Opernball-Organisatorin Maria Großbauer

Opernball-Organisatorin Maria Großbauer
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Interview: Zwölf Monate für eine Nacht

Unterm Strich dauert der Opernball ja nur wenige Stunden. Die bedürfen aber einer generalstabsmäßigen Planung. Und so etwas braucht seine Zeit. Genauer: exakt ein Jahr.

Februar

Nach dem Opernball gibt es nur eine Woche Pause für mich. Gleich danach: Swarovski-Tiara! Sofort nach dem Ball – oder eigentlich bevor der aktuelle stattgefunden hat – Brainstorming mit Nadja Swarovski. Wer könnte der nächste Designer sein? Wer hat eine gute Beziehung zu Swarovski und mag gleichzeitig Oper? Mein Konzept für den Opernball heißt ja »Alles Oper!« und soll sich möglichst oft wiederfinden.

März

Das ganze Jahr: tägliche Telefonate und/oder Besprechungen mit dem Pressebüro – laufende Anfragen, Abstimmungen und kreatives Brainstorming. Bestehende Partner fragen, ob sie wieder dabei sind – und neue Partner und Sponsoren jetzt ansprechen und möglichst bis Juni gemeinsam eine Kooperation kreieren. Wir wenden uns an bestehende Logengäste und hoffen, möglichst auch neue Wünsche erfüllen zu können. Aber die knapp 150 Logen sind schnell weg.

April

Die Tiara muss vorangetrieben werden – gefällt dem Designer die Idee der Oper? Jetzt geht’s schon in die Details: Wie genau sehen Damen- und Herrenspenden aus, was ist die Geschichte dazu? Wer sind die Winzer? Was gibt es kulinarisch Neues? Geht das logistisch? Brauchen wir andere Lagerflächen? Was muss umgeplant werden? Was sagt die technische Leitung dazu? Pläne müssen neu gemacht und mit Behörden abgestimmt werden. Ideen und Sondierungstreffen gehen ineinander über …

Mai

Die Liste der Ideen für Neuerungen, Dekorationen, Kooperationen, Damen- und Herrenspenden, die ich das ganze Jahr über führe, ist nun weitgehend durchgearbeitet – den Rest hebe ich mir fürs nächste Jahr auf …

Juni

Ich präsentiere der Direktion und der Ge­­schäftsführung das grobe Konzept und die Ideen für das folgende Jahr und versuche möglichst viele Partnerschaften so voranzutreiben, dass man ab September »nur« noch umsetzen muss. Im Juli und August ist die Wiener Staatsoper ja geschlossen. Übrigens: Wir sind meist vor dem Sommer ausverkauft.

Juli

Zwei Wochen Urlaub! Aber selbst im Urlaub kommen Mails und SMS – die manchmal besonders erfreulich sind. So geschehen im letzten Sommer: Da kam plötzlich die Be­­stätigung, dass Dolce&Gabbana zugesagt haben. Ich habe gerade Pasta gekocht – im Ernst!

August

Im August verbringe ich die meiste Zeit in Salzburg bei den Festspielen – gleichermaßen schön wie praktisch, denn man kann dort viele Menschen treffen, die man sonst alle einzeln aufsuchen müsste. Auch Nadja Swarovski kommt jedes Jahr nach Salzburg – und wir treffen uns mittlerweile traditionell im »Hotel Sacher«, wo wir weitere Details wie Farben, Designvorschläge, Damenspende etc. besprechen. Auch die Kunstgärtnerei Doll besuche ich in Salzburg, und wir arbeiten einen Nachmittag lang an Ideen für das neue Blumenthema. Letzten Sommer habe ich das Thema »Le nozze di Figaro« mitgebracht – glücklicherweise hatte ich wenige Tage zuvor ja erfahren, dass dies auch als Thema der Tiara akzeptiert wurde, und so konnten wir das Puzzle sehr konkret weiterbauen …

September

Ich bekomme Entwürfe von neu zu gestaltenden Räumen oder Adaptionen, die vorgenommen werden müssen. Wir versenden bereits den Terminfahrplan für Medienpartner: Pressekonferenz, Side-Events, Interviews. Ab jetzt treffe ich mich mehrmals wöchentlich mit Walter Renner, dem technischen Leiter des Opernballs. Je hektischer es wird, desto klarer und ruhiger wird er. Ein Segen! Das Musikprogramm muss geplant werden, und ich telefoniere mit Bands und Künstlerinnen und Künstlern – alles außerhalb der Eröffnung, das ist die persönliche Angelegenheit des Direktors.

