Hannes Reckziegel

Hannes Reckziegel
© Yorick Carroux

Neueröffnung des »Bogenhauser Hofs«: Koch Hannes Reckziegel im Interview

Seit Mai bekocht Hannes Reckziegel seine Gäste im Traditionsrestaurant »Bogenhauser Hof«. Davor war er bei Tim Raue und Sternekoch im Münchner »Schwarzreiter«. Im Gespräch spricht er über Heimat und seine Küchenphilosophie zwischen den Alpen und Asien.

Falstaff: Hannes Reckziegel, seit einem Monat hat der »Bogenhauser Hof« unter Ihrer Führung geöffnet. Wie geht es Ihnen?

Hannes Reckziegel: Es ist einiges zu tun. Aber das ist das Schöne, wenn man alles selbst mitgestalten, alles selbst aufbauen kann, dass man gleich optimieren kann, wenn man Bedarf sieht. Für mich ist es gerade eine fordernde Zeit, aber eine die total viel Spaß macht, weil ich beobachte, dass unser Team gut zusammenwächst und alles in die richtige Richtung geht.

Das Team ist komplett neu?

Genau. Das Gebäude wurde 15 Monate lang kernsaniert und als ich dann Ende 2022 dazugekommen bin, haben wir angefangen, ein ganz neues Team zusammenzustellen. Im Service und in der Küche.

Was hat Sie an der Herausforderung des Traditionsrestaurants »Bogenhauser Hof« gereizt?

Das Lokal hatte schon immer einen guten Namen in München. Und da habe ich für mich ein interessantes Spannungsfeld gesehen: Einerseits ist der »Bogenhauser Hof« eine Institution. Aber ich habe dank des Vertrauens der beiden Betreiber Karl Riedel und Kian Moussavi die Gelegenheit, etwas ganz Neues damit zu machen. In Berlin habe ich schon mal eine Neueröffnung gemacht und weiß, wie viel Spaß es macht, von Anfang an dabei zu sein. Das hat mich auch hier gereizt: Etwas von der Pike auf neu aufzubauen.

Wenn man in ein Traditionshaus kommt, wird alles, was man neu macht an dem Vorangegangenen gemessen. Macht Ihnen das Druck?

Überhaupt nicht.

Wie kommt das?

Der Name vom Restaurant ist zwar der gleiche wie davor. Aber sonst ist alles anders. Allein von der Einrichtung und dem Konzept. Es ist jung, modern, zeitgemäß. Und das sage ich ohne das Vorangegangene schlecht zu reden. Natürlich ist es trotzdem unser Ziel, die Gäste von früher zu überzeugen. Das schaffen wir, durch gute Küche und exzellenten Service.

Ich konnte im »Schwarzreiter« meine Küche nicht so gestalten wie ich das jetzt im Bogenhauser Hof kann, wo ich alles von Anfang an mitgestalte.

Was bedeutet das für die Küche des »Bogenhauser Hofs«?

Wir kochen moderne Alpenküche mit asiatischem Einschlag. Wichtig ist uns aber, dass wir nicht stur das kochen, worauf wir Lust haben. Wir kochen hier für den Gast. Deshalb haben wir geschaut, welche Gerichte früher schon gut gelaufen sind, wie die Hummerschaum-Suppe, die wir dann neu interpretiert mit auf die Karte genommen haben.

Sie sind gebürtiger Allgäuer. Ist die Alpenküche ein Homecoming für Sie?

Bei meiner vorigen Station im »Schwarzreiter« habe ich Young Bevarian Cuisine gekocht. Und klar: Das hier ist mein Zuhause. Deshalb ist es einerseits ein Homecoming. Aber andererseits auch mehr. In meiner Ausbildung habe ich neben der bayrischen Küche meine zweite Liebe entdeckt: Asien. In dem Fünf Sterne Hotel, in dem ich gelernt habe, gab es neben einem byrischen Restaurant auch ein asiatisches. Dann war ich bei Tim Raue, der in seiner Küche natürlich auch viel mit asiatischen Einflüssen arbeitet. Süße, Säure, Schärfe gehören seitdem zu meiner Handschrift genau wie die Aromen meiner Heimat.

