© Stine Christiansen

Erdäpfel-Rezepte: Mittendrin statt nur dabei

Der Erdapfel wird viel zu oft zur Sättigungsbeilage degradiert und gar nicht nett behandelt – dabei hat er das Zeug zur großen Köstlichkeit. Das zeigen auch unsere Rezepttipps.

Es ist kein Zufall, dass ­Kartoffel ausgerechnet in Frankreich besonders verehrt werden, dem Mutterland des guten Essens in Europa. Die Kartoffel leitet sich etymologisch zwar vom Italienischen, von »tartufolo« für »kleine Trüffel« ab, es sind aber ohne Zweifel die Franzosen, die sie kulinarisch am meisten verehren und auch zahl­reiche Rezepte mit königlichen Namen für sie parat haben: »dauphine«, nach Art der Thronfolgerin, heißen die knusprig-cremigen Croquetten, »duchesse«, nach Art der Herzogin, bezeichnet ein dressiertes, ­gebackenes Püree.

Allein 20 verschiedene Arten, den Erdapfel in Form zu schneiden, kennt der französische Koch, und Marie ­Antoinettes Erdäpfelliebe soll so groß gewesen sein, dass sie ihr königliches Kleid mit seinen Blüten besticken lies.

Gleichzeitig gehört die Kartoffel mitunter zu den unprätentiöseten Zutaten, die dem Koch kaum Arbeit machen. Kleine, ganz junge Erdäpfel etwa werden am allerbesten, wenn sie ganz ohne Wasser, nur mit Butter und Salz langsam gegart werden – dann dämpfen sie erst im eigenen Saft weich und brutzeln dann in der Butter braun.

Überhaupt wird höchste Knollenqualität fast von alleine gut. Bloß erkennen muss man sie. Einer der sichersten Hinweise auf gute, wertschätzend behandelte Ware ist, wenn die Erdäpfel ordentlich schmutzig sind. Besonders bei heurigen, frisch geernteten Erdäpfeln schützt die feuchte Erde die empfindliche und zarte Haut. Außerdem verhindert der Dreck, dass sie austrocknen und weich und schrumpelig werden.

In Ländern mit großer Erdäpfel­kultur wie Frankreich, Belgien oder Dänemark werden die guten heurigen Erdäpfel daher auch im Supermarkt ungewaschen verkauft – zu einem höheren Preis als die geputzten Kollegen.

Mindestens 200 Erdäpfelsorten gibt es weltweit, bei uns aber werden sie grob in drei Kategorien eingeteilt: festkochend, vorwiegend festkochend und mehlig, je nachdem, wie viel Stärke und Flüssigkeit in ihnen ist und ob sie beim Kochen auseinander­fallen oder ihre Form behalten. Zwar ist auf der Verpackung stets angegeben, um welche Erdäpfelkategorie es sich handelt, allerdings kann auch der Laie es mit bloßem Auge erkennen: Je kleiner und länglicher, desto festkochender, je runder, desto mehliger ist der Erdapfel. Klassische Beispiele sind der berühmte Kipfler (sehr klein, sehr länglich, sehr festkochend) oder Agria (groß, rund), die liebste heimische mehlige Sorte.

Festkochende Erdäpfel eignen sich besser für Gerichte wie Bratkartoffeln oder Kartoffelsalat, mehlige sind wegen ihrer vielen Stärke besonders gut für Pommes frites oder Knödelteig geeignet (welche für Püree am besten sind, darüber gehen die Meinungen stark auseinander – am besten man testetselbst aus, welche Sorte besser schmeckt).

Daneben wird generell zwischen jungen, nicht ausgereiften und ausgewachsenen ­Erdäpfeln unterschieden. Was vor dem 10. August geerntet wurde, darf in Österreich als »Heurige« vermarktet werden. ­Junge ­Erdäpfel haben einen deutlich höheren Wasseranteil, sind daher knackiger und milder im Geschmack.

Früh geerntete ­Erdäpfel sind noch nicht »schalenfest«, wie der Fachmann sagt, und lassen sich daher nicht gut lagern. Sie verderben in kurzer Zeit. Erst die reifen Knollen, die im Herbst geerntet werden, können über den ganzen Winter köstlich bleiben – oder gar besser werden:

Mit der Zeit intensiviert sich nämlich dank chemischer Prozesse ihr Geschmack. Richtig gelagert heißt idealerweise bei sieben bis zehn Grad, schmutzig und in Dunkelheit. Bei höheren Tempera­turen besteht die Gefahr, dass der Erdapfel austreibt, bei niedrigeren laufen chemische Prozesse in ihm ab, die ihn zwar süßer, aber nicht wohlschmeckender machen.

Genau dabei – beim Köstlichmachen – sollen die kommenden Seiten helfen. Da haben wir einige unserer liebsten Erdäpfel­rezepte zusammengestellt: von französischen Delikatessen wie knusprigen Pommes Anna bis hin zu fast vergessenen heimischen ­Klassikern wie Innviertler G’hackknödel.



Erschienen in
Falstaff Rezepte 03/2021

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Tobias Müller
Autor
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