Eine von Hannovers Spezialitäten: »Calenberger Pfannenschlag«

Eine von Hannovers Spezialitäten: »Calenberger Pfannenschlag«
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Echt hannöverisch: 5 kulinarische Spezialitäten, die typisch für Hannover sind

Schon mal von Lüttje Lage gehört? Von Pfannenschlag oder von Welfenspeise? Wir haben fünf Spezialitäten herausgesucht, die man (fast) nur in Niedersachsens Landeshauptstadt kennt.

1. Hannoversches Zungenragout

Das Zungenragout ist eine Kombination aus Rinderzunge, Mettbällchen, Champignons und kleinen Würstchen (zum Beispiel »Saucischen«, Kalbsbratwürstchen), das im Ofen geschmort wird. Qualitätsmerkmal ist neben zarten Fleisch vor allem eine samtige Soße, und die ist auch beim hannoverschen Zungenragout essentiell. Sie wird klassisch aus einer Mehlschwitze gemacht, allerdings wird das Mehl vor dem Ablöschen mit Brühe im Backofen unter ständigem Rühren gebräunt. Dadurch wird die Soße besonders kräftig und aromatisch. Für Fleischliebhaber eine echte »Zungenfreude«.

Joachim Stern, der frühere Koch des »Alten Jagd Hauses« und ein Spezialist für Hannoveraner Spezialitäten, bereitet sein Ragout nach Art seiner früheren Wirkungsstätte lieber aus Kalbszungen zu, »das macht das Gericht edler und geschmacklich feiner«. Der gebürtige Hannoveraner schätzt die alten Gerichte und versuchte ihnen in seinem Restaurant neuen Glanz zu verleihen. Heinrich Stern, Vater von Joachim und ebenfalls Koch, hat in den 90er-Jahren ein Kochbuch über die niedersächsische Küche veröffentlicht und das gesammelte Wissen an seinen Sohn weitergegeben. Damit war das Alte Jagdhaus vor dem Umzug nach Lübeck eins der wenigen Restaurants, bei denen es noch typisch hannoversche Gerichte auf der Karte gab. Schuld daran sei vor allem, dass immer weniger Köche die Gerichte zubereiten können und weniger Gäste die hannoverschen Spezialitäten kennen, so Joachim Stern. Auch die Mehlschwitze hat er ersetzt und bindet die Soße mit Speisestärke ab. »Die Zubereitung der Zungen braucht etwas Zeit, auch wegen des Schmorens. Diese Zeit wollen sich viele nicht nehmen, ich möchte erreichen, dass diese Art der Küche wieder wertgeschätzt wird

2. »Calenberger Pfannenschlag«

Nicht weit weg von Hannover, in südwestlicher Richtung liegt das Calenberger Land. Hier entstand der »Calenberger Pfannenschlag», ursprünglich als Arme-Leute-Essen. Die würzige Grützwurst wird in Schottland »Haggis« und in Bremen »Knipp« genannt. In Hannover sagt man aber »Calenberger Pfannenschlag«, oder in den ländlichen Regionen auch nach plattdeutscher Art »Calenberger Pannenslag«. Die Kochwurstspezialität wird aus Hafergrütze, Schlachtresten, Brühe und Gewürzen hergestellt. Das Brät wird dann in Naturdärme gefüllt und anschließend gekocht, die Wurst ist dadurch gleichzeitig streichfähig und schnittfähig.

Für die »typisch hannöversche« Variante wird Fleisch von Rinder- und Schweinsköpfen mit Schweinebauch und Schwarte gemischt. Das daraus hergestellte Brät wird mit Haferflocken abgebunden und mit Rinderleber gemischt und mit Ingwer, Koriander, Muskatblüten, Nelken, Pfeffer, Piment und Salz abgeschmeckt. Für die finale Zubereitung wird ein »Schlag« der Grützwurst in der Pfanne mit angedünsteten Zwiebeln leicht gebraten, aber keinesfalls durchgebraten. Serviert wird der »Pfannenschlag« mit Bratkartoffeln, Spiegelei und sauren Gurken oder einfach mit knusprigen Bauernbrot. »Heute ist sie vor allem bei Metzgern bekannt. Mein Vater stammt aus einer Metzgerfamilie und hat Pfannenschlag sehr gerne zuhause gekocht«, so Stern.

