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Gastronomie: Mehrwertsteuererhöhung sorgt für Empörung

Es ist eine niederschmetternde Wendung im Mehrwertsteuer-Krimi: In Deutschland hat die Ampelkoalition die Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent beschlossen. Aufgebrachte Gastronomen machen ihrem Ärger Luft – und befürchten eine Pleitewelle.

Die Ankündigung schlug ein wie eine Bombe: Erst Anfang der letzten Woche kursierten Gerüchte über die mögliche Verlängerung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Speisen um ein weiteres Jahr. Doch noch Ende derselben Woche wurde die niederschmetternde Wende im Mehrwertsteuerdrama verkündet: Ab 2024 sollen die 19 Prozent wieder in Kraft treten.

Die politische Entscheidung, die ursprünglich als Hilfsmaßnahme während der Pandemie für die wirtschaftlich angeschlagene Gastronomie gedacht war, scheint nun genau das Gegenteil zu bewirken. Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 Prozent auf sieben Prozent ab dem 01.07.2020 sollte der Branche eine Atempause verschaffen. Die Bundesregierung legte zweimal nach und verlängerte die Absenkung. Ab 2024 ist damit Schluss.

»Eine regelrechte Katastrophe«

Der Entschluss der Ampelkoalition hat eine Lawine der Empörung unter Deutschlands Gastronomen und Spitzenköchen ausgelöst – und ihre Wut ist deutlich spürbar.

TV-Star und Juror von »The Taste«, Frank Rosin, zeigt sich in einem Instagram-Reel sichtlich besorgt und richtet seine Worte direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierung:

Die geplante Mehrwertsteuererhöhung ab dem 1. Januar ist eine regelrechte Katastrophe. Herr Bundeskanzler, liebe Bundesregierung, hier wird an der Wirtschaftskompetenz Deutschlands gerüttelt. [...] Ich sorge mich um meine Kollegen und um diese Branche.

Auch Oliver Röder, Sternekoch und Präsident der »Jeunes Restaurateurs Deutschland« (JRE) erklärte bereits im Falstaff Interview Anfang August: »Es geht um viel mehr als nur um einen Steuersatz«. Knapp 150.000 gastronomischen Betrieben in Deutschland drohe mit dieser Entscheidung das endgültige Aus.

Diese Befürchtung teilt auch Sternekoch Alexander Herrmann. Er prognostiziert in gleich drei Instagram-Posts eine düstere Zukunft und das Aus von 10.000 bis 20.000 gastronomischen Betrieben: »Mit diesem Schritt beobachtet die Politik förmlich, wie eine durchaus systemrelevante Branche in Teilen zerbricht

Ein Szenario, das Kemal Üres, einer der Initiatoren der Bewegung »Rettet die Vielfalt«, seit Beginn der Debatte zu vermeiden versuchte. Nahezu täglich appelliert er dafür an die Politik und seine Kolleginnen und Kollegen aus der Gastronomie, für den Erhalt der sieben Prozent zu kämpfen.

Die möglichen Konsequenzen dieser Entscheidung betreffen jedoch nicht nur die Branche allein. »Theoretisch müssten die zwölf Prozent direkt an den Gast weitergegeben werden«, so Oliver Röder. Restaurantbesuche könnten damit für noch mehr Menschen zum Luxus werden.

Aus Sicht der Ökonomen

Während Vertreter der Gastronomie auf die negativen Auswirkungen aufmerksam machen, ist die Rückkehr zum regulären Steuersatz für Ökonomen eine logische und vor allem notwendige Konsequenz. Im September erklärte Dr. Daniela Steinbrenner vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung im Falstaff Interview, warum die Mehrwertsteuer zweckentfremdet wurde und warum branchenspezifische Subventionen kritisch sein können. Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer war laut Steinbrenner eine der kostspieligsten Steuersubventionen des letzten Jahres und man dürfe nicht vergessen, »dass die Mehrwertsteuer eine der wichtigsten Quellen für Steuereinnahmen darstellt«. Steuereinnahmen, die dem deutlich gebeutelten Bundeshaushalt an anderen Stellen fehlen.


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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