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Markthalle Basel: Eine Kuppel voller Genuss

Die Markthalle Basel war bei ihrem Bau 1929 die drittgrösste Stahlbeton-Kuppel der Welt. Fast 100 bewegte Jahre später wird sie wieder als Markthalle genutzt – mit Streetfood aus aller Welt, nachhaltigen Lebensmittelangeboten und abwechslungsreichem Eventprogramm.

Basel, 1929: Endlich konnte das Holzgerüst entfernt werden, welches die Verschalung der 27 Meter hohen und 60 Meter breiten Stahlbetonkuppel trug. Die Legende besagt, dass der verantwortliche Ingenieur Alfred Adolf Goenner in die Tiefe des eindrücklichen Raumes vordrang – sterben habe er wollen, hätten seine Berechnungen nicht gestimmt. Doch die Konstruktion hielt und sie tut es auch heute, fast hundert Jahre später, nach wie vor. Die achteckige Kuppel der Markthalle war bei ihrer Erbauung eine bauliche Pionierleistung. Bei ihrer Fertigstellung war sie die drittgrösste Stahlbeton-Kuppel der Welt. Ihre Ausmasse übertrafen schon damals berühmte Kuppeln der Welt: Etwa das Pantheon von Paris, die Peterskirche in Rom oder die Hagia Sophia in Istanbul.

Nicht von der Hand zu weisen ist die Ähnlichkeit zu der im selben Jahr fertiggestellten doppelkuppeligen Grossmarkthalle von Leipzig. Sie war eines der grossen Vorbilder für den Bau der Basler Halle und wurde für ihre gelungene Symbiose von Form und Funktionalität weltweit gerühmt. Die innovative Technik der Schalenbauweise mit ihren ausserordentlich dünnen Wandstärken und den daraus resultierenden geringen Gewichten ermöglichte auch in Basel den Bau eines imposanten Baus ohne störende Stützpfeiler, von dem eine gewisse weltoffene Grandezza ausging.

Eine Halle fürs Essen

Erbaut wurde die Markthalle Basel für den Grosshandelsmarkt. Bis hinein ins 19. Jahrhundert spielten sich sowohl der Gross- als auch der Detailhandel in Basel unter freiem Himmel auf dem Marktplatz ab. 1883 wurde er wegen seiner zunehmenden Grösse auf den Barfüsserplatz verwiesen. Er war ein Treffpunkt für Produzenten und  Händler aus der Schweiz und dem nahen Ausland, welche die Erzeugnisse der Region und aus südlichen Ländern auf den Markt brachten.

Auf der anderen Seite besuchten den Markt auch Verbraucher, die Obst und Gemüse in grösseren Mengen benötigten und Detaillisten den regen und florierenden Betrieb. Die Markthalle schliesslich entstand aus Platzmangel und aus dem Wunsch nach Expansion heraus. Eine eigens zu diesem Zweck gegründete Genossenschaft aus verschiedenen Interessengemeinschaften kaufte das Areal damals und liess für rund drei Millionen Franken die Grossmarkthalle erstellen. Es ist also den regionalen und überregionalen Lebensmitteln und ihren Händlern zu verdanken, dass Basel 1929 ein städtebauliches und architektonisches Glanzstück erhielt.

Nachdem sie jahrzehntelang die Handelspattform der Basler Gemüse- und Früchtehändler war, steht die Halle heute unter Denkmalschutz. Ab 2004 entstand in der Markthalle ein Shoppingcenter, das bei den Baslerinnen und Baslern allerdings auf wenig Anklang stiess. 2013 schliesslich wurde die Halle wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt. Die Markthalle AG übernahm und läutete eine neue Ära des Markttreibens ein.

Food-, Kultur- und Eventhalle

Die eigentlich naheliegende Idee für die Bespielung der Markthalle als Streetfood- und Lebensmittel-Markt kam 2013 von einer Projektgruppe aus Architekten und Kulturunternehmern rund um die Baslerin Architektin Barbara Buser. Die Markthalle AG ist seit Mitte 2013 Mieterin der Kuppel mitsamt ihren Einbauten und koordiniert das Gesamtgeschehen. Sie verfolgt seither das ehrgeizige Ziel, der Öffentlichkeit den eindrücklichen Kuppelbau als Architekturikone und Drehscheibe der regionalen Lebensmittelversorgung zurückzugeben. Und so ist vor bald zehn Jahren in der altehrwürdigen Markthalle eine Kulturstätte mit guter Unterhaltung, lokalen und internationalen Küchen und unkomplizierten Verpflegungs- und Zusammenkunft-Möglichkeiten entstanden.

Mit der Einrichtung von Marktständen und Gastronomiebetrieben, Läden, Festivals, Konferenzen, Performances, Kursen und Degustationen rund ums Essen, Trinken und Geniessen ist die neue alte Markthalle innert kurzer Zeit zu einem Publikumsmagnet geworden. Aus dem einstigen Handelsplatz ist ein öffentlicher und sozialer Ort geworden, der genutzt wird. Ein Glücksfall ist die Übernahme der Markthalle samt Sockelgeschoss und Nebenbauten im Jahr 2016 durch die Edith Maryon AG aus Basel, die sich ausdrücklich dafür einsetzt, Grundeigentum der Immobilienspekulation zu entziehen und sozialverträglich nutzbar zu machen. Seither sichert ein langfristiger Mietvertrag den Fortbestand des anfangs befristeten Projektes. Rund 50 Mitarbeitende in unterschiedlichen Pensen arbeiten heute bei der Markthalle AG Basel und teilen sich 25 Vollzeitstellen. Die Gründungsmitglieder sind weiterhin im Aktionariat vertreten und im strategischen oder operativen Geschäft aktiv.

Nichts wie hingehen, einatmen und der Nase folgen, sich treiben lassen von den vielen Gerüchen aus unterschiedlichsten Ländern und Produkten, die Ohren spitzen und vielleicht ist ja gerade irgend ein Spezialmarkt, ein Sprachkurs, ein Vinylmarket, ein Folkkonzert, ein thematischer Apéro, ein stylischer Secondhand-Markt, ein Zero-Waste-Workshop, eine inklusive Rollstuhldisco, der Tag des reifen Apfels, eine Backmeisterschaft. Alles Beispiele aus dem bunten Veranstaltungsprogramm der Markthalle-Macher. Und sollte gerade kein Event und der Hunger klein sein, beeindruckt die Halle auch heute noch den Besucher mit ihrer grossen Kuppel ganz ohne Stützen. Ein zeitlos grandioses Bauwerk, das für genussaffine Menschen mit ebensolchen Inhalten aufwarten kann.


Erschienen in
Basel Spezial 2022

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Monica Herzog-Arquint
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