Sabine Flieser-Just ist seit 2006 Präsidentin des Steirischen Sommeliervereins.

Sabine Flieser-Just ist seit 2006 Präsidentin des Steirischen Sommeliervereins.
© Lucija Novak

Steirische Sommelier-Power: Flieser-Just im Talk

Sabine Flieser-Just ist seit 2006 Präsidentin des Steiri­schen Sommeliervereins. Im Interview spricht sie über die Arbeit und Visionen in »ihrem« Verband.

Sabine Flieser-Just spricht als Präsidentin des Steirischen Sommeliervereins im Interview unter anderem über ihren persönlichen Werdegang, die Ziele des Vereins und das Berufsbild des Sommeliers.

KARRIERE Frau Flieser-Just, wie war Ihr Werdegang zur Präsidentin des Steirischen ­Sommeliervereins?
SABINE FLIESER-JUST
Geboren in eine Gastronomiefamilie, meine Wiege ist mitten in der Küche des Gasthauses gestanden, habe ich schon in meinen ersten Lebenswochen Gastronomieluft inhaliert. Meine 25-jährige Gastronomiekarriere ist geprägt von drei unterschiedlichen Lokalen, die ich konzipiert, eröffnet und selbstständig geführt habe. Über den Tellerrand hinaus denken, Ideen umsetzen, den Gast begeistern, das bestimmt mein Tun. Meine Begeisterung für wunderbare Produkte und die Freude an der Arbeit begleiten mich vom ersten Tag an, von der Gastronomie bis zu meiner Agenturtätigkeit. Und so wurde mir durch die enge Zusammen­arbeit bei Veranstaltungen die Aufgabe der Vereinspräsidentin angeboten. Es ist eine schöne Aufgabe, die mich nach wie vor erfüllt, gemeinsam mit meinem ­Vorstandsteam Spannendes zu gestalten.

Welche Aufgabenbereiche und Ziele hat sich der Verein gesetzt?
Wir hatten gerade unsere Generalversammlung samt Neuwahl des Vorstands und haben uns viele neue Aufgaben gestellt. Einer der Schwerpunkte der nächsten Zeit wird das Informieren und Weiterbilden von Mitarbeitern im Service sein. Wir wollen unsere Begeisterung, die Arbeit mit der Vielfalt der Produkte und ihre Geschichten weitergeben. Außerdem planen wir eine Reise in das Karstgebiet. Wir haben eine wahre Reiseexpertin unter uns, die jede Reise zu einem Erlebnis macht. Viele langjährige Freundschaften verbinden uns mittlerweile mit Weinbauern und Restaurantbetreibern im benachbarten Ausland. Unsere Reisen gelten als Geheimtipp und sind sofort ausgebucht.

Wie sehen diese Aktivitäten konkret aus, können Sie uns ein paar Beispiele nennen?
Unsere Stammtischreihe wird wie bewährt fortgesetzt. Spannende Themen laden zur Teilnahme ein. Hoher Spaßfaktor und ­unkomplizierte Gespräche über Wein, und nebenbei profitiert man auch von den Erfahrungen der anderen. Es wird auch die eine oder andere High-End-Verkostung geben – große Weine, von Experten präsentiert. Wir haben das Glück, mitten in einer großartigen Weinregion zu arbeiten und zu leben. Es gibt daher auch eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Team der Wein Steiermark, von der unsere Mitglieder profitieren. Ein besonderes Highlight im Jahresablauf ist definitiv die Lange ­Tafel der Ge­nusshauptstadt Graz. Mehr als 750 Gäste unter freiem Himmel an ­einem Galatisch mit Weinbegleitung, das ist richtig genial.

Wie sehen Sie die Entwicklung der ­Sommellerie in der Steiermark?
Früher haben wir uns beklagt, dass unsere Mitarbeiter nach ihrer Ausbildung in den Westen gezogen sind, um dort ihre Brötchen zu verdienen. Mit der rasanten Entwicklung der Weinbaubetriebe und dem großen touristischen Interesse an den steirischen Weinregionen sind auch die Gastronomie- und Hotelleriebetriebe in diesen Regionen stark gewachsen. Der Norden der Steiermark hat durch die starke Wintersaison immer schon gelockt. Es gehört mittlerweile zu einem wertvollen Lebenslauf, einen steirischen Topbetrieb als Arbeitgeber nennen zu können.

Das Berufsbild des Sommeliers ist vielen Gästen noch nicht hundertprozentig klar – Stichwort »Weinkellner«. Wie lange ist der Weg noch, der vor Ihnen liegt?

Der Begriff Sommelier/Sommelière ist bekannt. Er steht für Genusswissen. Aber dieses Wissen allein reicht nicht. Erst wenn Freude und Begeisterung beim Gast ankommen, ist von ihm mit Anerkennung zu rechnen, mit Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Dazu gehört neben der Aus- und Weiterbildung auch eine große Portion Erfahrung und vor allem das »Mehr-können-Wollen«.

Die Gastronomie scheint überall händeringend nach Arbeitskräften und Nachwuchs zu suchen. Warum ist es so schwer, gute Leute zu bekommen?

Es ist verständlich, dass es im stadtnahen Raum leichter ist, Mitarbeiter zu bekommen. Es wohnen dort mehr Menschen und die Erreichbarkeit ist besser. Es gibt aber genug gute Beispiele von Betrieben, die am Land sind und keine Probleme haben, Mitarbeiter zu engagieren, die auch längerfristig bleiben. Es sind Betriebe, die ihre Mitarbeiter wertschätzen. In diesem Begriff stecken viele Möglichkeiten. Da­rauf kommt es meiner Meinung nach an.

Wie kann man die Jugend für die Lauf­bahn des Sommeliers begeistern?
Vorleben, begeistern, vorzeigen. Wissen weitergeben. Auf die Reise schicken, ­Erfahrungen sammeln lassen und ein bisschen verrückt sein ...

Wie sieht für Sie persönlich ein ­»perfekter« Abend in einem Restaurant oder Gasthaus aus?
Ein Ambiente, das mich für ein paar Stunden verzaubert. Das kann ein uraltes Haus sein, ein superstylishes Lokal oder eine Hütte in den Bergen. Eine besondere Aussicht punktet bei mir immer. Am Teller sind es immer die ehrlichen Speisen, aus frischen regionalen Produkten. Aber allen voran ist es das herzliche, fröhliche Lächeln der Servicemitarbeiter.
www.genusscoach.at

Interview aus Falstaff Karriere 06/17.

Branko Mucina
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