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Zusammengekegelt: Eine Liste der 114 angeblich einflussreichsten Winzer Österreichs

Ein Kommentar.

Aktuell freudvoll diskutiert wird die soeben publizierte Kompilation der »114 einflussreichsten Winzer Österreich«, die von »30 der besten Sommelieren und Sommeliers« des Landes auf eine Power-Liste gesetzt wurden. »Wir sehen diese Liste als ein wertvolles Empfehlungstool für die Gastronomie. Jeder Gastronom, der etwas auf die Qualität seiner Weinkarte hält, sollte Winzer aus der KALK&KEGEL Liste führen«, so der nachvollziehbare Traum von Herausgeber Michael Pöcheim-Pech. Der hauptberufliche PR-Berater (Dreams + Happen Communication in Graz) hat soeben die erste Ausgabe des Branchenmagazins „KALK&KEGEL“ lanciert, welches in halbjähriger Erscheinungsweise laut Eigendefinition „Antworten auf die brennendsten Fragen der Gastronomie“ geben möchte. Die nun präsentierte Liste umfasst 43 Winzer aus Niederösterreich, 37 aus dem Burgenland, beachtliche 26 aus der Steiermark, 8 aus WienKärnten und Oberösterreich und einer aus Slowenien (!). Als wesentliche Kriterien für die Aufnahme gilt ein unverwechselbares Handwerk der Weinbauern sowie die vorbildhafte Haltung zur Natur, die in fast allen Fällen zumindest eine Bio-Zertifizierung voraussetzt bzw. ganz oft auch eine biodynamische Bewirtschaftung bedeutet. 

Vorweg: herzliche Gratulation all jenen, die es auf die Liste geschafft haben, denn sie sind es, die nun in der Gunst der besten Sommeliers der Alpenrepublik stehen und deren Weine von diesen ihren Gästen wärmstens anempfohlen werden. Ein Wermutstropfen: leider wurden die Namen dieser Experten und ihre Wirkungsstätten (noch) nicht publiziert, denn dann könnte man diese Tempel des innovativen Weingenusses gezielt ansteuern. (Oder gegebenenfalls auch nicht, so man zu jenen gehört, die sich mit einem guten Glas von weniger einflussreichen Winzer:innen wie Dorli Muhr (bio), PragerF. X. Pichler (bio), Bründlmayer (bio)Kollwentz (in Umstellung)Kracher oder Gesellmann (bio) auch schon zufriedengeben.)

OK, derartige Listen sind immer subjektiv, auch wenn man die in Rede stehende hier mit einer Gruppe von einschlägigen Kennern objektiviert hat. Aus Winzerkreisen hört man, dass so mancher Produzent erleichtert durchgeatmet hat, als er seinen Namen nicht auf der Liste fand. Und dass sich jene nicht äußern, die enttäuscht sind, nimmt wenig Wunder. Im Grunde ist die Aufzählung eine recht vollständige Darstellung sämtlicher Naturwein & Orangeweinproduzenten, Projektwinzer und Querdenker des Landes, (ein Gutteil der Namen ist den »normalen« Weinkonsumenten eher unbekannt, deren Weine noch mehr), die man in einen Topf mit einigen unbestrittenen Säulenheiligen der Bio-Szene und einigen tatsächlich einflussreichen Topwinzern, wie Moric, der muss dann auch nicht einmal Bio sein, gewürzt hat, denn schließlich will der Sommelier Weine auch verkaufen. Welche Art von Einfluss von gelisteten Miniatur-Winzern ausgehen soll, die keine 600 Flaschen im Jahr abfüllen, erschließt sich mir nicht wirklich.

So sehr ich persönlich einen nachhaltigen Umgang mit der Natur goutiere, inwieweit dies mit Tatsache korreliert, ob ein Winzer als tatsächlich einflussreich betrachtet werden kann, erschließt sich mir nicht. Es könnte aber durchaus auch ein Stück weit Wunschdenken hinter dieser Auswahl stecken. Doch die bloße Tatsache, dass ein Winzername auf einer Liste steht, macht dem Konsumenten einen Wein noch lange nicht schmackhaft. Sicher aber ist eines: Gastronomen, die ausschließlich auf dieses Sortiment allein als Blaupause setzen, werden es auf kurz oder lang beim Weinumsatz merken.

Die Welt ist heute längst nicht mehr schwarz-weiß gestrickt. Und auch die konservativsten Konsumenten sind durchaus an Neuem interessiert – solange man ihnen nicht ihre ach so konventionellen Lieblingsweine wegnimmt oder gar schlechtredet. Die junge Winzergeneration sollte nie ganz aus dem Auge verlieren, wessen Schultern sie dorthin getragen haben, wo sie heute sind. Dann steht auch auf einer Weinkarte der einflussreichsten Restaurants einem gedeihlichen, bunten Nebeneinander nichts im Wege. Wir sind nämlich lieber stolz auf die große, qualitätsvolle Vielfalt, die Österreichs Weinkultur auszeichnet. Alles nur eine Frage der Balance. Ein »Entweder-Oder-Denken« ist aber bitte gerade in unserer Zeit komplett fehl am Platz.

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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