Beim Weingut Zuccardi im argentinischen Valle de Uco setzt man zur behutsamen Extraktion des tanninreichen Malbec auf Gärständer aus Beton.

Beim Weingut Zuccardi im argentinischen Valle de Uco setzt  man zur behutsamen Extraktion  des tanninreichen Malbec auf Gärständer aus Beton.
© Zuccardi Valle de Uco

Malbec: Warum die alte Rotweinsorte als sanfter Riese gilt

Die alte Rotweinsorte Malbec trat im 19. Jahrhundert aus Cahors ihre Reise nach Südamerika an und kam in Argentinien zur zweiten Hochblüte. Heute findet man die samtig-würzigen Weine in vielen Anbauzonen der Welt.

Ihren Ursprung hat die alte französische Rotweinsorte Cot mit großer Sicherheit in der Region Cahors im ehemaligen Gebiet von Quercy im Südwesten, das heute vom Département Lot und Teilen von Tarn-et-Garonne gebildet wird. Die Rebsorte ist hier seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Seit 2007 hat sie offiziell den Namen Malbec. Von hier wurden bereits im 18. Jahrhundert Fässer mit dem »Vin Noir« flussabwärts Richtung Bordeaux transportiert, wo man die tiefdunklen, körperreichen Weine nur zu gerne verwendete, um den eigenen Gewächsen etwas mehr Farbe und Statur zu verleihen. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die Idee kam, die Sorte gleich an Ort und Stelle zu pflanzen.

Die erste Erwähnung stammt aus Pomerol, wo 1761 ein gewisser Fontemoing erzählt, er habe die »Noir de Pressac« auf seinem Château Trocheau gepflanzt. Und er verweist damit auf den wahren Ausgangspunkt der Verbreitung der Sorte in Bordeaux, nämlich auf Château de Pressac in Saint-Émilion. Hier bestockte Vassal de Montviel zwischen 1737 und 1747 seinen Weinberg mit der »Auxerrois«, die bald auch von den Nachbarn kultiviert wurde. Bis heute ist in der Cuvée von Château de Pressac ein Prozent Malbec, der hier Noir de Pressac heißt, enthalten.

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Die dunkelfarbige Sorte breitete sich Richtung Norden am rechten Ufer bis Bourges und Blaye als »Cor« aus. In ­Graves und Médoc firmiert die neue Sorte zunächst noch als »Éstrangey« – die Fremde. In Süden der Stadt Bordeaux pflanzte sie ein Physiker namens Lutkens. Von Sainte-­Eulalie bei Bordeaux aus propagierte sie ein Kaufmann und Rebschulbesitzer namens Sieur Malbek im Gebiet des Médoc, wo sie bereits vor 1780 erste Wurzeln schlägt. Es gibt dort immer noch ein Château Malbec, das heute im Besitz der Gruppe Castel ist.

In Pauillac wird sie vor 1783 noch als Cahors bezeichnet, aber auch der Name »Malbeck« taucht nun erstmals als Synonym auf. Um 1830 ist sie bereits allgemein als Malbec und eine der wichtigen und wertvollen Sorten zur Herstellung roter Bordeaux-Weine anerkannt. Im 19. Jahrhundert ist der Malbec aus den besten Weinen der Region nicht wegzudenken. Und nicht nur die meisten Weine, die 1855 im Médoc klassifiziert wurden, hatten einen Malbec-Anteil. In Saint-Émilion nahm Malbec bis zum Ausbruch der Reblaus-Katastrophe bis zu 60 Prozent der Rebflächen ein. Auch bei Cheval Blanc war dies nicht anders.

In den Jahren zwischen 1853 und 1868 brachte der französische Agrar­ingenieur Michel Pouget den Malbec und weitere Bordeauxsorten nach Argentinien, wo die Sorte sich gut entwickelte und schließlich mehr als nur eine zweite Heimat finden sollte. Was aber passierte in Frankreich?

Ende durch die Reblaus

In den finsteren Jahren zwischen 1875 und 1890 zerstörte die Reblaus über 2,5 Million Hektar Weingärten in Frankreich. Ganz Europa war von den Auswirkungen dieses kleinen Insekts schwer getroffen. So wie die Phylloxera vastatrix selbst kam die Lösung dafür aus Nordamerika. Durch das Aufpfropfen von europäischen Edelreben (von Riesling bis Cabernet Sauvignon) auf Wurzelstöcke der amerikanischen Reben wurde die Reblaus in unseren Breiten besiegt. Allerdings stellte sich heraus, dass dieses Verfahren nicht für alle Rebsorten gleich gut funktionierte. Die amerikanischen Unterlagen führten beim Malbec zu einem stärkeren Wachstum der Triebe, als dies mit seinen eigenen Wurzeln der Fall war. Auch der Traubenansatz war viel stärker. In einem oft kühlen und regnerischen Klima wie jenem von Bordeaux wurde das schnell zum Problem, denn die Trauben wurden nicht mehr ausreichend reif. Andere rote Rebsorten hingegen kamen mit den neuen Unterlagen sehr gut zurecht und brachten gute, reife Trauben. Kein Wunder, dass die Winzer langsam, aber sicher das Interesse am Malbec verloren. Ein verheerender Frost im Jahr 1956 in den Weingärten der Gironde bescherte der Sorte Malbec schließlich das Ende in Frankreich. Danach wurde für die Neuanlagen auf weniger kältesensible Varietäten wie den Merlot und Cabernet Sauvignon zurückgegriffen. Heute findet man Malbec in Bordeaux zwar immer noch, aber nur als Rarität. In der gesamten Gironde liegt die Fläche im dreistelligen Hektarbereich.

