Die junge Generation von sieben südsteirischen Weingütern geht einen gemeinsamen Weg als Jungwinzergruppe. Der Name: SIEME Weingüter.

Next Generation: Wie die »Sieme« die internationale Weinwelt erobern wollen

Weingut

Jungwinzer

Steiermark

Im Gespräch mit Falstaff verraten die sieben steirischen Jungwinzer, was sie aus dem Erfahrungsschatz der Elterngeneration in ihre großen Pläne einfließen lassen, warum sie ihre Weine als wahre Botschafter der Südsteiermark sehen und wie sie ihren ambitionierten Weg als Jungwinzergruppe gemeinsam beschreiten wollen.

Sabine Flieser-Just,

20.10.2023

Wenn es Herbst wird im Rebenland, dann werden die Weinberge mit spektakulären Schattierungen in Grün-, Gelb- und Rottönen überschüttet. Die Sonne schenkt den Beeren zusätzlich Nuancen von Süße. Die Nächte sind bereits kühl, und genau diese Temperaturschwankungen tragen wesentlich zur herausragenden Frische der steirischen Weine bei. Die Traubenreife befindet sich im Endspurt. Je nach Rebsorte, Boden und Philosophie der Weinbaubetriebe entscheiden nunmehr der erreichte Zuckergehalt und der Reifegrad der Beeren den Zeitpunkt für die Weinlese.

Wissensauftakt

Die Südsteiermark ist mit knapp 2800 Hektar das größte der drei steirischen Weinbaugebiete und die Heimat vieler Winzerinnen und Winzer unterschiedlicher Größe, die alle qualitativ hochwertige Weine auf hohem Niveau herstellen. Die Leitsorte Sauvignon Blanc glänzt in vielen Varianten, und neben traditionellen Rebsorten wie Morillon, Welschriesling und Gelber Traminer finden sich auch neue Sorten wie Souvignier Gris oder Muscaris.

Terroir kann hier hautnah erlebt werden, der Einklang von Sorten, Reben und Boden. Schotterböden dienen als ideale Wärmespeicher und können kühles Klima und große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht gut ausgleichen. Die Mineralik des Bodens formt Frische und Säurestruktur. Sauvignon Blanc, der häufig vegetabile Noten aufweist, und Gelber Muskateller, der besonders ausgeprägte florale Noten zeigt, gedeihen auf Schotter, der meist ein verdichtetes Konglomerat ist. Aber auch Weiß- und Grauburgunder zeigen aufgrund dieser Bodenart einen präzisen Sortenausdruck. Auch die hocheleganten Weine von Schieferböden zählen zur Weltspitze.

In der Steiermark, insbesondere im Sausal und in der Weststeiermark, gibt es Schieferböden in unterschiedlichen Varianten. In den kühleren Jahrgängen treten gelbfruchtig-grasige Aromen hervor, während in den wärmeren Jahrgängen eine zarte Rotbeerigkeit zum Vorschein kommt. Am Gaumen zeigen sie subtile Eleganz, feine Kräuterwürze und helle bis dunkle saftige Aromen, die straff verwoben und von einer vibrierenden Säure begleitet sind, die enormen Trinkfluss bereitet.

Sandböden wiederum sind in der Südweststeiermark rund um Eibiswald, in der der Südsteiermark um Gamlitz und im Vulkanland Steiermark in Klöch und Straden zu finden. Sie eignen sich ideal für sehr fruchtige und duftige Weine. Die Vulkanland-Winzer wissen das namensgebende Vulkangestein zu schätzen, das den Weinen mehr Kraft und eine lebendige Mineralität mitgibt.

Next Generation

So viel zur Theorie, und nun beginnt die kleine Weinreise zur jungen Winzerriege mit einer etwas anderen Geschichte eines Generationswechsels. Diese schreibt gerade ein Weingut in Sernau, Gamlitz. »NeueHeimat Wine« ist der ebenfalls neue Name des vormals als »Goedwinemakers« bekannten Weinguts. Von den Quereinsteigern Ton Goedmakers und Uli Kaltenböck 2009 gegründet, wird das Weingut nun von Ex-ÖSV-Skispringer und nunmehrigem Weinakademiker Bastian Kaltenböck und Kellermeister Christian Söll geleitet. Ein Wandel, den der neue Name auch nach außen hin verdeutlichen soll. »NeueHeimat ist kein Marketing-Gag, sondern Ausdruck dessen, wie wir uns und unsere Weine begreifen«, erklärt Bastian Kaltenböck. Der Betrieb umfasst eine Rebfläche von rund elf Hektar und die Weingärten werden seit 2017 nach Bio-Austria-Richtlinien bewirtschaftet. »Unser Fokus liegt auf Qualität und Authentizität. Wir greifen bei unseren Weinen so wenig wie möglich ein«, betonen Kaltenböck und Söll. Dass seit dem Jahrgang 2020 nur noch »Bio« in die durchschnittlich 35.000 Flaschen kommt, versteht sich fast von selbst.

