Die Hügellandschaft des Montferrat im Weinbaugebiet Piemont ist für seine Weine und Schaumweine weit über Italien hinaus bekannt.

Die Hügellandschaft des Montferrat im Weinbaugebiet Piemont ist für seine Weine und Schaumweine weit über Italien hinaus bekannt.
© Alamy Stock Photos / Eugenio Pingo

Schäumendes Italien: Die besten Schaumweine Italiens

Feine Perlen im Wein stehen in Italien voll im Trend. Die Weingenießer lieben das feine Prickeln und die anregende Frische in den Schaumweinen. Kaum ein Produzent, der nicht seine eigenen »Bollicine« – Bläschen, wie sie liebevoll genannt werden – erzeugt. Das können Schaumweine in klassischer Flaschengärung – Metodo Classico – oder auch solche aus Tankgärung sein. Dank Prosecco ist Italien zum größten Schaumweinerzeuger der Welt aufgestiegen.

Bollicine sind angesagt in Italien, in der Bar als Aperitif, ebenso zur Eröffnung eines feinen Abends in einem angesagten Restaurant. Die Produktion und der Verkauf von Schaumweinen ist im vergangenen Jahrzehnt sprunghaft angestiegen. Bei den Schäumern zum Aperitif handelt es sich in den meisten Fällen um Prosecco, mit dem Italien zum größten Schaumweinhersteller der Welt aufgestiegen ist. Zu einem gepflegten Essen wird dann häufig zu einem Metodo Classico gegriffen. Italien hat eine lange Tradition in der Erzeugung von feinen Schaumweinen aus klassischer Flaschengärung. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren Häuser wie Gancia, Contratto oder Martini & Rossi um die Ortschaft Canelli und Asti im Piemont für ihre Spumanti bekannt. Geliefert wurden die feinen Sprudler sogar bis nach England. Zeugen dieses damals überaus florierenden Gewerbes sind die beeindruckenden Gewölbekeller, die heute als »unterirdische Kathedralen« Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Durch die beiden Weltkriege kam die Schaumweinproduktion nahezu vollständig zum Erliegen. Mit dem »Alta Langa« versucht man nun an diesen alten Glanz anzuschließen.

ZUM TASTING

Federführend in der Erzeugung feiner Schaumweine aus klassischer Flaschengärung sind heute zwei Ursprungsbezeichnungen in Norditalien: Franciacorta und Trentodoc. Als Franciacorta werden die Hügel am Südufer des idyllischen Iseo-Sees zwischen Brescia und Bergamo bezeichnet. Von der Metropole Mailand liegt das nur etwas mehr als eine Autostunde entfernt. Während der letzten Eiszeit lagerte der große Alpengletscher hier Steine aus den Bergen ab. Mineralstoffreiche Böden, warme Tage und kühle Nächte sind wie geschaffen für strukturierte und bukettreiche Grundweine. Guido Berlucchi und Franco Ziliani waren die ersten, die in den 1960er-Jahren einen »Spumante Franciacorta« auf den Markt brachten. Der Erfolg von Berlucchi rief andere Unternehmer auf den Plan, wie Maurizio Zanella oder Vittorio Moretti. Ihre Betriebe »Ca’ del Bosco« und »Bellavista« sind untrennbar mit dem Aufstieg der Franciacorta zum führenden Bollicine-Gebiet verbunden.

»Ca’ del Bosco« und »Bellavista« sind untrennbar mit dem Aufstieg der Franciacorta zum führenden Bollicine-Gebiet verbunden.

Ca’ del Bosco wurde schon von Jahren der Santa-Margherita-Gruppe eingegliedert, Maurizio Zanella ist aber nach wie vor fest in den Betrieb mit eingebunden. Gerade Ca’ del Bosco beweist mit seiner diesjährigen Kollektion, dass das Haus die Referenz für Franciacorta ist. Eine beeindruckende Palette legt auch Monte Rossa vor und auch das Traditionshaus Berlucchi zeigt mit seinem Palazzo Lana und dem 61 Nature, dass es zur absoluten Spitze zählt. Neben diesen schon lange bekannten Namen hat sich in den letzten Jahren eine Reihe weiterer Akteure hervorgetan wie Castel Faglia, Barone Pizzini, Antica Fratta, Derbusco und Sparviero.