3. Kultgetränk »Lüttje Lage«

Andere hannoversche Traditionen sind jedoch erhalten geblieben, so zum Beispiel das Kultgetränk »Lüttje Lage«. Die Hannoveraner sind sehr stolz auf ihr »Nationalgetränk«, zu verdanken haben sie es dem in Hannover-Stöcken geborenen Cord Broyhan. Dem Bierbrauer gelang es 1526 ein helles Bier zu brauen, das aber weniger Alkohol hatte als üblich. Deshalb wurde es schnell zum Brauch, das neue Bier mit Schnaps zu trinken, die Kombination aus Bier und Korn nennen die Hannoveraner »Lage«. Wegen der zwei kleinen Gläser, in denen Broyan-Bier und Schnaps getrennt voneinander serviert werden, entstand der Name »Lüttje Lage«. Vor allem wegen des günstigen Preises eignet es sich hervorragend in geselligen Kreisen die eine oder andere Runde auszugeben. Auf Volksfesten wie dem Maschseefest und dem Schützenfest kann man »Lüttje Lage« gleich in Metern bestellen. Einzige Schwierigkeit: Für den Genuss braucht es eine ruhige Hand und viel Geschick. Das Bierglas, auch Stampa genannt, wird mit Daumen und Zeigefinger gehalten, das Schnapsglas (Uhle) zwischen Zeige und Ringfinger gefasst. Dann heißt es, Kopf in den Nacken und zügig trinken, während der Schnaps ins Bierglas läuft. Für Ungeübte liegen gewöhnlich Schürzen bereit.

4. Hannoversches Gersterbrot

Natürlich wird in Hannover auch gerne Brot gegessen, eine hannoversche Brotspezialität ist das Gersterbrot. Anders als der Name es vermuten lässt, besteht es nicht aus Gerste, sondern aus einem Sauerteig, der mit Roggen und Weizen angesetzt wird. Den Namen trägt das Brot wegen seiner Zubereitungsart, denn kurz vor dem Backen wird das Gersterbrot mit einer Gasflamme abgeflämmt (»gegerstert«), dadurch bekommen die Laibe ihre charakteristischen Bläschen. Die Kruste verhindert, dass das Brot austrocknet und Aromen austreten. Im Ofen werden mehrere Laibe dicht aneinander gelegt, sodass die Brote eine kantige Form bekommen. Früher wurden die Rohlinge in Ofen mit einem Wischer aus Gerstenstroh befeuchtet, bevor sie mit den offenen Flammen in Kontakt kamen, um ihnen eine schöne Kruste zu geben. Diese Art der Vorbereitung gab dem Gersterbrot seinen heutigen Namen. Das aromatische und haltbare Brot ist in jeder hannoverschen Bäckerei zu finden.

5. Fürstliche Welfenspeise

Zum Abschluss eine süße Hommage an das älteste Fürstenhaus in Europa. Die Welfen haben eine große Geschichte in Niedersachsen, an die zahlreiche Denkmäler wie zum Beispiel das Reiter-Denkmal des ehemaligen Königs Ernst-August von Hannover, das Leinschloss oder auch die Marienburg erinnern. Aber es gibt auch essbare Überbleibsel der Welfen, das angebliche Lieblingsdessert eines seiner Erben wird noch heute gerne gegessen.

Im hannoverschen Lande kommt die »Welfenspeise« zu Festtagen auf den Tisch und zählt darüber hinaus in der Gastronomie zu den gefragtesten Desserts. Die Süßspeise aus Milch-Vanille-Creme und Weinschaum soll der Lieblingsnachtisch des Herzogs Ernst August von Braunschweig-Calenberg gewesen sein.

Ein Koch aus Hannover soll anlässlich des 200-jährigen Thronjubiläums der Welfen einen besonderen Nachtisch kredenzt haben. Er orientierte sich an den Farben des Welfenhauses, die auch bis zur Annexion von Preußen die Flagge des Königreichs Hannover bildeten, so entstand ein zweischichtiges Dessert in Weiß und Gelb. Luftig leichter Weinschaum auf einer milchig-süßen Vanillecreme, stilecht serviert in einem hohen Weinglas.

Jana Oppermann
Falstaff Scout
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