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Auch in seiner ursprünglichen Heimat entlang des Flusses Lot in Cahors hatte der Malbec schwere Zeiten zu überstehen. Vor der Reblaus zählte man hier um 1866 noch rund 60.000 Hektar Rebfläche. Als aber nach dem Zweiten Weltkrieg das Problem mit den amerikanischen Unterlagen durch Forschung und Pflege in den Griff bekommen wurde, versuchten einige beherzte Winzer einen Neuanfang. Auch hier schlug der Frost 1956 unbarmherzig zu. Als Cahors schließlich 1971 zur Appellation Contrôlée erhoben wurde, gab es ganze 440 Hektar in Ertrag. Gut 50 Jahre später ist das Cahors wieder die größte Anbauzone für Malbec in Europa. Ein Verdienst von einer Handvoll Winzerfamilien, die sich nie von ihrem Weg abbringen ließen. Und die von dem großen internationalen Interesse unterstützt wurden, das man der Sorte Malbec im fernen Argentinien schenkte: den Weinen des Château du Cèdre und Lagrézette, Clos Triguedina, und später auch Château de Chambert und Lamartine. Nachsatz: Ein roter Cahors AC kann reinsortiger Malbec sein, muss aber nur 70 ­Prozent Anteil besitzen. Der Rest darf Merlot oder Tannat sein. Die besten Böden sind hier die begehrten Sandkalksteinplateaus – ähnlich wie in Saint-Émilion in Bordeaux.

Adrianna Catena und Alejandro Vigil haben sich in Mendoza mit El Enemigo den Traum eines eigenen Weingutes verwirklicht. Das Weingut DAOU in Napa Valley setzt erfolgreich auf Malbec.
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Adrianna Catena und Alejandro Vigil haben sich in Mendoza mit El Enemigo den Traum eines eigenen Weingutes verwirklicht. Das Weingut DAOU in Napa Valley setzt erfolgreich auf Malbec.

Neue Welt, Neues Glück

Der Mitte des 19. Jahrhundert nach Argentinien emigrierte Malbec sollte dort schnell tiefe Wurzeln schlagen und sich im Laufe der Entwicklung auch nicht als großer Glücksfall erweisen. Denn speziell im Gebiet des heutigen Anbaugebietes Mendoza fand die Sorte bei trockenem Klima und langen Vegetationszeiten Idealbedingungen vor. Der größte Vorteil aber war, dass die sandig-kristallinen Böden der Region das Vordringen der Reblaus unmöglich machte, und so fand der Malbec in Argentinien zu einer wahren Renais­sance. Um 1900 setze in Mendoza ein wahrer Weinboom ein: Dank der Eisenbahnlinie bestand eine wirtschaftliche Transportmöglichkeit für die hier gekelterten Weine. Pioniere wie Nicolas Catena, dessen Urenkelin Laura Catena heute das weltbekannte Weingut Catena Zapata leitet, pflanzte bereits im Jahr 1902 seine ersten Malbec-Stöcke an den Ufern des Tunuyán-Flusses. Zahlreiche Immigrantenfamilien aus Spanien und Italien brachten ihr Know-how in die aufstrebende Wein­industrie ein.

Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg waren fast 50.000 Hektar in Mendoza bepflanzt, Malbec war die führende Rotweinsorte. Allerdings setzten eine Reihe von Wirtschaftskrisen dem Land zu und in den 1970er-Jahren war lokal nur noch Billigwein abzusetzen. Export gab es kaum. Man opferte die Malbec-Weingärten und pflanzte Ertragssorten für einfache Massenware in Weiß und Rosé. Anfang der 80er-Jahre gab es nur noch 14.000 Hektar Malbec in Argentinien.

Dass es heute doppelt so viele sind, ist einigen Qualitätspionieren zu verdanken, die sich auf die Suche nach den besten Terroirs machten und diese in kühlen Höhenlagen auf über 1000 Meter Seehöhe fanden. In den schwindelnden Höhen von Gualtallary entstehen heute die mit Abstand spannendsten Malbecs der Welt. Sie sind das Flaggschiff der argentinischen Weinproduktion. Im Jahr 1995 tauchte Malbec erstmals bei der Wine Experience in New York auf. 1998 bedachte Robert Parker einen Malbec Alta von Catena mit 94 Punkten. Der Bann war gebrochen und die Sorte zurück auf der großen Bühne der Weinwelt.

Malbec Global

Heute hat das südamerikanische Weinwunder Nachahmer in aller Welt gefunden und der Malbec hat in zahlreichen warmen, trockenen Anbauzonen Einzug gehalten. In DAOU oder Devil Proof in Kalifornien, in Chile und auch in Australien gibt es hervorragende Erzeuger. In Down Under tritt die Sorte meist im Verschnitt mit Cabernet Sauvignon auf wie bei Wendouree oder Vasse Felix. Aufgrund des Klima­wandels versuchen sich auch in kühleren Gebieten wie Deutschland (Fürst Hohenlohe Oehringen, Stachel), Schweiz (Cave Biber in Salgesch) und Österreich (Kraft, Thomas Haider) erste Pionier mit Begeisterung an der Sorte. Man darf also für die Zukunft gespannt sein, wo diese heute wieder vielversprechende Sorte Fuß fassen wird.

Je älter die Rebstöcke, desto geringer die Erträge
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Je älter die Rebstöcke, desto geringer die Erträge

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Erschienen in
Falstaff Nr. 09/2023

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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