© Tara Fisher

»Africana«: von Marokko bis nach Madagaskar

»Viele afrikanische Küchen haben es in London mittlerweile aus der Billigimbiss-Ecke bis ins Fine Dining geschafft.«

Ein ganzer Kontinent in einem einzigen Kochbuch, geht das? Und wie! Köchin und Kochbuchautorin Lerato Umah-Shaylor nimmt uns in ihrem neuen Buch »Africana: Treasured recipes and stories from across the continent« mit auf eine Reise von Marokko bis nach Madagaskar und lässt uns oft völlig neue, aufregende Geschmackswelten entdecken.

Wer öfter in ­London unterwegs ist, weiß schon länger, dass die Aromen ­Afrikas gerade ziemlich angesagt sind – nigerianische, äthiopische und andere afrikanische Küchen haben es aus der spottbilligen Imbissecke geschafft und sich in der Bistroszene und selbst in der Fine-Dining-Ecke etabliert. Auf einmal essen nicht mehr nur arme Migranten Fufu und Maniokbrei, sondern auch hippe Engländer.

Das doppelt besternte »Ikoyi« etwa gehört mit seiner ganz eigenen Interpreta­tion westafrikanischer Küche schon seit einiger Zeit zu den heißesten Adressen der Stadt, in Bistros wie dem »Chishuru« kann man zu seinem westafrikanischen Eintopf Natural Wine schlürfen, das »Pitanga« bietet neben »Nigerian with a Twist« auch ­nigerianischen Brunch an, und »Eater London« hat schon eine eigene Liste mit den besten Suya-Läden der Stadt veröffentlicht, einer speziellen Form des westafrikanischen Barbecues.

Dieser Boom hat einerseits sicher mit den zahlreichen Einwanderern aus Westafrika zu tun, die seit vielen Jahren in der ­englischen Hauptstadt ihr Glück suchen und vermehrt auch finden – andererseits aber auch mit der Tatsache, dass es in Afrika für Europäer kulinarisch noch ziemlich viel zu entdecken gibt: Gewürze wie Paradieskörner, eine Art aufregender Pfeffer, oder vergorene Locustbohnen, Westafrikas Antwort auf Sojasauce, Gemüse wie Kochbananen in ihren zahlreichen Formen und Reifestadien bis zu Getreide wie dem äthiopischen Teff.

Lerato Umah-Shaylor ist nun ausgezogen, der Welt all diese Köstlichkeiten näherzubringen. Sie ist in Nigeria geboren und ­aufgewachsen und hat einen Gutteil ihrer Jugendjahre auf Reisen durch ganz Afrika verbracht. Schon ihre Mutter betrieb ein Restaurant und ein Catering-Service, nach einem Wirtschaftsstudium in London eröffnete sie selbst auch zunächst eine Pizzeria in Lagos, der größten Stadt Nigerias. Weil sie aber nicht nur kochen konnte, sondern auch etwas zu sagen hatte, wurde sie bald neben Restaurantbetreiberin auch Kochkolumistin, Fernsehköchin – und schließlich Supperclub-Köchin, erst in Lagos, dann in ihrer Zweitheimat London.

© Tara Fisher

Mittlerweile lebt sie mit ihrem britischen Ehemann in Eastbourne südlich von ­London und hat vor Kurzem ihr erstes Buch, »­Africana: Treasured recipes and stories from across the continent«, veröffentlicht. Ursprünglich ­hätte es ein rein nigerianisches Kochbuch werden sollen – aber das wurde der Frau mit den vielen Heimaten beim Schreiben schnell zu langweilig. Nun finden sich im Buch Rezepte aus ganz Afrika, von Marokko bis ­Madagaskar. Manches ist ­Mitteleuropäern vergleichsweise vertraut, etwa marokkanisch gewürzte Lammkeule mit Safranerdäpfeln, anderes, etwa Melonensamensuppe mit Yams-Püree, dürften viele so noch nicht gekocht oder gegessen haben.

»Africana« ist sicher kein vollständiger Überblick, den es sowieso nicht geben kann – sondern hoffentlich der Beginn einer wunderbaren Reise. Wer sich auf das Buch einlässt, lernt nicht nur neue Geschmäcker kennen: »Essen ist eine Möglichkeit, eine Perspektive, durch die wir ein Land, seine Menschen und seine Kulturen besser ver­stehen können«, schreibt sie im Vorwort. »Ich will, dass Sie Ihren Weg durch Afrika kochen, während ich Sie fest an der Hand halte!«

Das Buch gibt entsprechend einen wunderbaren ersten Einblick in die vielfältige Welt der afrikanischen Küche. Umah-­Shaylor stellt Gewürze, Zutaten und Techniken verständlich vor, erzählt persönliche Geschichten und ermutigt, neue Dinge zu probieren und unbekannte Gewürze zu suchen. Vieles, wie Kochbananen, gibt es mittlerweile in vielen afrikanischen Lebensmittelgeschäften, anderes lässt sich mit etwas Recherche im Internet bestellen.

Und keine Sorge, wenn sich etwas einmal nicht finden lässt: Umah-Shaylor ermutigt dezidiert dazu, Zutaten einfach wegzu­lassen oder mit Verfügbarem zu ersetzen – auch bei den tollen afrikanischen Londoner Restaurants geht es schließlich meist eher darum, eine ganz eigene Idee und Erinnerung an die jeweilige Küche zu genießen – und keine möglichst genaue Kopie.

Zum Nachkochen

Falstaff stellt drei der aufregenden Rezepte vor:

© Africana: Treasured recipes and stories from across the continent by Lerato Umah-Shaylor (HQ, Harper Collins)

»Africana« Treasured recipes and stories from across the continent
Lerato Umah-Shaylor
HQ, Harper Collins
288 Seiten
20,45 Euro (A)


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Tobias Müller
Autor
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