Bastian Kaltenböck und Kellermeister Christian Söll (rechts).

Bastian Kaltenböck und Kellermeister Christian Söll (rechts).
© Weingut NeueHeimat

Ex-Skispringer Kaltenböck: »Wir wollen lebendige und eigenständige Weine machen, die ihr Terroir widerspiegeln«

Der ehemalige Sportler Bastian Kaltenböck erzählt im Interview, wodurch sich sein Weingut »NeueHeimat« von der Konkurrenz abhebt, wie die Geschäfte laufen und warum er seine zweite Karriere als Winzer gestartet hat.

Nach Beendigung seiner Wintersport-Karriere kümmerte sich Bastian Kaltenböck voll und ganz der Winzerei und intensivierte sein Wissen in diesem Bereich. Gemeinsam mit dem für Keller und Weingärten verantwortlichen Christian Söll schreibt er die Geschichte des Weinguts »Neue Heimat«, die mit Ton Goedmakers und Uli Kaltenböck, die sich in den 1990er Jahren in einer Weinbar am Arlberg kennenlernten, ihren Anfang nahm, weiter.

Falstaff: Als Sportler muss man ja oft in Askese leben, wie kann man das mit dem Winzertum vereinbaren?

Kaltenböck: Ja das stimmt, als Spitzensportler war meine körperliche Fitness und Gesundheit die Basis, um überhaupt Weltklasseniveau erreichen zu können. Skispringer müssen bekanntlich besonders auf ihre Linie schauen und Alkohol war völlig tabu. Ich legte immer schon großen Wert auf gesunde Lebensmittel. Nach dem Ende meiner Sportlerlaufbahn war ich dann sehr empfänglich für die Genusskultur der Südsteiermark und insbesondere für das Naturprodukt Wein. Es liegt daher auf der Hand, dass wir unseren Betrieb auf Bio umgestellt haben und hier am Sernauberg möglichst naturbelassene Weine keltern. Aber ich betreibe nach wie vor regelmäßig Sport in der freien Natur für meine körperliche und geistige Fitness. 

Wie kam es eigentlich zum Sprung vom Skifliegen zum Weinbauern? 

Es war wohl das Zusammentreffen von Schicksal und Neugierde. Mein Vater Uli hatte mit seinem Freund Ton Goedmakers den gemeinsamen Traum vom eigenen Wein. Und so haben die beiden vor etwas über zehn Jahren als Goedwinemakers begonnen ihren Traum in die Realität umzusetzen – sie nannten es ihr Genussprojekt. Zeitgleich beendete ich meine Skisprungkarriere und war zunächst noch einige Jahre im Sportumfeld beruflich tätig. Ich habe mich aber immer für das Weingut interessiert und unterstützt, wo ich konnte. Vor genau vier Jahren war es dann an der Zeit, dass die nächste Generation das Ruder übernehmen sollte. Meine Aufgabe als Weingutsleiter ist es nun, zusammen mit meinem Team das einstige Genussprojekt zu einem nachhaltig bestehenden, erfolgreichen Weingut aufzubauen.

Welchen Weinen haben Sie sich in Ihrer neuen Tätigkeit zugewandt?

Wir legen unseren Fokus auf Sauvignon Blanc, Gelben Muskateller und Burgunderweine. Pinot Noir ergänzt als einzige rote Sorte unser Sortiment, jedoch äußerst limitiert.

Seit 2020 sind wir bio-zertifiziert und legen größtes Augenmerk auf einen gesunden Boden und Vielfalt im Weingarten. Wir vinifizieren die Weine möglichst naturbelassen, selbstverständlich spontanvergoren und frei von Korrekturen sowie Schönungsmaßnahmen.

Ziel ist es, lebendige Weine auf die Flaschen zu bringen, die von ihrer Herkunft erzählen und unseren Kunden ganz einfach viel Freude und schöne Genussmomente bereiten! 

Wie laufen die Geschäfte bisher in der Weinbranche?

