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Superfood oder Gesundheitsgefahr: Die Haferflocken-Verschwörung

Haferflocken stehen in den sozialen Netzwerken unter Beschuss. Ein Hashtag entfacht hitzige Diskussionen über die vermeintlichen Gesundheitsrisiken von Porridge und Müsli. Was steckt dahinter?

Haferflocken werden oft als vielseitiges Superfood gefeiert. Mit ihrem Reichtum an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sind Gerichte wie Porridge bei gesundheitsbewussten Menschen und Fitness-Enthusiasten besonders beliebt. Doch auf TikTok formiert sich nun eine gegenteilige Bewegung: Hafer-Kritiker zweifeln an den vermeintlichen Superkräften der Flocken.

Einige der Warnungen wirken anfänglich durchaus seriös; sie stammen von bekannten US-Medizinern und Bestsellerautoren von Ernährungsratgebern. Sie behaupten vor einem Millionenpublikum, dass Haferflocken dick machen und den Fettabbau trotz sportlicher Aktivitäten verhindern, weil sie arm an Protein und reich an Kohlenhydraten seien. Laut ihnen seien Haferflocken zudem giftig, vor allem für Kinder, da sie Pestizide und Metalle enthielten. Die angebliche Gesundheitstäuschung sei hingegen das Ergebnis jahrzehntelanger Industriepropaganda großer Konzerne wie »Kellogg's« oder des US-amerikanischen Lebensmittelunternehmens »Quaker Oats«. Zu diesen kritischen Stimmen gehört auch der Kardiologe und TikTok-Nutzer »Natural Health Doctor«, der vehement behauptet, dass Haferflocken nicht die gesundheitsfördernden Eigenschaften besitzen, die ihnen bisher zugeschrieben wurden. Mit Arztkittel und Stethoskop lässt er unter dem Hashtag #oatconspiracy gefühlt das gesamte Netz inzwischen die Frage stellen: Sind Haferflocken wirklich so gesund, wie wir bisher angenommen haben?

Wie viel Wahrheit steckt dahinter?

Und das aus einem ziemlich einfachen Grund: Diese sogenannten Hafer-Kritiker entpuppen sich oftmals schnell als geschäftstüchtige Persönlichkeiten – von Privatärzten bis zu Fitnesscoaches –, die ihre eigenen Produkte und Programme vermarkten wollen. Der »Natural Health Doctor« leitet beispielsweise sein eigenes, privat geführtes, ganzheitliches Herzzentrum und vermarktet herzfreundlichen Kaffee. Ein Anderer schwört auf die Paleo-Diät und vertreibt ein damit verbundenes Ernährungs- und Fitnessprogramm, das stark auf den Konsum von Fleisch setzt.

So ganz ignorieren, lassen sich die Verschwörer aber dennoch nicht. Wie viel Wahrheit steckt also hinter ihren Behauptungen?

 

Fest steht: Hafer ist ein gesundes Lebensmittel, egal in welcher Form. Er enthält Vitamine, Mineralstoffe und wasserlöslichen Ballaststoffe, die den Cholesterinspiegel senken und den Blutzuckerspiegel stabilisieren können. Das bestätigen zahlreiche Studien, darunter auch eine Meta-Analyse der Zeitschrift The American Journal of Clinical Nutrition: Personen, die Beta-Glucan aus Hafer konsumierten, zeigten eine signifikante Reduktion ihres Gesamtcholesterins, was das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann. Darüber hinaus haben Haferflocken antioxidative Eigenschaften und enthalten wichtige Nährstoffe wie B-Vitamine, Eisen und Magnesium. Diese können zur Unterstützung eines gesunden Stoffwechsels und einer verbesserten Herzgesundheit beitragen.

Eine wahre Kalorienbombe

Womit die Kritiker allerdings nicht ganz Unrecht haben: Haferflocken sind äußerst energiereich und liefern je nach Sorte über 330 Kilokalorien pro 100 Gramm – das entspricht etwa der Energie von drei Bananen. Diese hohe Energiedichte macht Haferbrei zu einer beliebten und nährstoffreichen Überlebensnahrung. Als Abnehm-Food eignen sich die sättigenden Flocken daher nur, wenn man sie richtig einsetzt und auf ein Kaloriendefizit achtet. Das beliebte Porridge oder die berühmten Overnight Oats zum Frühstück, sind deshalb besonders für Personen mit 9-to-5-Bürojob und wenig sportlicher Betätigung eher weniger geeignet. Im Gegenteil, mit Vollmilch, Joghurt, Obst und Nüssen sind sie eine wahre Kalorienbombe und decken schon gut ein Drittel des täglichen Kalorienbedarfs. Um wirklich Gewicht zu verlieren, ist daher die Kontrolle der Gesamtkalorienaufnahme von entscheidender Bedeutung – wie bei jedem anderen Lebensmittel auch.

Doch die Debatte über die zarten oder kernigen Flocken geht über ihre gesundheitlichen Vorzüge hinaus. Auch an der Behauptung, dass Haferflocken Pestizide und Metalle enthalten, ist teilweise etwas dran. Untersuchungen des Verbrauchermagazins Öko-Test enthüllten, dass viele Haferflocken Spuren von Pestiziden, Schimmelpilzgiften, Mineralöl und Nickel enthalten. Die Haferflocken-Verschwörung sorgt sich also auch um die Sicherheit und Qualität der verkauften Produkte.

Öko-Test untersuchte dafür 24 Haferflockenprodukte verschiedener Marken und Geschäfte. Das alarmierende Ergebnis: Ein Viertel der Produkte enthielt Nickel, Pestizide wurden in zwölf Produkten nachgewiesen, und einige wiesen sogar Spuren des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat auf. Konsumenten können solche Toxine weder schmecken, riechen noch sehen, obwohl einige von ihnen das Immunsystem beeinträchtigen können. Bei übermäßiger Aufnahme können sie Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen verursachen und in seltenen Fällen sogar zu dauerhaften Organschäden führen. Der Lebensmittelhandel reagiert unterschiedlich auf diese Enthüllungen. Während einige die Vorwürfe zurückweisen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte verweisen, betonen andere die Notwendigkeit, auf hochwertige und Bio-zertifizierte Produkte zu setzen.

Diskutieren wir ernsthaft über Haferflocken?

Generell testen Hersteller und Lebensmittelkontrolleure regelmäßig Getreide auf Toxine. Bei einer Belastung über dem festgelegten Richtwert wird der Verkauf untersagt. Um das Risiko zu minimieren, ist es ratsam, gelegentlich die Sorte oder Marke zu wechseln. Haferflocken sollten zu Hause idealerweise in einem luftdichten Behälter aufbewahrt werden, um Motten und anderen Schädlingen vorzubeugen.

Zum Schluss eine erfreuliche Nachricht auch für alle Kritiker und die Menschen, die sich fragen, ob wir jetzt ernsthaft über Getreide diskutieren: Der Verzehr von Haferflocken ist für niemanden ein Muss. Letztendlich – und immer noch – spielt die ausgewogene Zusammenstellung des Speiseplans, angemessene Portionsgrößen und ausreichende Bewegung eine entscheidende Rolle. Selbst bei sehr gesunden Lebensmitteln können Probleme auftreten, wenn sie in übermäßigen Mengen konsumiert werden – Stichwort Mono-Diät.

 


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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