Warum sind Sie vom »Schwarzreiter« zum »Bogenhauser Hof« gewechselt?

Als ich 2021 dort Küchenchef wurde, habe ich von Maike Menzel übernommen, weil sie in Elternzeit gegangen ist. Deshalb war dort mein Ziel: Ich möchte einen Stern kochen. Das war natürlich immer mein Traum, seitdem ich koche. Und das habe ich geschafft. Aber ich konnte im »Schwarzreiter« nicht meine Küche so gestalten wie ich das jetzt im »Bogenhauser Hof« kann, wo ich alles von Anfang an mitgestalte. Es hat sich richtig angefühlt.

Wollen Sie dann hier auch einen Stern erkochen?

Nein, wir sind hier nicht unbedingt auf einen Stern ausgelegt.

Wie meinen Sie das?

Wir wollen hier das breite Publikum bedienen, Familien, ältere Herrschaften, Geschäftsleute. Bei der bunten Mischung, muss ich eine Küche anbieten, mit der sich jeder wohlfühlen kann. Deshalb kann man hier à la carte essen, aber auch ein Menü. Nichtsdestotrotz auf einem hohen Niveau. Wir wollen für ganz München ein kulinarisches Zuhause sein.

Nachhaltigkeit kann man schmecken, allein deswegen spielt das für den »Bogenhauser Hof« eine große Rolle.

Jede Karriere ist ein wenig wie ein Schneeball, der den Berg runterrollt. Überall nimmt man etwas mit. Was würden Sie sagen:  Wie viel Tim Raue steckt in Ihrem Schneeball?

Meine Küche ist stark von meiner Zeit bei Tim Raue beeinflusst. Die Zeit bei ihm hat mich sehr geprägt. Ein Teil von mir ist schon Tim Raue. Was mich an ihm wahnsinnig fasziniert hat: Er wusste immer genau, wo er hinwollte und hatte eine unglaubliche Ausdauer. Er ist unermüdlich. Wahnsinn. Das versuche ich so gut es geht mitzunehmen.

Viele Köche besinnen sich, nachdem sie Ausflüge in die Internationale Küche gemacht haben, wieder auf die Aromenwelt ihrer Heimat. Ist das der logische Schritt im Leben eines Kochs, sich irgendwann auf seine Wurzeln zu besinnen?

Das kommt natürlich darauf an, woher man kommt. Ich war lange Zeit in Berlin, aber mein Zuhause war immer München. Deshalb trifft das für mich auf jeden Fall zu.

Welches Gericht auf der aktuellen Karte spiegelt am ehesten Ihre Persönlichkeit als Koch?

Meine Ochsenschwanz Cartellate. Eine Teigtasche, die ich zu einer Schnecke zusammenrolle. Das Gericht habe ich im »Schwarzreiter« kreiert, es ist fast sowas wie mein Signature Dish. Es spiegelt meine Küche ganz gut wieder. Der Ochsenschwanz kommt aus dem Chiemgau, von unserem Metzger des Vertrauens, die Tiere haben ein gutes Leben, dürfen auf der Weide etwas älter werden. Und das schmeckt man. Nachhaltigkeit kann man schmecken, allein deswegen spielt das für den »Bogenhauser Hof« eine große Rolle. Den kochen wir, zupfen ihn und packen ihn eine Ravioli mit einer Füllung aus Pilzen, Wurzelgemüse, Trüffel und – jetzt kommt’s – chinesischer Barbecuesauce sowie ein paar weitere Zutaten aus Asien, welche das Gericht in eine asiatische Aromenwelt heben. Dazu gibt es einen Sud aus dem Ochsenschwanz, Shaoxing Reiswein, Dashi, und Ingwer. Getoppt wird alles mit Comté-Schaum, schwarzem Trüffel und Lauch. Die Grundbasis des Gerichts liegt in der Region. Aber es schwingt immer eine asiatische Philosophie mit.

Moritz Hackl
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