© Ian Ehm

Farm-to-table in der Idylle: Das »Le Clementine« von Max Alajmo

Fische aus der Lagune, frisches Gemüse und Kräuter aus dem eigenen Garten, ein Bootsshuttle für die Anreise aus Venedig – und im Hintergrund einer der besten Köche der Welt: das »Le Cementine« hat das Zeug zur kulinarischen Destination dieses Herbstes.

Venedig ist kulinarisch schon lange ein schwie­riges Pflaster. Wenige Lokale sind gut, noch weniger sind preiswert, die Touristenfalle ist ­mindestens so typisch für die Stadt wie die Kanäle und Gondeln. Wie gut daher, dass es die Familie Alajmo gibt.

Die stammt zwar gar nicht aus der Lagunenstadt, sondern aus Padua, etwa eine Stunde entfernt am Festland. Dort betreibt sie das legendäre »Le Calandre« bereits in der vierten Generation. In den vergangenen Jahren hat sie sich zu einer der umtriebigsten und erfolgreichsten Gastronomie­dynastien Italiens hochgearbeitet.

Massimiliano »Max« Alajmo, aktueller Chefkoch im »Le Calandre«, war mit 28 Jahren der jüngste Koch aller Zeiten, der je vom »Guide Michelin« mit drei Sternen ausgezeichnet wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder Raffaele »Raf« Alajmo betreibt er mittlerweile zwölf Restaurants zwischen Padua, Paris und Marrakesch. Eines davon, das Michelin-besternte »Quadrino« direkt am Markusplatz, gehört seit Jahren zu den besten Adressen Venedigs. Und nun haben sie mit dem »Le Cementine« eine weitere Adresse für hungrige Venedig-Besucher (und natürlich Venezianer!) mit Anspruch aufgesperrt.

Das »Le Cementine« ist ein prächtiges Farm-to-Table- oder, besser, »Lagune to Table«-Restaurant geworden. Wie es sich für ein solches gehört, liegt es nicht in der Stadt, sondern mitten im Nichts zwischen Feldern und Bauernhäusern etwas außerhalb des verschlafenen Dorfs Portegrandi am Rand der Lagune von Venedig. Das Land hier ist flach, sandig und von schilf­gesäumten Kanälen durchzogen, die Luft riecht nach Salz und Meeresschlamm.

Egal, von welcher Seite man sich dem Lokal nähert, vom Land oder vom Wasser, erst geht es durch einen üppigen Garten: Im Frühling sprießen hier Thymian und Rosmarin und bunte Mangoldblätter, im Sommer blüht der bienenumsurrte Lavendel, im Herbst reifen Paradeiser und Kürbisse an den Stauden. Irgendwo hinterm Haus,nicht sofort sicht-, aber gleich hörbar, schnattern Gänse und gackern Hühner.

Das Restaurant liegt fast versteckt in dieser üppigen Pracht, ein niedriger, einstöckiger ­Bungalow mit verglasten Wänden. Der Name kommt von den prächtigen bunten Fliesen am Boden. Gemeinsam mit den vielen Pflanzen und dem Licht verleihen sie dem Speisesaal den Charme eines tropischen Gewächshauses.

Das Essen ist auf den ersten Blick simpel, beim ersten Bissen raffiniert. Die Speisekarte wird bestimmt von dem, was hier wächst und was die Köche jeden Tag vor dem Service ernten: jede Menge frisches Gemüse und Kräuter plus all die Köstlichkeiten, die die lokalen Fischer aus der Lagune holen. Je nach Jahreszeit gibt es ein Risotto mit ganz jungen Erbsen, Favabohnen-Ravioli mit Kaninchenragout oder einen fast barock üppigen Salat mit Zucchini, Fenchel, frischen Kräutern und Ricottacreme. Dazu kommen Veneto-Klassiker: geschmorte Schnecken, Bacalao-Creme und in der Saison frittierte Moeche, die berühmten Krebse der Lagune, die zweimal im Jahr ihre harte Schale abwerfen und dann köstlich knusprig gebacken werden können. Fast das ganze Jahr hingegen werden exquisite rote Garnelen und Triglie, köstliche Streifen­barben, serviert.

Mit dem Auto erreicht man das »Le Cementine« von Venedig aus in einer ­knappen Stunde. Am besten kommt man hier mit dem Boot an, an einer eigenen Anlegestelle am nahen kleinen Kanal. Von Venedig dauert die Fahrt gerade einmal zwanzig Minuten durch die wunderschöne Lagunenlandschaft – und danach schmecken die Köstlichkeiten der Gegend gleich noch einmal so gut.

Für die, die es einfach nicht dorthin schaffen, hat uns »Le Cementine«-Küchenchef Mattia Ercolino sechs wunderbare spätsommerliche Rezepte verraten, die auch zu Hause und ohne venezianische Zutaten gelingen.

Rezepte

Erschienen in
Falstaff Rezepte 04/2023

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