Oktober

Die Design-Agentur bekommt das Briefing für das Plakat – Alles Oper! Nur anders umgesetzt als im Vorjahr. Brainstorming und Ideen schmieden. Die erste Besprechung mit dem ORF – ich weihe sie in alle »Geheimnisse« ein und wir diskutieren über neue Ideen für Bilder, Einstellungen usw. Alle Side-Events müssen ab jetzt vorbereitet werden: Der Opernball ist ja nur die eine Veranstaltung, aber wir organisieren auch die Pressekonferenz, den »Couture Salon«, eine Kulinarik-Präsentation, die Benefizquadrille, die Tanzproben für die Debütantinnen und Debütanten und die (öffentliche) Generalprobe. Im Haus finden im Jänner ja auch täglich Vorstellungen und so manche Premiere statt, die Kinderzauberflöte nach dem Opernball. Es ist ein logistisches Wunder …

November

Es wird hektisch! Die Redaktion des Falstaff-Magazins muss mehrmals wöchentlich bis täglich mit Infos, Texten und Fotos versorgt werden – so wie auch die Redaktion des Ballprogammbuchs. Wir verkosten den neuen Drink bei Roberto – nicht der unangenehmste Termin des Jahres! Spätestens jetzt sollte ich mich auch um mein eigenes Kleid kümmern – eine Herausforderung für sich. Eines ist jedenfalls klar: Es muss auch praktisch sein, denn ich gehe am Opernball viele Kilometer. Last minute habe ich für 2018 noch eine Kooperation mit der »Ö1-Jazznacht« zustandebringen können – eine Freude! Im »Opernball Jazzclub« auf der Galerie wird nun auch zum ersten Mal die »Ö1-Jazznacht« zu Gast sein, mit Schallplatten und Plattenspielern …

Dezember

Ich eile von Termin zu Termin und lege das Telefon nicht mehr auf – ich drücke nur auf Annehmen, Annehmen, Annehmen … Ungefähr 50 bis 70 E-Mails pro Tag: Freigaben, Endabstimmungen, Druckunterlagen-Schluss für Programmbuch, Libretto, Plakat, Falstaff-Magazin, Texte, Verträge mit Künstlern und Partnern von der Rechtsabteilung. Bis Weihnachten muss alles so gut wie fertig sein, denn gleich nach den Feiertagen wird alles bei der großen Pressekonferenz der Öffentlichkeit
präsentiert.

Jänner

Endlich die große Pressekonferenz! Jetzt kann ich alles verraten – und unsere Partner auch. Bis dahin bitte ich immer alle um höchste Verschwiegenheit, sonst ist es ja nicht spannend. Über 200 Journalisten und Partner erscheinen – als ich das das erste Mal sah, stieg mein Puls doch relativ an. Man kann es sich nicht vorstellen, außer, man hat es gesehen. Das gilt im Übrigen auch für den Opernball – in Wirklichkeit ist er noch viel schöner! Jetzt kommt jede Woche ein Side-Event: Endabstimmung, Last-minute-Änderungen, Presse, Interviews usw. Wir – Opernballbüro und Pressebüro – sitzen alle nur noch in einem Raum an einem großen Tisch – für Wegzeiten bleibt keine Zeit mehr.

Februar

Endlich! Der Ball steht vor der Tür! Ich mache meinen Timetable für den Opernball – im 10- bis 15-Minuten-Takt befinde ich mich ab 18 Uhr abwechselnd bei einem Interview, Fototermin, Begrüßungen, Besuchen, im Saal … Das geht ununterbrochen bis 2 Uhr. Ab dann lasse auch ich mich durchs Haus treiben. Das größte Wunder ist der Aufbau selbst, eine logistische Meisterleistung: Hunderte Menschen verwandeln jetzt das gesamte Opernhaus in wenigen Stunden. Man möchte meinen wie im Wunderland. Der schönste Moment ist jedenfalls, wenn ich in meine Loge gehe, mich hinsetze und die Fanfare erklingt – jetzt kann man wirklich nichts mehr tun! Herrlich! Jetzt kann man nur genießen, und das tue ich auch. Und dann geht’s wieder von vorne los …

Erschienen in
Opernball Spezial 2018

Zum Magazin

Maria Großbauer
Opernball-Organisatorin
Mehr zum Thema
Schaumwein
»Glücklich ist, wer vergisst«
Am Opernball wird wieder mit einem eigens kreierten Cocktail – benannt nach einem Zitat aus »Die...
Von Roberto Pavlovic-Hariwijadi