Abschiedstour des legendären Vaters von 140 einzelnen Whiskys.

Abschiedstour des legendären Vaters von 140 einzelnen Whiskys.
© Net Talents

Whisky-Legende auf Abschiedstour: Berlin feierte 60 Jahre David C. Stewart

Doppelte Premiere im Telegraphenamt: Bei seinem ersten Berlin-Aufenthalt brachte »The Balvenies« Master Blender David Charles Stewart den ältesten Single Malt der Brennerei mit. Dieser »60 years« ehrt die ebenso lange Karriere des Schotten.

Als David C. Stewart als Lager-Mitarbeiter in die Dienste von William Grant trat, sprach man noch nicht einmal von Single Malts. »1962 hatten wir den Pure Malt 8 years am Markt«, erinnerte sich der legendäre Malt Master, »es gab noch dicke Bücher mit dem Inventar der Lagerhäuser und keine Computer«. Während »Lehrling« David Stewart auch manchmal nur Tee für die Belegschaft kochte, änderte sich 1974 sein Aufgabenfeld. Nach dem Abgang seines Vorgängers Hamish Robertson bestimmte die Familie Grant den erst 29-Jährigen zum Nachfolger. Damit nahm eine der längsten Karrieren der schottischen Whisky-Welt ihren Anfang. Denn erst heuer übergab der 78-Jährige das Zepter offiziell an Kelsey McKechnie.

Whisky-Geschichte in 65 Flaschen

Ins Berliner »Telegraphenamt« kam David Stewart daher bereits in der neuen Rolle als »Ehrenbotschafter« der Speyside-Brennerei. Und doch sahen viele Single Malt-Fans seinen ersten (!) Besuch in Berlin auch als Art Abschiedstour des legendären Vaters von 140 einzelnen Whiskys an. Allen voran Olaf Karlinsky, der Herr über die größte Sammlung von Balvenie-Whisky im deutschen Sprachraum. Er hatte nicht nur 65 Flaschen aus Stewarts langer Laufbahn zu einer „Wand“ versammelt, sondern hielt auch die Laudatio auf den Ehrengast. Ausgehend von jener VHS-Videokassette, auf der er David C. Stewart zum ersten Mal gesehen hatte.

Dass im Hotel am Monbijouplatz eine echte Zeitreise für die Gäste anstand, hatte auch Markenbotschafter Markus Heinze möglich gemacht. Die Geschichte der sechs Jahrzehnte des Schotten erzählten nämlich sechs Whiskys, darunter ein »Phantom«, das nicht im Handel erhältlich ist: Extra für diesen Berliner Abend hatte man in Dufftown ein »vatting« – einen Single Malt-Mix – aus vier Fässern der 1970er Jahre (!) erstellt. Allein der Sherry-Fass-Anteil aus dem Jahrgang 1976 zeigte Kennern, welch unglaubliche Qualität diese alten »casks« besitzen.

Und natürlich durfte auch der »DoubleWood« nicht fehlen, jener 12 Jahre alte Whisky, mit dem der heute 78-Jährige Spirituosen-Geschichte schrieb. Mit ihm begann die doppelten Reifung in unterschiedlichen Fass-Art bzw. das »cask finish«. Seine Idee begründete vor über 40 Jahren, was heute gängige Praxis in der Industrie ist.

Der „Schnüffler“ und die Queen

Zu diesem Single Malt lieferte auch die Küche das Highlight: Geeiste Paprika mit Granola und Kerbel lieferte ebenfalls zwei Texturen – und zeigte so die intelligente Herangehensweise von »Golvet«-Chef Jonas Zörner. Der Michelin-Stern-Träger begleitete die sechs Whiskys mit seinem Team kongenial. Ein weiteres Highlight stellte seine Mulardenente zum 2001 destillierten »17 Year Old« dar, die mit ihrer Kruste die Honigwaffel-Töne des Whiskys kongenial aufnahmen. Entsprechend beeindruckt zeigten sich auch die Ehrengäste des glamourösen Abends wie Schauspiel-Star Matthias Schweighöfer: »Es war mir eine Ehre, David C. Stewart zu treffen. Ich finde es immer wieder inspirierend, Menschen und ihre Leidenschaft näher kennenzulernen«. Unvergesslich wird den Teilnehmern der Feierstunde auch die Anekdote bleiben, die Stewart von seiner Auszeichnung als »Member of the Order of the British Empire« erzählte. Denn seinen Beruf als »whisky noser« (=Whisky-Schnüffler) musste er Queen Elizabeth vor sieben Jahren erst einmal genauer erklären.

Autogramm-Stunde mit 78 Jahren

Als sichtbaren Ausdruck der 60-jährigen Karriere stand auch eine Flasche des auf lediglich 71 Abfüllungen weltweit limitierten »60 years« im Telegraphenamt. Drei der Flaschen sind für Deutschland verfügbar, eine davon im KaDeWe, wie Markus Heinze verriet. Der 1962 destillierte »The Balvenie« stellt zugleich den ältesten Whisky dar, den die Destillerie jemals abgefüllt hat. Für die Autogrammstunde, die David Stewart dann bis in die späte Nacht gab, hatte man dennoch den »DoubleWood« gewählt. Dass sich junge Whiskyfreunde brav anstellen, um die Unterschrift vom 78-Jährigen zu erhalten, unterstrich den einzigartigen Stellenwert Stewarts. Und der »honorary Ambassador« zeigte sich keineswegs amtsmüde: »Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen in Berlin«. Das hoffen wir auch!


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Roland Graf
Autor
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