Preisträger Jochen Benz mit den Chefredakteuren Ulrich Sautter und Sebastian Späth

Preisträger Jochen Benz mit den Chefredakteuren Ulrich Sautter und Sebastian Späth
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Falstaff Wein-Trophy Deutschland 2023: Sommelier des Jahres

Sommelier Jochen Benz steht hinter Rebsorten, die im Schatten stehen. Dass er sich aus gesundheitlichen Gründen fast zeitgleich mit der Wahl aus der Sternegastronomie zurückgezogen hat, schmälert seine Leistung keineswegs.

Er brauche wieder Gäste um sich herum, erklärt Jochen Benz bei einem Treffen Ende Mai in der Münchner Theatinerstraße. Es sind Worte voll Verlangen. Kein Wunder, zu diesem Zeitpunkt hatte der aus Laichingen in Baden-Württemberg stammende Sommelier Restaurants, Gaststuben und gleichartige Einrichtungen – bis auf ganz wenige Ausnahmen vielleicht – nur noch als Unbeteiligter betreten. Das allein macht ihn zu einem außergewöhnlichen Gewinner. Der Grund dafür ist aber, ehrlich gesagt, ein unerfreulicher.

»Sofort die Handbremse anziehen« waren die deutlichen Worte meines Mediziners.

Benz zögert zuerst, beschließt dann aber, die ganze Geschichte zu erzählen. Von Unkonzentriertheit und Nervosität – dabei hätte er in der Startphase des Restaurants »Jan« im vergangenen November, mit dem sich sein damaliger Chef Jan Hartwig den lang gehegten Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit erfüllte, eigentlich vollen Fokus gebraucht. Dann die Schocknachricht beim Arzt, ein Bluthochdruck von 200 zu 140. Lebensgefährlich hoch. »Sofort die Handbremse ziehen« waren die deutlichen Worte des Mediziners.

Noch befindet Benz sich in der ärztlich verordneten Regenerationsphase. »Der Arzt sagte zu mir, er könne mich wieder zur Arbeit schicken, dann würde ich aber in spätestens vier Woche mit denselben Symp­tomen vor ihm stehen.« Die Reise nach Baden-Baden zur Preisverleihung: zwar eine nette Abwechslung, er dosiert sie ­–momentan aber noch sparsam.

 

ENTSPANNT MIT STERNEN

Die Leidenschaft für gutes Essen wurde bei Benz schon als Kind entfacht. Nach der Schule tat er es aber erst mal dem ­Vater gleich und absolvierte eine Lehre zum Werkzeugmacher und Feinmechaniker. Während des Wehrdiensts jobbte er wochenends im Restaurant »­Forellenfischer« bei Ulm und entschied sich nach dessen Beendung, seinem Herzensweg in die Gastro­nomie zu folgen, auch wenn das eine radikale Umstellung bedeutete.

Seine berufliche Karriere führte Benz an verschiedenste Stationen. Zu den bedeutendsten zählen das »Schloss Elmau«, die »MS Europa« und das Restaurant »­Überfahrt«. Er arbeitete als Sommelier und Maître in »Thurnher’s Alpenhof« in Zürs am Arlberg sowie als Sommelier in »­Geisel’s ­Werneckhof«. Vier Jahre lang verantwortete er zudem das Ein-Sterne-Gourmetrestaurant im »Wald & Schlosshotel ­Friedrichsruhe« als Sommelier. Zu seinen weiteren Stationen zählten die »­Zirbelstube« und Vinothek im »Hotel Victoria« in Bad Mergentheim, wo Benz als Sommelier und Restaurant­leiter das Zepter in der Hand hielt, sowie das »Atelier« im »Bayerischen Hof«, wo er Jan Hartwig kennenlernte.

DER WEG ZUR ACHTSAMKEIT

Auch wenn sein bisweilen exzentrisches Äußeres das Gegenteil vermuten lässt, bei Wein mag der Schwabe es nach eigenem Bekunden bodenständig. Trends begegne er mit Skepsis. Sein Interesse gilt vor allem der im Schatten bekannterer deutscher Weißweinsorten wie Riesling oder Silvaner stehenden Scheurebe oder dem geschmacklich leicht zugänglichen Müller-Thurgau. Die Kunst von Benz besteht darin, das Verständnis seiner Gäste dafür zu wecken.Was ihn nicht davor bewahrt, bisweilen mit dieser Rustikalität anzuecken, etwa als er während seiner Zeit im »Atelier« im »Bayerischen Hof« auch mal Trollinger zum Käsegang servierte. Das war manch einem dann doch zu viel der Bodenständigkeit, zuvorderst Chefin Innegrit Volkhardt.

Dass sein Burn-out die mit Sicherheit fruchtbare Zusammenarbeit mit Jan Hartwig, mit dem sich Benz blind verstehe, im »Jan« so frühzeitig beendete, kann er mit einer gewissen Gelassenheit nehmen. Die Freundschaft beider besteht weiterhin, auch wenn Benz im April um Auflösung des Arbeitsvertrags bat – kurz davor wurde das Restaurant mit drei Michelin-Sternen prämiert. Beim nächsten Projekt hat er sich gut überlegt, ob er es mit seiner Gesundheit vereinbaren kann: »Lenis« in Dingolfing, eine Vinothek mit angeschlossenem kleinem Bistro, maximal 25 Sitzplätzen und einem Innenhof mit Möglichkeit für Außenbestuhlung. Möglichkeit, wohlgemerkt. Noch wird das Gebäude umgebaut. Ab Herbst soll es losgehen. Entspannter als vorher mit Sternen. Die neue Lebensphase von Benz dreht sich um eines: ­Achtsamkeit. Man darf gespannt sein, wie das seine Weinkarte beeinflussen wird.


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Sebastian Späth
Sebastian Späth
Chefredakteur Deutschland
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