© Gina Mueller | Caroline Seidler

Wissenschaft: Das Gute im Schwein

Nahrungsaufnahme ist ein Grundbedürfnis, das den Körper mit Energie und Nährstoffen versorgt. Manche Speisen stillen aber nicht nur unseren Hunger, sondern »nähren« auch unsere Seele und tragen damit zu unserem emotionalen Wohlbefinden bei.

Weit über 40 Kilogramm vom Schwein essen Österreicher durchschnittlich pro Jahr. In Deutschland sind es mehr als 30 Kilo. Damit steht das Borstentier unangefochten an der Spitze des Fleischkonsums, weit abgeschlagen kommen Geflügel und Rind mit je etwa zwölf Kilo, Wild liegt bei ganzen 700 Gramm und von Innereien werden überhaupt nur 300 Gramm verzehrt. Jetzt muss man festhalten: In Diskussion steht ja Fleischkonsum generell, und zwar aus vielerlei Gründen – Tierwohl- und Umweltargumente einerseits, Gesundheitsaspekte andererseits. Dabei wird relevanten Nährstoffen in hohen Konzentrationen das Auftreten von Zivilisationskrankheiten entgegengesetzt. Aber weil es in der Verbrauchsstatistik so weit vorne liegt, stellt sich vor allem die Frage: Wie wertvoll ist Schweinefleisch für die Gesundheit? Und da vor allem jenes, das üblicherweise auf unseren Tellern landet, also Filet, Bauch und Schinken?

Insbesondere Fett und Eiweiß sowie B6, B12, Niacin, Zink und Eisen sind hier erwähnenswert. Je nach Rasse, Körperregion und Haltung kommen sie in unterschiedlichen, jedenfalls aber relevanten Mengen in Schweinefleisch vor. Um Leber, Hirn, Lunge, Milz und Co. reißen sich hingegen nicht gar so viele Konsumenten. Dabei sind gerade diese Teile so delikat wie nährstoffreich. Innereien liefern durch die Bank mehr Vitamine und Mineralstoffe als die beliebteren Fleischteile. Aber auch Filet und Bauch können einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung leisten. So lassen sich für einen 80 Kilo schweren Mann mit einer Portion magerem Schweinefilet (150 Gramm) bereits die Hälfte des Tageseiweißbedarfs decken sowie ein Viertel des Tagesbedarfs an Zink, ein Drittel des Eisen-, die Hälfte des Vitamin B6 und B12 sowie zwei Drittel des Niacin-Bedarfs. Mit einer Portion Leber (150 Gramm) hätte er ebenso viel Eiweiß, aber zwei Drittel des Tagesbedarfs an Folat aufgenommen sowie Eisen und Niacin für eineinhalb Tage erledigt, Vitamin B12 gleich für vierzehn Tage. Eisen kann aus tierischen Produkten generell besser aufgenommen werden als aus pflanzlichen, weil das Hämeisen in rotem Fleisch und Fleischwaren eine höhere Bioverfügbarkeit aufweist als das Nicht-Hämeisen aus Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Nüssen und Ölsaaten. Daher resultiert auch die Problematik einer etwaigen Eisenunterversorgung, wenn man nie oder kaum bei Fleisch zulangt. Verbessern lässt sich die Aufnahme übrigens, wenn gleichzeitig Vitamin C aufgenommen wird – etwa in Zitrusfrüchten sowie Gemüse wie Paprika, Brokkoli oder Fenchel sowie auch in Kartoffeln.

© Gina Mueller | Caroline Seidler

Einfluss auf die Gesundheit

Im Kreuzfeuer der Kritik steht das Schweinefleisch dagegen häufig aufgrund des Fettgehalts und hier besonders wegen der gesättigten Fettsäuren sowie dem eher ungünstigen Verhältnis von Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren. Idealerweise sollte es bei 5:1 liegen, bei Schweinefleisch zeigt sich jedoch eines von 17:1. Dieser deutliche Überhang von Omega-6-Fettsäuren fördert chronische Entzündungen, die sich wiederum beispielsweise durch Arthrose bemerkbar machen. Fleisch weist hier generell keine besonders guten Werte auf.

Dennoch läuft die Kritik pauschal gesehen ins Leere. Zwar ist der Umstand so bekannt wie schmackhaft, dass Bauchfleisch reichlich Fett mit sich bringt und damit auch verlässlich für ausreichend Energie sorgt. Schließlich liefert Fett die meisten Kalorien pro Gramm, Filet und Innereien hingegen haben einen Fettanteil von unter zehn Prozent. Ausschlaggebend ist aber eher die Zubereitung. Frittiertes und Gebackenes schlägt klarerweise deutlich mehr zu Buche als etwa Gegrilltes. Ein hoher Gehalt an gesättigten Fettsäuren geht zudem richtigerweise mit einem Anstieg des Blutcholesterinspiegels einher. Dabei ist es unerheblich, ob das Fett vom Schwein, vom Lamm oder vom Geflügel stammt. Menschen mit erhöhtem Cholesterinspiegel sollten daher generell von zu viel Fett und zu vielen gesättigten Fettsäuren absehen.

Eine Schraube, an der sich drehen lässt, ist die Wahl der Tierrasse und der Blick auf die Tierhaltung: So zeigen Untersuchungen zur Fettsäurezusammensetzung, dass etwa Mangalitzaschweine hinsichtlich der gesättigten und ungesättigten Fettsäuren ernährungsphysiologisch günstigere Werte aufweisen als übliche Kulturrassen. Sie haben zwar einen generell höheren Fettanteil, aber das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren ist mit 7:1 nahezu ideal. Das hängt nicht nur mit der Rasse zusammen, sondern mit der Fütterung. Bio- und extensiv gehaltene Schweine haben gegenüber konventionell aufgezogenen einen Vorteil.

Mit Maß und Ziel

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Fleischfarbe und der Verarbeitungsgrad. Rotes Fleisch wird mit dem Auftreten von Krebs in Verbindung gebracht. Zwar fehlt eine offizielle Definition, welches Fleisch welcher Farbe zuzuordnen ist, gemeinhin fällt jedoch Schwein – neben Rind und Lamm – in die rote Kategorie. Dabei ist vor allem die Verarbeitung von Interesse: Salzen, Räuchern und Pökeln. Gerade durch Nitritpökelsalz können sich im Verdauungstrakt des Menschen Nitrosamine bilden, die sich als krebserregend erwiesen haben. Doch die aufgenommenen Nitritmengen sind heute gering, und die Datenlage zum Zusammenhang zwischen Krebsrisiko und Fleischverzehr gilt als mangelhaft. Denn während Alkoholkonsum, Übergewicht und einige Krebsarten (beispielsweise Darm- oder Brustkrebs) stark zusammenhängen, deuten die aktuellen Daten bloß darauf hin, dass eine Korrelation mit rotem und verarbeitetem Fleisch bestehen könnte. Viel wichtiger ist das gesamte Essmuster.


Marlies Gruber
Autor
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