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Worauf achtet eine Biersommelière beim Biergenuss?

Auf dem Sofa, im Fußballstadion oder in der Kneipe: Die Situationen, in denen die Deutschen ihr Bier genießen, sind vielfältig – und im Gegensatz zum Wein gibt es meist nur wenige Sorten des Kaltgetränks zur Auswahl. Ganz zum Leidwesen von Biersommelière Mareike Hasenbeck, die mit Falstaff zum Tag des Deutschen Bieres über die Vorzüge einheimischer Biere, das perfekte Beer-Food-Pairing und Bier als Genussmittel gesprochen hat.

Falstaff: Frau Hasenbeck, Sie waren gerade in Kapstadt und haben dort auch Bier verkostet. Was macht kapländisches Bier aus? 

Mareike Hasenbeck: Genau, ich war in Kapstadt und dort in der Jury beim African Beer Cup. Ich durfte also die besten Biere Afrikas verkosten, was natürlich sehr spannend war. Sie sind aber sehr vergleichbar eigentlich zu deutschem. Dort gab es zum Beispiel auch Bier-Stile wie Münchner Helles oder wie Dunkles. Es ist gar nicht so ungewöhnlich, dass man auch die deutschen Bier-Stile international findet. Für mich ist es immer spannend zu sehen, wie im Ausland – und Afrika ist jetzt nicht gerade um die Ecke – unseren deutschen Bieren nachgeeifert wird und das Ergebnis gar nicht so schlecht ist.

Bier ist ein Situationsgetränk.

In so einer Jury untersuchen Sie die Biere ja besonderes akribisch. Worauf achten Sie denn persönlich, wenn Sie abends vor dem Fernseher ein Bier trinken?

Bier ist ein Situationsgetränk. Wenn ich abends auf der Couch liege, kommt es bei der Frage, welche Flasche ich aus dem Kühlschrank hohle, beispielsweise darauf an, ob Sommer oder Winter ist. Wenn es warm draußen ist, greife ich eher zu erfrischenderen Bieren, mit geringerem Alkoholgehalt, vielleicht sogar zu einem erfrischenden Sauerbier.

Und im Winter?

Da darf es auch gerne mal ein Imperial Stout oder ein sogenannter Barley Wine sein, der  gerne mal über zehn Prozent Alkohol hat. Im Restaurant behandeln wir in Deutschland die Sache mit Beer-Food-Pairing immer noch ein wenig stiefmütterlich. Diese Auswahl an Bieren ist in den meisten Restaurants eher gering.

Welches Beer-Food-Pairing hat es Ihnen denn besonders angetan?

Zum Fisch geht beispielsweise wunderbar ein Session India Pale Ale, das eine leicht hopfige Note hat und sehr erfrischend ist. Zum Dessert könnte man ein schokoladiges Imperial Stout paaren.

Welches Bier empfehlen Sie zu Spargel?

Zum Spargel kann ich mir sehr gut ein belgisches Witbier vorstellen, die belgische Interpretation eines Weißbieres, gebraut mit Orangenschalen und Koriandersamen. Das Bier hat eigentlich nicht viel Alkohol, aber sorgt für einen echten Aroma-Kick. Zu Spargel passt aber auch ein schönes, knackiges Pils. Man kann auch mal versuchen, ein Münchner Dunkel dazu zu kombinieren.

Woran erkenne ich als Laie, wie hoch die Qualität eines Bieres ist? Gibt es da eine Faustformel?

Eine Faustformel gibt es nicht. Als Biersommelière wird man auf sogenannte Bierfehler geschult, die bei der Produktion, der Lagerung oder beim Transport etwa vorkommen. Ich schaue mir immer zuerst die Optik eines Bieres an, also ob es eine schöne Trübung hat oder ob es glanzfein ist. Ich achte auf die Konsistenz des Schaums: Sind die Bläschen feinporig, sind die mittelporig? Welche Farbe hat der Schaum , ist er stabil oder ist er vielleicht sogar cremig-sahnig?