Winzer Bastian Kaltenböck: »Es ist ein großes Privileg, im Zusammenspiel mit der Natur und besonderen Menschen etwas zu entwickeln und zu gestalten.«

Der Ausdruck der Weine spiegelt ihre Herkunft unverfälscht wider. Bestes Beispiel ist da der Ried Sernau Charakter 2020, ein Cuvee aus den Rebsorten Sauvignon Blanc, Weißburgunder, Chardonnay, Grauburgunder und einem Hauch Muskateller, die harmonisch verwoben sind. Am Gaumen cremig mit feinem Gerbstoff, reifer Zitrusfrucht und Steinobst wird der lange Abgang von einer bestimmenden Säure begleitet. Die Fassproben des Jahrgangs 2021 zeigten sich bei einer Riedenweinkost äußerst vielversprechend.

Wein und Freundschaft

Die »Sieme« sind ein zweites herausragendes Beispiel für die neue steirische Winzergeneration: sieben Freunde, sieben unterschiedliche Charaktere aus sieben Weingütern mit einem gemeinsamen Qualitätsversprechen. Die Sieme-Weingüter erstrecken sich über die gesamte Südsteiermark. Ihre Weine sind inzwischen zu Garanten für frische, intensive und hochwertige Weißweine geworden, die die steirische Weinlandschaft perfekt repräsentieren.

Die jungen Winzer betrachten ihre Weine als wahre Botschafter der Südsteiermark und als Hommage an die Natur und die Menschen. Ihre »Happy Places« sind ihre Weingärten, und in jedem Fall sind diese weit mehr als Anbaufläche für Trauben oder Arbeitsflächen. Sie sind Refugium und Inspirationsquelle, Orte, an denen Geschichten entstehen. Diese Geschichten füllen sie in flüssiger Form in die Flaschen.

Sauvignon Blanc by LENA heißt dieser Wein mit feiner Würze im Duft und leichten Anklängen an Cassis und Exotik.

Die Weine vom Weingut Skringer stehen für 100 Prozent Südsteiermark und 100 Prozent Handlese.

Tochter Lena kümmert sich um den Keller, die Weingärten und das Marketing.

Botschafter der Südsteiermark

Wer aber sind nun die sieben? Florian Dillinger vom Sabathihof Dillinger in Glanz, Stefan Germuth vom Familienweingut Oberer Germuth in Leutschach, Florian Lieleg von Weingut Adam-Lieleg in Eichberg-Trautenburg, Johannes Pichler vom Weingut Pichler-Schober in St. Nikolai im Sausal, Mathias Prugmaier vom

Weingut Assigal vom Seggauberg, Franz Regele vom Weingut Regele in Ehrenhausen und Franz Josef Tschermonegg vom Weingut Tschermonegg in Glanz packen jeweils einen Sauvignon Blanc Ortswein in einen »Siemer«-Karton als Jahrgangspaket. Sieben Weine, die den steirischen Sauvignon Blanc präzise verkörpern. Hier wird die Sorte ausgelotet und in verschiedenen Stilen präsentiert. Man spürt den Enthusiasmus und die Unbekümmertheit der Jugend, die aber mit Bedacht und Kalkül vorgeht. Der Zeitgeist und die Gegenwart sind in ihren Weinen unübersehbar, womit wir natürlich »unüberschmeckbar« meinen. Diese jungen Weinbauern schauen sich um, probieren viel und verschaffen sich einen Überblick über die Geschehnisse in der weiten Weinwelt. All dies spiegelt sich in ihren Weinen wider, gibt ihnen eine zusätzliche Dimension und macht sie dadurch komplexer.

Natur, so weit das Auge reicht, und dazu Genuss, feine Weine, ein besonderer Buschenschank und schöne Weinquartiere. Hier in Mitteregg am Weingut Pichler-Schober beginnt die Südsteiermark mit ihren sanften Hügeln und einzigartigen Weitblicken.

