© Herbert Hacker

Restaurantkritik »Aurea«: Wie in einem ehemaligen Villacher »Sauflokal« gastronomische Glanzleistungen zelebriert werden

Alexandra Debre und Armin Rauscher servieren drei Menü-Varianten mit drei, vier oder fünf Gängen – was es genau zu essen gibt, steht auf einer Kreidetafel an der Wand.

Ein Lokal wie ein Theaterstück. Die Bühne ist klein. Zwei Räume. In dem einen stehen eine Hand voll Tische für nicht mehr als 20 Personen. Im anderen, angrenzenden Raum, wird gekocht. Da ist noch weniger Platz. Da türmen sich die aufeinander gestapelten Pfannen neben einem kleinen Herd, in der Mitte ein Geschirrspüler. Eine Küche, die selbst für einen Single-Haushalt viel zu klein erscheint. Die Hauptdarsteller: Ein Koch und seine Partnerin. Ein Zwei-Personen-Stück, dargeboten auf engstem Raum. Ein gastronomisches Kammerspiel. Das »Aurea« von Alexandra Debre und Armin Rauscher in Villach gibt es noch gar nicht so lange, davor, sagt Rauscher, sei hier ein Lokal gewesen, in dem es mehr um kollektive Alkoholisierung als um gutes Essen gegangen ist. Rauscher: »das war so ein typisches Sauflokal«.

Das Duo hat die einschlägige Lokalität etwas umbauen lassen, das schöne Gewölbe ist jetzt weiß, das Lokal wesentlich heller, die Küche neu. Wer einen der beiden Hochtische im Küchenabteil besteigt, der sitzt praktisch direkt vor dem Herd, im Kino würde man sagen: erste Reihe fußfrei. Von da aus lässt sich wunderbar beobachten, wie Rauscher einen Job erledigt, den man von einer einzigen Person beim besten Willen nicht erwartet. Rauscher ist Küchenchef, Souchef, Chef de Partie und Tellerwäscher in Personalunion. Mit zirkushafter Virtuosität erledigt er einfach alles praktisch allein, unterstützt nur von seiner Partnerin, die den Service und die Weinberatung erledigt und wann immer sie gerade Zeit hat, auch ein paar Handgriffe in der Küche übernimmt. Sozusagen im Vorbeigehen.

Was die beiden da bieten, ist mehrfach erstaunlich. Serviert werden drei Menü-Varianten mit drei, vier oder fünf Gängen, was es genau zu essen gibt, steht auf einer Kreidetafel an der Wand: etwa Erdfrüchte mit Tamarinde, Amaranth und Wildkräuter oder Bulgur (ein mit Dampf unter Druck vorgekochter Weizen) mit Thai-Aromen, Karfiol und Erdnuss. Als Hauptgänge können es ein Saibling mit Topinambur, Granatapfel und Leinsamen oder ein Mais-Huhn mit Süßkartoffel, Buchenpilze und Mandeln sein. Und hernach Schokolade mit Passionsfrucht, Tonka-Bohne und Karamell.

Wer Rauscher beim Kochen zusieht, der glaubt es kaum. Wie er aus all den Schälchen und Behälter, aus all den Tuben und Schüsseln alles Vorbereitete heraus nimmt, um mit ein paar Handgriffen seine Gerichte zu vervollständigen, wie er etwa mit dem Bunsenbrenner den Saibling bearbeitet und gleichzeitig die Tür des Geschirrspülers zuklappt. Wie er die Pfeffermühle schwingt und sich nur umzudrehen braucht, um einige Saucen fertig zu machen oder mit der Pinzette diverse Kräuter punktgenau zu plazieren. Das ist Minimalismus in Reinkultur.

Und er weiß, was er tut. Rauscher hat dreieinhalb Jahre im Wiener »Steirereck« gearbeitet, ein Jahr war er im »Tantris« in München und er war einige Zeit Sou-Chef bei Stefan Heilemann im ehemaligen zwei-Sterne-Restaurant »Ecco« in Zürich.

Da überrascht es dann nicht mehr so sehr, dass er kocht wie einer der ganz Großen, verblüffend aber ist dennoch, dass er in seiner Puppenküche Gerichte zubereitet, die so aussehen aber auch so schmecken, wie das, was man ansonsten nur in gefeierten Spitzenrestaurants vorgesetzt bekommt. Nur arbeiten da meist mehr als zehn Leute in der Küche, rechnet man noch das Service-Team dazu, sind da nicht selten mehr als 20 Personen im Einsatz. In manchen Fällen auch noch weit mehr. Doch wie man sieht: es geht auch zu zweit.


NICHTS MEHR VERPASSEN!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Herbert Hacker
Herbert Hacker
Autor
Mehr zum Thema