Was ist mit dem Geschmack?

Grundsätzlich kann man am Duft erkennen: Ist das Bier sauber oder hat es einen Fehler? Schon etwas ältere Biere können Oxidationsnoten haben, die ein wenig an einen Pappkarton erinnern können.

Das Leben ist einfach viel zu kurz, um jeden Tag dasselbe Bier zu trinken.

Im Gegensatz zum Wein ist Bier nicht sonderlich exklusiv? Zu unrecht?

Auf jeden Fall. Glücklicherweise wird Bier immer häufiger als Genussgetränk wahrgenommen. Schade, dass es ausgerechnet im Bierland Deutschland noch viel zu häufig als etwas betrachtet wird, das man einfach in sich rein kippt.

Wie sind Sie eigentlich Biersommelière geworden?

Ich muss gestehen, dass ich anfangs davon gar nicht so überzeugt war, diese Ausbildung zu machen. Anfangs dachte ich nämlich, dass Sommeliers meistens in der Gastronomie arbeiten. Als ich vor guten zehn Jahren mit meinem Bier-Blog gestartet bin und immer häufig auch für Tastings angefragt wurde, reichte es mir nicht mehr nur Journalistin zu sein. Dann habe ich diese Ausbildung gemacht und war total begeistert weil man einfach noch so viel dazugelernt hat, beispielsweise das ganze Thema Food-Pairing oder Wissen zu den Rohstoffen: Was kann eigentlich Wasser? Was kann Hopfen? Was kann Malz? Was macht die Hefe? Da kann man einfach noch viel tiefer in die Materie eintauchen und das war für mich der entscheidende Punkt, dass ich mich immer noch weiter gebildet habe und einen Kurs zur Sachverständigen für Bier und Biermischgetränke gemacht habe und vorletztes Jahr noch meinen Certified Member of Masters of Beer draufgelegt habe.

Haben Sie ein Lieblingsbier?

Nein. Das Leben ist einfach viel zu kurz, um jeden Tag dasselbe Bier zu trinken. Das wollen die Brauer natürlich immer nicht hören aber es ist einfach so. Ich bin von Haus aus ein Genussmensch und probiere gerne neue Dinge, neue Sorten aus. Wenn ich mich festlegen müsste, dann würde ich sagen, dass es eher in die Richtung von hopfenbetonten Bieren geht, wie zum Beipspiel ein India Pale Ale oder ein Pale Ale, das ein bisschen weniger Alkohol hat – sonst würde mein Blog auch nicht feinerhopfen heißen. Aber grundsätzlich ist Bier ein Situationsgetränk, es kommt immer auf die Temperatur, die Stimmung oder das jeweilige Essen an.

Frau Hasenbeck, ich danke Ihnen für das Gespräch.


Mareike Hasenbeck betreibt seit mehr als zehn Jahren das wohl erste deutsche Craftbier-Blog »feinerhopfen.com«. Als Biersommelière, sensorische Sachverständige für Bier und Member of the Institute of Masters of Beer ist sie Jury-Mitglied bei wichtigen internationalen Bier-Wettbewerben. Außerdem arbeitet die Ayingerin als freie Journalistin für verschiedene renommierte Medien. Im Oktober 2017 wurde sie als beste Bierjournalistin im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet. Zudem gewann sie im November 2021 die Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft der Biersommeliers und bewies sich ein Jahr später als beste Frau rund um den Globus bei der Weltmeisterschaft. In ihrem Buch Bier Unser – ein Hallelujah den kreativen Brauereien öffnet die Biersommelière die Tür zu 20 Kreativbrauereien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und lässt die Leserinnen und Leser in deren Braukessel schauen, um sie in die besondere Welt des Lieblingsgetränks einzuladen.

Tim Lamkemeyer
Tim Lamkemeyer
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