»Peter Luger’s« in Brooklyn: Was 1887 mit Bier, Billard und Bowling für deutsche Einwanderer begann, ist heute das wohl legendärste Steakhouse der Welt.

»Peter Luger’s« in Brooklyn: Was 1887 mit Bier, Billard und Bowling für deutsche Einwanderer begann, ist heute das wohl legendärste Steakhouse der Welt.
© Tyler Bertram

Restaurant-Legenden: »Peter Luger Steakhouse« in New York

Das »Luger’s« im New Yorker Stadtteil Brooklyn gehört nach einhelliger Meinung zu den besten Steakhäusern der Welt. Dabei wäre es ohne die Initiative eines Stammgastes längst Geschichte.

»Caution, hot«, »Vorsicht, heiß« – die Schwingtüren in »Peter Lugers Steak House« kommen kaum zur Ruhe. Kellner in weißem Hemd und mit schwarzer Fliege eilen im Sekundentakt mit großen, schwer beladenen Tellern aus der Küche. Steaks, Burger, Spinat, Berge von Bratkartoffeln. Der Geruch von angebratenem Fleisch hängt im gesamten Lokal. »Peter Luger« in Brooklyn ist weltweit bekannt für seine Steak-Qualität, eine New Yorker Institution, die seit Jahren einen Michelin-Stern trägt. Und für Steak-Fans ist »Peter Luger« der siebente Himmel.

Ein Besuch bei »Luger’s« ist wie eine Reise in eine andere Zeit. Wer von Manhattan aus die U-Bahn nimmt, bekommt ein Gefühl dafür, wie es Ende des 19. Jahrhunderts gewesen sein muss, nach Brooklyn zu fahren. Seinerzeit, konkret 1887, eröffneten deutsche Immigranten »Carl Luger’s Café, Billiards and Bowling Alley«, das spätere »Peter Luger«. Das Lokal und sein Patron waren schon damals für hohe Qualität bekannt – aber auch dafür, keine Kritik zuzulassen. Wenn sich ein Gast beschwerte, kostete er selbst und weigerte sich oft, den Teller auszutauschen. Denn Luger war überzeugt von seinem Fleisch – und er hatte wohl recht damit. Das erfuhren auch immer mehr Geschäftsleute aus Manhattan, die mit der Eröffnung der Williamsburg Bridge im Jahr 1903 wesentlich rascher und einfacher nach Brooklyn gelangten und so den Ruf des Lokals in die Welt trugen.

Old School Pur

Auch heute gleicht das Lokal noch eher einer deutschen Bierhalle als einem gehobenen, modernen Restaurant. Die Wände sind teilweise mit Fachwerk-Struktur verziert und von alten Bierkrügen lachen bayrische Schuhplattler. Auch die Holztische scheinen schon ewig hier zu stehen. Und alles ist auf das Wesentliche reduziert. »Früher habe ich im ›Waldorf Astoria‹ gearbeitet«, erklärt der 67-jährige Bernard Patten, der aktuell am längsten dienende Kellner im »Luger’s«. »Aber hier ist die Speisekarte einfacher. Und die Leute wissen, was sie wollen.«

Tatsächlich änderte sich am Angebot kaum etwas, seit der Veteran vor 35 Jahren bei »Peter Luger« startete: »Früher hat es nahezu ausschließlich Steaks gegeben, dazu Spinat und Bratkartoffeln. Und wenn jemand Salat wollte, dann haben wir einen gemacht. Es gab Porterhouse Steak, Steaks für zwei, drei oder vier Personen, Lammkoteletts und einen Shrimpscocktail.« Im Laufe der Jahre kamen Lachs und Seezunge dazu, Strip Steak sowie extra dicker Speck (um umgerechnet sieben Euro pro Scheibe). Mittags gibt es zudem einen Burger mit mehr als 250 Gramm Fleisch, das jeden Morgen frisch gehackt wird. Für viele ist der Burger für knapp 20 Euro eine preiswerte Alternative zum Steak. Zum Vergleich: Das Single Steak kostet 60 Euro, ohne Beilagen. Ein Teller Bratkartoffeln oder Pommes frites kommt auf 14 Euro, der »Apple Strudel« auf 13 Euro. Bei den in den USA üblichen 20 Prozent Trinkgeld ist die Arbeit für die Kellner hier also eine sichere Bank.

Was hat sich außerdem noch geändert? »The old stein«, also die alten Bier-Steinkrüge, werden nicht mehr benutzt, erklärt Alexander Patten, Sohn von Bernard und ebenfalls Kellner bei »Luger’s«. Heute fließt das Bier aus dem Zapfhahn in gekühlte Glaskrüge. »Weitere Änderungen gab es eigentlich nicht«, resümiert »Luger«­-Veteran Patten und schmunzelt: »Mein Sohn arbeitet seit zehn Jahren hier – das nennen wir neu.« Kurzum: »Luger’s« ist Old School pur. Wer ohne Bargeld, Bankomatkarte oder Scheck hierherkommt, hat Pech: Kreditkarten – no way.

Aufstieg zu neuem Ruhm

Als Gründer Peter Luger im Jahr 1941 starb und das Restaurant unter der Führung seines Sohnes nicht mehr die gewohnte Qualität halten konnte, erkannte der Metallwarenhersteller Sol Forman seine Chance. Der Stammgast kam fast täglich ins Steakhouse, an manchen Tagen sogar zwei Mal. Um das auch in Zukunft nicht missen zu müssen, ersteigerte er 1950 kurzerhand das Restaurant und brachte es gemeinsam mit seiner Frau Marsha wieder auf Vordermann. Sie wurde zur ersten Großeinkäuferin am New Yorker Fleischmarkt – und mit Sicherheit die einzige mit Perlen und Pelzhut. Von einem ehemaligen staatlichen Fleisch-Bewerter lernte sie, worauf sie achten musste. Auch heute noch sucht die Familie das Fleisch selbst aus und hängt es 28 Tage zum Dry Aging in die Kühlkammer.

Kult trotzt Kritik

Für zwischenzeitlich vernichtende Schlagzeilen und kontroverse Diskussionen sorgte 2019 der »New York Times«-Kritiker Pete Wells. Er urteilte, das Luger-Porterhouse sei nur mehr ein Steak wie viele andere auch und weit entfernt vom besten, was New York zu bieten habe. Wells vergab null Punkte – und bohrte der Ikone ein Steakmesser mitten ins Herz. David Berson, Enkel von Sol und Marsha Forman und aktuell Manager von »Peter Luger«, kontert: Die »New York Times« habe das »Luger’s« über die Jahre immer wieder bewertet. Manchmal habe man die Höchstnote bekommen, manchmal nicht. Aber während sich die Kritiker und ihre Launen oft geändert hätten, habe man immer Steaks von höchster Qualität serviert. Dem Kult um das Lokal hat die Kritik jedenfalls keinen Abbruch getan: Nach einer Filiale in Tokio wird man Ende des Jahres auch ein Steakhouse in Las Vegas aufsperren.


Zu Gast bei Peter Luger

Seit Jahrzehnten Legende.

peter luger steak house
178 Broadway, Brooklyn
NY 11211
USA
T: +1 718 3877400
peterluger.com

Mit der Gründung im Jahr 1887 durch den 21-jährigen bayrischen Einwanderer Peter Luger ist »Luger’s« das drittälteste Steakhouse New Yorks. Seinen Ruhm als eines der besten begründete es jedoch erst ab den 1960er-Jahren dank des legendären Restaurantkritikers Craig Claiborne als Fürsprecher.



Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2022

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Angelika Ahrens
Angelika Ahrens
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