© Max Arens

Jorinde Voigt im Interview: »Kunst muss sich öffnen«

Jorinde Voigt ist eine der bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Generation. Im Interview spricht sie über das Bedürfnis, sich permanent weiterzuentwickeln, und ihre Werke für das Hamburger Luxushotel »Vier Jahreszeiten«.

Falstaff: Die meisten Ihrer öffentlich zugänglichen Bilder hängen in Museen, aber seit Kurzem sind zwei Ihrer Werke im neu eröffneten »Grill« im Hamburger Hotel »Vier Jahreszeiten« zu finden – »The Art of Being Happy« und »Sara’s Question«. Sind Restaurants ein angemessener Ort für Kunst? 

Jorinde Voigt: Kunst zu präsentieren, ist meine Art, mit der Umwelt in Kommunikation zu treten. Und wenn meine Werke an so viel besuchten Orten wie einem Restaurant präsentiert werden, dann intensiviert sich dieser Kontakt. Das freut mich natürlich. Ein Lokal betreten die meisten Menschen außerdem mit viel weniger Ehrfurcht als ein Museum, was die Art, wie sie Kunst wahrnehmen, nicht unbedingt negativ beeinflusst. Auch wenn meine Bilder im »Grill« sicher nicht die Hauptrolle spielen, haben sie dennoch die Kraft, Emotionen hervorzurufen, die Gäste zum Nachdenken anzuregen und ihnen neue Perspektiven zu eröffnen.

Wo wir gerade beim Thema sind: Es gibt Menschen, für die ist Kochen eine Form der Kunst. Wie sehen Sie das?

Was so manche Meisterinnen und Meister des kulinarischen Fachs auf Teller zaubern, erinnert mich in jedem Fall an Gemälde. Erste Bestrebungen, Kochen als Kunstform anzuerkennen, gab es bereits in den 1980ern. Einer der Pioniere von damals ist der Wiener Experimental-filmer Peter Kubelka. Er lehrte an der Frankfurter Städelschule »Kochen als Kunstgattung«. Seine Schüler gründeten Kochwerkstätten, Cateringunternehmen und Pop-up-Restaurants. Dem zugrunde liegt ein sehr offener Kunstbegriff – so ähnlich, wie ich ihn selbst vertrete. Kunst muss sich öffnen, finde ich, sei es für Essen, Sport, Mode oder ganz andere Bereiche.

Jorinde Voigt 1977 in Frankfurt am Main geboren, ist Professorin an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Ihre Arbeiten sind in Museen auf der ganzen Welt zu sehen, darunter das Centre Pompidou in Paris und das MoMA in New York.
© Amanda Holmes
Jorinde Voigt 1977 in Frankfurt am Main geboren, ist Professorin an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Ihre Arbeiten sind in Museen auf der ganzen Welt zu sehen, darunter das Centre Pompidou in Paris und das MoMA in New York.

Sie sind für Ihre Zeichnungen weltberühmt. In diesem Jahr haben Sie angefangen, zu malen. Warum?

Immer dann, wenn ich etwas umfänglich ausgetestet habe, gebe ich es auf. Gleich­zeitig treibe ich mich dazu an, mindestens alle zwei Jahre etwas komplett Neues zu lernen.

Das klingt anstrengend.

Da haben Sie nicht ganz unrecht. Aber ich entwickle immer dann die größte Energie, wenn ich herausgefordert bin. Als ich vor fünf Jahren ein neues Atelier an der Spree bezog, machte ich einen Bootsführerschein. Gleichzeitig fing ich mit Krafttraining an, um eine unendliche, nicht abreißende Linie zeichnen zu können. Vor drei Jahren habe ich mit Tennistraining begonnen. Fünfmal die Woche je eine Stunde. Zu der Zeit habe ich mich in meinen Architekten Daniel Verhülsdonk verliebt, einen passionierten Tennisspieler. Ich wollte nicht, dass wir uns aus den Augen verlieren, wenn das Bauprojekt endet. Also habe ich geübt, um eine ebenbürtige Gegnerin für ihn zu werden.


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Sebastian Späth
Sebastian Späth
Chefredakteur Deutschland
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