Larissa Andres © Jola

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Larissa Andres: »Die Rolle der Frau wird in der Gastronomie immer noch oft unterschätzt«

Die Geschäftsführerin des »Jola« im Interview über Female Leadership, den Einfluss von Social Media auf die Karriere und wie sie mit Küchenchef Jonathan Wittenbrink als Einheit funktioniert.

von Julia Weninger
24. Januar 2024

 »Jola«, das Fine-Dining-Restaurant von Küchenchef Jonathan Wittenbrink und Geschäftsführerin Larissa Andres, hat den Anspruch, neue Maßstäbe in der österreichischen Kulinarik zu setzen. Als erstes veganes Fine-Dining-Lokal Österreichs und eines der wenigen im DACH-Raum steht Nachhaltigkeit und Regionalität im Mittelpunkt, wobei 90 Prozent der Produkte von lokalen Lieferanten bezogen werden.

 »Wir möchten pflanzlichen Gerichten einen höheren Stellenwert verleihen, nicht durch Verzicht, sondern durch bewusste Auswahl. Unsere vielfältigen veganen Gerichte überraschen selbst Gäste, die nicht ausschließlich vegan oder vegetarisch leben«, so Wittenbrink im Gespräch mit Falstaff.

Das Restaurant »Jola« trägt die Anfangsbuchstaben der beiden Vornamen:  »Jonathan ist Chefkoch und ich leite unser Business – wir funktionieren als Einheit, das macht unser Gesamtkonzept aus«, erzählt Larissa Andres und spielt damit auch auf die Sichtbarkeit von Frauen in der Gastronomie an.

PROFI: Wie bewerten Sie die historische Sichtbarkeit von Frauen in Spitzenpositionen der Gastronomiebranche?

Andres: In der Vergangenheit war die Sichtbarkeit von Frauen in Spitzenpositionen der Gastronomiebranche bedauerlicherweise äußerst gering oder sogar kaum vorhanden. Das verdeutlicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein zu schärfen und mehr Anerkennung für die bedeutende Rolle von Frauen in führenden Positionen in der Gastro zu schaffen. Jonathan und ich arbeiten auf Augenhöhe. Unser Restaurant »Jola« trägt daher auch die Anfangsbuchstaben unserer beiden Vornamen. Jonathan ist Chefkoch und ich leite unser Business – wir funktionieren als Einheit, das macht unser Gesamtkonzept aus.

Welche Veränderungen haben Sie in Bezug auf die Anerkennung und Sichtbarkeit von Frauen in leitenden Positionen erlebt?

Aus meiner Perspektive sehe ich bisher leider nicht ausreichend Veränderungen. Es gibt zwar vereinzelte Berichterstattungen über Frauen in führenden Positionen, vorwiegend aus der Küchenperspektive, aber diese sind immer noch zu spärlich. Die Rolle der Frau wird in der Gastronomie oft unterschätzt, insbesondere in Bezug auf den Service und die Leitung des Restaurants, da diese Aufgaben häufig von uns Frauen übernommen werden.

 

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Inwiefern hat Social Media einen Einfluss auf die Karriereentwicklung von Frauen in der Gastronomiebranche?

Da die jüngere Generation vermehrt auf Social Media aktiv ist, könnte es einen Unterschied machen, wenn mehr Frauen in der Gastronomie zu sehen wären. Mir ist klar, dass es sich um eine männerdominierte Branche handelt, aber allein in Wien kenne ich genug Frauen in leitenden Positionen in der Gastronomie. Daher ist dies kein Argument dafür, dass es zu »wenig Frauen« gibt, die für Interviews oder ähnliches angefragt werden könnten. Zwei inspirierende Instagram-Accounts, die Frauen in leitenden Positionen in der Gastronomie zeigen, sind @female_chefs und @femalewinecollective.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie in der Nutzung von Social Media für die Selbstvermarktung und Bekanntheit von Frauen in der Branche?