Gleich zu Beginn wurde von unserer knapp sechs Hektar großen Weinfläche die Hälfte neu ausgepflanzt, daher hatten wir keinen Druck im Verkauf unserer Weine. Als ich dazugestoßen bin, haben wir dann nochmals weitere fünf Hektar in unmittelbarer Nähe in Pacht dazugenommen und zunächst den Fokus ganz klar auf unser Produkt gelegt (Bioumstellung, etc.). Jetzt geht es um Wirtschaftlichkeit und ich sehe uns gerade in einer Art Startup-Phase, in der wir unseren Vertrieb professionalisieren und unsere elf Hektar erfolgreich vermarkten wollen. Es ist eine total spannende Zeit, da wir wohl eher ein Nischenprodukt anbieten. Wir arbeiten mit selektiv ausgewählten Weinhändlern zusammen und exportieren auch bereits in die Schweiz. 2023 sollen noch zwei bis drei neue Märkte dazukommen.

Was hebt Ihre Weine von der Konkurrenz ab?

Wir wollen lebendige und eigenständige Weine machen, die ihr Terroir widerspiegeln und dadurch einen unverwechselbaren Charakter erhalten sollen. Generell sollen unsere Weine etwas filigraner und mit guter Säurestruktur jedoch keinesfalls üppig ausfallen. Auch eine gewisse Salzigkeit zeichnet fast alle unsere Weine aus und Trinkfluss ist uns besonders wichtig! Wir sehen es zudem als ein Qualitätsmerkmal an, wenn Weine möglichst wenig beeinflusst werden und frei von Schönungsmaßnahmen und Korrekturen sind. Wir legen unseren Fokus ganz klar auf einen gesunden Boden und Artenvielfalt im Weingarten, hier finden wir die Antworten auf unsere Fragen beziehungsweise bei Problemstellungen in der Weinwerdung.  

Wie verschafften Sie sich das Wissen und die Ausbildung für einen komplett neuen Beruf?

Zunächst habe ich das Glück, dass mein Team rund um Kellermeister Christian Söll mittlerweile bereits sieben Jahre in derselben Konstellation hervorragend zusammenarbeitet und gemeinsam viel Know-how und Erfahrung aufgebaut hat. Ich brauche kein Önologe zu sein, um ein guter Weingutsleiter zu sein. Aber natürlich stehe ich vom Rebschnitt bis zur Ernte selbst so viel wie möglich im Weingarten. Das war ja auch mein Hauptbeweggrund, warum ich diesen beruflichen Neustart gewagt habe. Aber eine fachliche Ausbildung war mir natürlich wichtig, um ein sehr guter Weingutsleiter werden zu können. Dazu habe ich 2020/21 die Ausbildung zum Weinakademiker absolviert und abgeschlossen. Und ich habe auch fast keine Verkostung ausgelassen, um die Weinbranche sowohl sensorisch als auch von ihrer Systematik zu verstehen.

Welcher Wein ist eigentlich ihr persönlicher Lieblingswein?

Persönlich trinke ich momentan unseren Ried Sernau Burgunder 2020 recht gerne, der geht schon recht gut in die Richtung, wie ich mir Burgunder vorstelle. Wir haben uns mit dem 2018er Jahrgang dazu entschieden, die Burgundersorten Morillon, Weiß- und Grauburgunder nicht mehr reinsortig zu vinifizieren, sondern als eine Art Gemischten Satz. Unsere ausdrucksstarken Burgunderparzellen, welche unserer Ansicht nach Ried Sernau sehr gut widerspiegeln, werden zu diesem Wein teilweise sogar gemeinsam verarbeitet und vergoren, wenn der Reifezeitpunkt übereinstimmt. Der Ausbau erfolgte für zwölf Monate auf der Vollhefe in 500-Liter-Fässern und zumindest ein weiteres halbes Jahr auf der Feinhefe, bis er unfiltriert und mit einer leichten Schwefelgabe abgefüllt wurde. Ein feingliedriger Burgunder mit lebendiger Säurestruktur und sehr viel Trinkfreude!

Welches Weingut präferierten Sie, bevor Sie ihr eigenes gründeten?

Vor fünf, sechs Jahren, als ich mich intensiver mit unserem Weingut und Wein generell beschäftigt habe, habe ich mir zunächst einen guten Überblick über die steirische Weinlandschaft verschafft. Ich hatte kein klar präferiertes Weingut, ich war immer sehr neugierig und wollte stets neue Weine entdecken. Aber an den STK-Betrieben wie Gross, Lackner Tinnacher, Tement, Sattlerhof bin natürlich auch ich nicht vorbeigekommen. Mein Interesse hat sich sehr bald mehr in Richtung der Bioweingüter bewegt, authentisch hergestellte, »ungeschminkte« Weine trinke ich am liebsten, heute mehr denn je. 


Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
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