Jonathan Wittenbrink und Larissa Andres.

Jonathan Wittenbrink und Larissa Andres.

»Jola«: »Die Gäste sind immer wieder überrascht, dass pflanzliche Menüs so vielfältig sein können«

Jonathan Wittenbrink und Larissa Andres im Interview über das erste vegane Fine-Dining-Restaurant Österreichs, Casual Fine Dining und das Spannungsfeld Ästhetik versus Geschmack.

Mit dem Ende des Veganuary rückt einmal mehr die wachsende Bedeutung des Vegan-Trends ins Rampenlicht. In diesem Zusammenhang hatte Falstaff das Vergnügen, mit Jonathan Wittenbrink, ehemals Sous-Chef im »Tian«, und Geschäftsführerin Larissa Andres über die Erfolgsgeschichte des ersten veganen Fine-Dining-Restaurants in Österreich, das »Jola«, zu sprechen.

Mit einem klaren Fokus auf das ressourcenschonende »from root to leaf«-Prinzip, sowie auf Regionalität, bezieht das Restaurant 90 Prozent seiner Produkte von heimischen Lieferant:innen. »Der Großteil unserer Gäste ernährt sich weder ausschließlich vegan, noch vegetarisch. Sie schätzen die Vielfalt der veganen Gerichte, die sie immer wieder überrascht«, so Wittenbrink.

Wie entstand eigentlich die Idee, ein veganes Fine-Dining-Restaurant in Österreich zu eröffnen?

Wittenbrink: Schon seit meinem 15. Lebensjahr hatte ich den Wunsch, eines Tages ein eigenes Restaurant zu führen. Im Jahr 2020 haben Larissa und ich einander kennengelernt, ich war Sous-Chef im Tian Bistro und Larissa stellvertretende Restaurantleiterin. Bald wurde klar, dass wir einen gemeinsamen Traum haben und diesen auch zusammen verwirklichen wollen. Da sich Larissa zu dieser Zeit bereits vegan ernährte, ich sieben Jahre lang vegetarisch im Tian Restaurant gekocht hatte und wir einen neuen Weg in der österreichischen Kulinarik Szene einschlagen wollten, lag es auf der Hand, dass unser Angebot vollständig vegan sein sollte. Wir leben beide nach denselben Werten, haben von Beginn an eine nachhaltige und umweltfreundliche Ausrichtung mit klarem Fokus auf saisonalen, regionalen Produkten angestrebt. Unser Ziel ist es, das enorme Potential dieser kulinarischen Richtung zu zeigen und etwas wirklich Neues zu kreieren.

Was waren die ersten Kommentare?

Andres: Die schönsten Feedbacks sind für uns jene vor Ort, wenn wir unsere Gäste immer wieder überrascht erleben, dass pflanzliche Menüs so vielfältig sein können. Besonders in den sozialen Medien erhalten wir oft enthusiastische Zustimmung, das freut uns wirklich sehr. Spannend ist auch, dass sich der Großteil unserer Gäste weder vegetarisch, noch vegan ernährt, umso schöner die positiven Rückmeldungen.

Sie sind mittlerweile hochdekoriert. Kam der Erfolg, auch angesichts Ihres jungen Alters, überraschend?

Andres: Ja, wir sind tatsächlich überwältigt, dass unser Konzept so gut angenommen wird. Wir waren uns schon bewusst, dass wir durch die Ausrichtung, unser engagiertes Team und die Verwendung hochwertigster Produkte von Anfang an auf einem guten Weg waren.

Warum haben Sie sich entschieden, auf eine feste Speisekarte zu verzichten und stattdessen auf Überraschungsmenüs zu setzen?

Wittenbrink: Einerseits haben wir uns aus Gründen der Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz gegen eine à la carte Karte entschieden. Andererseits bietet das Überraschungsmenü die Flexibilität, spontan auf saisonale Produkte einzugehen und unseren Gästen ein umfassendes kulinarisches Erlebnis zu bieten.

 

Wie gestaltet sich die kontinuierliche Innovation und Kreativität bei der Zusammenstellung der Menüs?

Wittenbrink: Mit über zehn Jahren Erfahrung in der vegetarischen/veganen Küche und einem Team von sechs Personen, das vielseitige Erfahrungen einbringt, setzen wir auf ständige Innovation. Ich persönlich bilde mich kontinuierlich weiter, greife auf Praktika von früher zurück, um meinen eigenen Stil stetig weiterzuentwickeln. Die Tatsache, dass es noch nicht viele vegane Restaurants auf diesem Niveau gibt, ermöglicht es uns, Neuland zu betreten und unsere eigenen Ideen umzusetzen.

Könnten Sie das "from-root-to-leaf"-Prinzip näher erläutern und wie es sich in der nachhaltigen kulinarischen Philosophie von Jola manifestiert?

Wittenbrink: Das Prinzip bedeutet, alle Teile einer Pflanze von der Wurzel bis zum Blatt zu verwenden. Das ist für uns seit der Eröffnung selbstverständlich. Wir versuchen, alle Schalen und Abschnitte sinnvoll zu verwenden, beispielsweise in Essigen, die wiederum in alkoholfreien Getränken Verwendung finden. Aktuell verarbeiten wir beispielsweise Topinamburknollen zu einem Tartar, rösten die Schalen zu Bröseln und legen die Blüten ein, um sie als saure Komponente zu verwenden.

Ästhetik spielt eine große Rolle in Ihrem Restaurant. Wie stellen Sie sicher, dass Ästhetik nicht auf Kosten des Geschmacks geht?

Wittenbrink: Geschmack steht bei uns immer an erster Stelle; das ist die Basis jeden Gerichts. Zum Glück sehen viele unserer Produkte von Natur aus schon großartig aus, sodass wenig zusätzliche Gestaltung nötig ist. Wir setzen darauf, die Teller eher reduziert anzurichten. Ich bin kein Fan von Schablonen oder Ausstechformen in jedem Gericht, da dies oft zu einer Standardisierung führt. Dennoch bemühen wir uns, passende Kräuter und Blüten zu verwenden, um unsere Teller ästhetisch ansprechend zu gestalten.

 

Casual Fine Dining scheint immer beliebter zu werden. Wie ist Ihr Ansatz in dieser Entwicklung?

Wittenbrink: Uns ging es anfangs nicht darum, ein Fine-Dining-Restaurant zu eröffnen, sondern einfach einen Ort zu schaffen, an dem man auf höchstem Niveau essen und trinken kann, ohne auf Etikette achten zu müssen. Dabei legen wir großen Wert auf hochwertige Keramik und Gläser, um unseren Gästen ein exquisites Erlebnis zu bieten, ohne dass sie sich über Konventionen Gedanken machen müssen. Das kommt bei unseren Gästen gut an, und sie schätzen die angenehme Atmosphäre in unserem Restaurant.

 

Was Larissa Andres zum Thema Female Leadership und den Einfluss von Social Media auf die Karriere meint, lesen Sie bei den Kolleg:innen von Falstaff Profi.


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Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online