-Crest über die Entwicklung des Genfer Weinbaus, Trends, Herausforderungen und weshalb man die Weine der Region unbedingt kennenlernen sollte.

Falstaff: Frau Dos Santos-Meyer, wie hat sich die Weinregion Genf in den letzten Jahrzehnten entwickelt? Welche Trends stellen Sie heute fest?

Esther Dos Santos-Meyer: Die Qualität der Genfer Weine hat sich in den letzten Jahren bemerkenswert weiterentwickelt. Nicht nur die Vielfalt an Rebsorten, sondern auch neue Weinbereitungstechniken sind für diesen Fortschritt massgeblich verantwortlich. Für mich zeichnet sich die Weinregion Genf durch ihre Dynamik und den Mut der Produzenten, mit neuen Rebsorten zu experimentieren, aus. Vor allem der Anbau resistenter Sorten ist hierbei hervorzuheben, die in Genf immer mehr an Bedeutung gewinnen. Zwei weitere wichtige Elemente des Genfer Weinbaus sind der Erhalt des kulturellen Erbes der Weinregion sowie die Reduzierung des Einsatzes von Hilfsmitteln bei der Weinbereitung. Nach wie vor besteht eine grosse Nachfrage nach Chasselas, doch Rotweine gewinnen immer mehr an Bedeutung. Besonders die sogenannten Spezialitäten, womit Rebsorten aus anderen Regionen gemeint sind, haben dem Genfer Weinbau gutgetan.

Apropos Chasselas, Mitte der 1980er entschied man sich in Genf dazu, die Erntemengen zu reduzieren und die Chasselas-Monokultur zugunsten anderer Sorten aufzubrechen. Welche Sorten spielen heute die wichtigste Rolle in Genf und welchen sagen Sie eine grosse Zukunft voraus?

Wie ich bereits erwähnte, ist Chasselas nach wie vor die am stärksten vertretene Sorte im Kanton Genf, aber Chardonnay und Sauvignon blanc haben in den letzten Jahren stark zugelegt. Eine rote Rebsorte, die heute eine wichtige Rolle spielt, ist Gamaret. Eine grossartige Sorte, die Weine von hoher Qualität hervorbringt und bei vielen Weingeniessern sehr gut ankommt. Der meistverkaufte Wein unseres Weinguts ist zum Beispiel eine Assemblage aus Gamaret und Pinot Noir, bei welcher der Gamaret den Ton angibt. Sie heisst «Château Rouge». Im Rebberg bereitet uns die Sorte Gamaret aber leider grosse Sorgen, denn sie ist sehr anfällig für Esca, eine Rebkrankheit, die das Holz der Rebstöcke befällt. Daher scheint die Zukunft des Gamaret begrenzt zu sein, es sei denn, man findet eine Lösung für dieses Problem. Eine bessere Zukunft werden wohl spätreifende rote Sorten wie etwa Merlot oder Malbec haben, die von den steigenden Temperaturen profitieren und so erfolgreich sind wie nie zuvor.

Die Genfer Weinproduzenten sind auf Nachhaltigkeit im Rebberg bedacht und arbeiten seit 20 Jahren insektizidfrei. Welche Herausforderungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit ergeben sich Ihrer Ansicht nach für den Genfer Weinbau in Zukunft?

Ob bio oder nicht, Behandlungen gegen Rebkrankheiten sind nach wie vor obligatorisch und die konventionellen Spritzmittel verlieren nach und nach ihre Zulassungen. Wir sind uns bewusst, dass irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht sein wird. Deshalb haben wir auf unserem Weingut zum Beispiel vor einigen Jahren beschlossen, unsere Weinberge umzustrukturieren und auf krankheitsresistente Rebsorten umzustellen. Die bekannteste hiervon ist Divico, aber wir kultivieren auch andere dieser Rebsorten wie Divona, Sauvignac, Merlot Khorus oder Pinot Kors. Sie alle fordern ein gewisses Mass an Umdenken bei der Weinherstellung, aber der grosse Vorteil ist, dass sie nur einmal im Jahr mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden müssen. Aber das ist nur ein Teil, was Nachhaltigkeit im Weinbau betrifft. Es gibt noch andere Themen, über die wir diesbezüglich sprechen könnten, wie etwa die Bewältigung von Dürreperioden und Wetterkapriolen wie Hagel oder Spätfrost, genauso wie immer höhere Alkoholgehalte in Weinen und die Reduzierung des Einsatzes von Schwefeldioxid bei der Weinbereitung. Es gibt unzählige neue Herausforderungen für den Weinbau.

Genfer Weine schaffen es nach wie vor kaum in die Deutschschweiz. Welche Tipps haben Sie für Menschen ausserhalb der Region, um die Genfer Gewächse kennenzulernen?

Der Genfer Tourismusverband sollte die Wahrnehmung der Genfer Landwirtschaft weiter fördern, denn viele Deutschschweizer wissen noch nicht mal, dass wir in Genf Wein produzieren. Im Optimalfall kommen die Leute nach Genf und entdecken die Weine vor Ort. Genf hat immense Fortschritte im Bereich des Önotourismus gemacht und überall im Kanton gibt es Angebote, um die Weine der Region kennenzulernen und eine gute Zeit zu verbringen. Wer es nicht nach Genf schafft, kann die Weine natürlich auch online bestellen. Alle Produzenten haben Webseiten und Genfer Weine haben nach wie vor das beste Preis-Leistungs-Verhältnis in der Schweiz.

Weitere Informationen zur Weinregion Genf: geneveterroir.ch


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Dominik Vombach
Dominik Vombach
Chefredaktion Schweiz
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