Franciacorta ist ein kleines Gebiet, im dem heute viele Betriebe auf hohem Niveau arbeiten. Wirkten Franciacorta vor Jahren zuweilen noch etwas behäbig und zu füllig, so sind die Weine nun durchgängig mehr auf Frische und Rasse getrimmt. Das bekommt ihnen ausgezeichnet. Maßarbeit im Weingarten, bei der Lese und vor allem beim für Schaumweine so wichtigen Pressvorgang waren für diese Entwicklung ausschlaggebend. Angebaut wird in erster Linie Chardonnay, dazu auch Pinot Noir. Der früher verbreitete Pinot Bianco (Weißburgunder) ist rückläufig. Die autochthone Sorte Erbamat steuert regionalen Charakter bei. Nach dem Vorbild der Champagne nennt sich der Schaumwein aus der Region seit 1996 einfach »Franciacorta« und trägt eine eigene DOCG-Bezeichnung. Ein Franciacorta kann in allen bekannten Dosage-Kategorien erzeugt werden. Vornehmlich findet man Brut und Extra Brut, in letzter Zeit verstärkt auch Brut Nature oder Pas Dosage.

Die Weinberge an den Hängen der Dolomiten im Trentino sind ideal für die Erzeugung feiner Sektgrundweine. Daraus entsteht »Trentodoc«, stets in klassischer Flaschengärung. Das hohe Renommee von »Trentodoc« ist in erster Linie »Ferrari« in Trento zu verdanken. Mit über fünf Millionen Flaschen Jahresproduktion ist »Ferrari«, geleitet von der Familie Lunelli, nicht nur der mit Abstand größte Erzeuger von Trentodoc sondern auch größter Erzeuger von Metodo Classico in ganz Italien. Im Windschatten von Ferrari haben sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe weiterer hervorragender Erzeuger von »Trentodoc« herausgebildet, darunter viele kleine Winzer, aber auch große Genossenschaften. Spannende Metodo Classico kommen auch aus dem »Oltrepò Pavese« in der südlichen Lombardei oder aus dem Veneto als »Lessini Durello«.

Erfolgsmodell Prosecco

Er läuft und läuft hieß es einst vom VW Käfer. Das Gleiche könnte man vom Prosecco sagen. Jahr für Jahr nehmen die Mengen zu, entstehen neue Produzenten, dem weltweiten Absatz scheinen keine Grenzen gesetzt. Prosecco hat es geschafft, in der kollektiven Vorstellung zum Schaumwein schlechthin zu werden. Das ist eine große Leistung, Chapeau! Deutlich über 700 Millionen Flaschen Prosecco wurden 2021 abgefüllt, eine gewaltige Zahl. 20 Prozent davon werden im Land selbst konsumiert, der große Rest geht in alle Welt. Selbstverständlich sind das nicht alles großartige Spitzenweine. Aufgrund unserer langjährigen Verkostungserfahrung mit Prosecco aber können wir sagen, dass Präzision und Frische in den Weinen stetig zugenommen haben.

In den Kellern um Treviso wird einfach sehr gut gearbeitet. Es gilt, zwischen Prosecco DOC und Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG zu unterscheiden. Der Löwenanteil der Produktionsmenge entfällt auf Prosecco DOC, vom hochwertigeren Prosecco Superiore DOCG werden »nur« knapp 100 Millionen Flaschen erzeugt, rund 23 Millionen sind Asolo DOCG, der gesamte Rest entfällt auf Prosecco DOC. Die Hügel um die Orte Conegliano und Valdobbiadene nordwestlich von Treviso sind das ursprüngliche Produktionsgebiet für Prosecco, nur Schaumwein, der dort entsteht, darf sich Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG nennen. Die Weingärten für den Superiore werden in aufwendiger Handarbeit bearbeitet, die Ertragsmengen sind geringer. Das kommt im Wein durch mehr Finesse und größere Ausdruckskraft zum Tragen.

Erschienen in
Falstaff Sparkling Spezial 2022

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Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
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