Ein besonderes Beispiel mit einer exemplarischen Beschreibung gefällig? Sauvignon Blanc SIEME Ehrenhausen Südsteiermark DAC 2021, Weingut Regele, 13 %: Mineralische, absolut hochwertige, vom Kalkboden geprägte Nase mit Aromen nach Salzzitrone, frischen Kräutern, etwas Feuerstein und Weingartenpfirsich. Am Gaumen präzise, klar und frisch. Eine elegante Säure und viel Spannung bestimmen das Spiel und werden durch Noten von Kernobst und Zitronenzesten ergänzt. Im Abgang salzig-mineralisch mit guter Länge. Spiegelt den Kalkboden exakt wider und vermag das Steirische mit dem Internationalen perfekt zu vermählen. Ein Wein auf der Höhe der Zeit.

Der ausgezeichnete und viel prämierte Buschenschank des Weinguts Pichler-Schober in St. Nikolai im Sausal ist seit Langem eine Institution. Mit der jungen Generation ziehen innovative und zukunftsorientierte Ideen ein und die Erfolgsgeschichte setzt sich fort. Das gilt für den Weinbau, den Buschenschank und das Urlauben beim Weinbauern. Auf insgesamt 15 Hektar Weingärten, darunter die ausgezeichneten Lagen Mitteregg und Nebenegg, wachsen Trauben auf Sausaler Urgesteinsböden, die den Weinen ihren mineralisch-frischen Charakter verleihen. »Den Sausal schmeckt man in unseren Weinen«, sagt Sabine Pichler. Und das macht das Besondere aus.

»Den Sausal schmeckt man in unseren Weinen«, beschreibt Winzer Johannes Pichler seine Weinphilosophie.

Spitzenleistung

Beim Familienweingut Oberer Germuth wird alles zur Spitze gezählt. Der atemberaubende Fernblick vom Weingut an der Glanzer Kellerstraße lässt das Herz höherschlagen. Die vielfach ausgezeichneten Weine sind in die Kategorien Speer, Speerspitze und Goldspitze unterteilt, die verständlich in die herkunftsbezogene DAC-Klassifizierung integriert sind. Und die Spitzenleistung der Küche wurde 2023 als bester Buschenschank der Steiermark prämiert.

Eine weitere grandiose Erfolgsgeschichte von einem der »Sieme«: Florian Lieleg konnte für den Sauvignon Blanc Eichberg Sieme 2021 den Weltmeistertitel beim »Concours Mondial du Sauvignon« und den Gesamtsieg als bester Sauvignon Blanc des Bewerbs in die Steiermark holen. Wahrhaft weltmeisterlich.

Geheimtipp

Gelebter Genuss heißt in der Südsteiermark, mit den Reben schlafen zu gehen und mit ihnen wieder aufzuwachen. Besonders stilvoll gelingt das in einem der Winzerhäuser am Weingut Skringer. Die Rieden Karsabathi und Trautenburg des rund 14 Hektar großen Weinguts liegen auf einer Sonnenterrasse des Eichbergs und umschließen das Weingut. Die Weine der Skringers sind noch ein gut gehüteter, echter steirischer Geheimtipp. Lena Skringer, die nicht nur die Weinbauschule Silberberg absolvierte, sondern auch Diplom-Sommelière ist, lässt ihren Stil mit feiner Klinge in den Weinen durchscheinen. Ihr Sauvignon Blanc by Lena zeigt in der Nase feine Würze mit Nuancen von Cassis und reifen gelben Südfrüchten. Dieser Wein garantiert ein herrliches Trinkvergnügen mit langem Nachhall. Auf einer der Winzerhäuser-Terrassen zu sitzen und den Wein-Augenblick zu genießen, vermittelt wahrhaftig unvergessliche Glücksmomente.

Schilcherland

Aber nicht nur in der Südsteiermark brodelt es geradezu vor neuen Winzertalenten. Weinhoheit Sophie vom Weingut Friedrich in St. Stefan ob Stainz über ihre Heimat: »Für mich ist die Weststeiermark, sprich das Schilcherland, immer mit einem gewissen Lebensgefühl verbunden. Die wunderschöne Landschaft, die ausgezeichneten Buschenschänken und die vielschichtigen Weine laden zum Genießen ein. Eine der größten Besonderheiten, die das Schilcherland aber zu bieten hat, ist natürlich der Schilcher. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es diesen einzigartigen Roséwein, der aus der Blauer-Wildbacher-Traube gekeltert wird.« Und auch hier hat eine junge Generation von Winzerinnen und Winzern mit Innovationskraft Neues geschaffen. Katrin Strohmaier zum Beispiel, ebenfalls regierende Weinhoheit, vom »Weingut Strohmaier« in Pölfing-Brunn entwickelte den weltweit ersten Schilcher-Wermut, der nicht nur regional, sondern auch international Beachtung findet und zahlreiche Preise einheimsen konnte.