Social Media bietet viele Chancen, da man frei teilen kann, was man möchte und auf verschiedene Themen aufmerksam machen kann. Die Herausforderung besteht darin, sich selbst auf Social Media zu vermarkten, was in vielen Fällen nicht einfach ist. Ich persönlich bin oft diejenige, die Fotos und Videos erstellt, sodass man mich kaum auf Instagram sieht. Dazu kommt, dass oft die Zeit knapp ist, da andere Aufgaben Priorität haben. Dennoch ist Social Media ein äußerst effektives Tool, um zu inspirieren.

Aber wieviel Social Media muss sein?

Viel (lacht). Leider fehlt oft die Zeit dafür, da andere Dinge Priorität haben. Dennoch kann ich sagen, dass Social Media eines der besten Tools ist, um Sichtbarkeit aufzubauen. Schon Monate vor unserer Eröffnung haben wir auf unserem Instagram-Account alles geteilt, von den ersten Plänen über den Umbau, bis hin zur Auswahl der Produkte. Bereits vor der Eröffnung hatten wir über 2.000 Abonnent:innen, was uns zweifellos enorm geholfen hat, Gäste für unser Konzept zu gewinnen.

Inwiefern beeinflusst die Haltung gegenüber Medienpräsenz und Sichtbarkeit die Unternehmenskultur von »Jola«?

Jonathan steht nicht gerne alleine für Presseanfragen vor der Kamera, da er das Restaurant nicht alleine betreibt. Dennoch erkennen wir die Wichtigkeit von Medienpräsenz und Sichtbarkeit und freuen uns über jede Anfrage, sei es nur an Jonathan oder an uns beide. Von Anfang an war klar, dass das Restaurant nicht ohne den anderen funktioniert, und das wollten wir immer kommunizieren. Allerdings sind uns in dieser Hinsicht oft die Hände gebunden, da die Medien selbst entscheiden, wen sie interviewen wollen.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Frauen in der Ausbildung in gastronomischen Berufen?

Frauen, die eine Ausbildung in gastronomischen Berufen in Österreich absolvieren, stehen vor einigen Herausforderungen, wie zum Beispiel die Überwindung traditioneller Geschlechterrollen, um in Führungspositionen anerkannt zu werden, der Zugang zu gleichwertigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, der aufgrund bestehender Strukturen eingeschränkt sein kann, sowie Sexismus am Arbeitsplatz. All das führt leider dazu, dass es in dieser Branche weniger Frauen gibt.

Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Gleichstellung in der Ausbildung zu fördern?

Es sind gesetzliche Vorschriften zur Gleichstellung erforderlich. Weiters die Implementierung von geschlechterneutralen Lehrplänen, die Chancengleichheit und Respekt für vielfältige Fähigkeiten gewährleisten. Die Schaffung von Mentoring-Programmen, die Frauen in der Ausbildung unterstützen und ihre berufliche Entwicklung fördern, ist ebenso entscheidend. Zudem bedarf es einer verstärkten Sensibilisierung für Geschlechterstereotype und -ungleichheiten, um ein inklusiveres Umfeld zu schaffen.

Entwicklung fördern, ist ebenso entscheidend. Zudem bedarf es einer verstärkten Sensibilisierung für Geschlechterstereotype und -ungleichheiten, um ein inklusiveres Umfeld zu schaffen.

Wie können Frauen in einer männerdominierten Branche wie der Gastronomie Diversität fördern und sich selbst positionieren?

Um ein Umfeld zu schaffen, in dem Frauen gefördert werden, ist es wichtig, mehr Frauen einzustellen und Frauen in leitenden Positionen zu unterstützen. In einem männlichen Umfeld muss eine Frau oft mehr leisten, um aufzufallen. Von Frauen zu verlangen, sich selbst zu positionieren, empfinde ich als schwierig, da dies alles auf die Frau abwälzt. In einem Umfeld, in dem alle gleich geschult sind und die gleichen Chancen im Betrieb haben, könnten sich Frauen genauso wie Männer durch ihre Leistung positionieren und somit zur Förderung von Diversität beitragen

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