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Lila im Garten und am Teller: Im Spätsommer ist Zwetschkenzeit

Egal, ob roh, im Knödel oder als Zwetschken-Datschi – die Frucht verwandelt verlässlich Wehmut in Genuss und erinnert einen daran, dass Lust keine Jahreszeiten kennt. 

Wenn der Sommer sich dem Ende zuneigt, dann wächst dort, wo manch einer vielleicht Melancholie vermuten würde, tatsächlich die Zwetschke. Egal, ob roh, im Knödel oder auf dem Zwetschken-Datschi – die Frucht verwandelt verlässlich Wehmut in Genuss und erinnert einen daran, dass Lust keine Jahreszeiten kennt. 

Oft werden die Bezeichnungen Zwetschke und Pflaume synonym verwendet, Experten aber unterscheiden: In Österreich, der Schweiz und in Deutschland wächst zu mehr als 90 Prozent die Zwetschke. Sie ist eine Unterart der Pflaume. Zwetschken laufen nach unten hin spitz zu, sind bläulich und enthalten weniger Wasser, während die gelben oder violetten Pflaumen eher rund und in südlichen Gefilden beheimatet sind, etwa in Italien, Spanien oder Südafrika. 

Ab April blühen die Zwetschkenbäume, was vielerorts mit eigenen Festen gefeiert wird. Die Frühernte beginnt im Juli, die Früchte der Sorten wie »Juna«, »Katinka« oder »C«. Schöne werden allerdings schnell weich und saften stark, weshalb sie sich noch nicht allzu gut eignen, um gebacken zu werden. Im August reifen Mirabellen, und Ende des Monats kommt die Späternte mit den Früchten, die blau-lila schimmern und mit ihrer feinen Säure den Spätsommer einleiten: »Haroma«, »Haganta« oder »Presenta«. Die Erntezeit geht bis in den Oktober hinein. Die meisten Bauern pflanzen parallel verschiedene Sorten an, damit sie die gesamte viermonatige Erntezeit über reife Früchte pflücken können. Die beliebteste Zwetschkensorte ist die Hauszwetschke, die sich hervorragend zum Backen eignet, da sie nicht zu viel Wasser trägt, was den (Kuchen-)Teig aufweichen würde.

Weil die Ernte recht aufwendig ist, bauen überwiegend kleine Betriebe Zwetschken an. Wenn man es mit der Apfelernte vergleicht, wo ein Griff an die 180 Gramm Ertrag bedeutet, sind es bei der Zwetschke 25 bis 30 Gramm. Sie muss allerdings per Hand gepflückt werden, weil sie sonst beschädigt werden könnte, was dazu führt, dass sie schnell ungenießbar wird. Trotzdem beträgt die Ernte in Deutschland etwa 47.000 Tonnen – von denen alles im Land bleibt.  In Österreich sind es 1700, in der Schweiz 3900 Tonnen.

In Österreich ist die Zwetschke mit einem Pro-Kopf-Verzehr von etwa drei Kilogramm im Jahr eine der beliebtesten Sommerfrüchte. Zwei Drittel der österreichischen Zwetschken kommen aus der Steiermark, wo sie auf 145 Hektar professionell angebaut werden. In der Schweiz ernten Bauern die Früchte auf etwa 300 Hektar in den Kantonen Aargau, Thurgau und Basel-Landschaft, in Deutschland auf 4000 Hektar. Das Hauptanbaugebiet in Deutschland ist Baden-Württemberg, gefolgt von Rheinland-Pfalz und Bayern.

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Fakten

Der Name

In Österreich wird sie Zwetschke geschrieben, in Deutschland Zwetschge oder auch mal Zwesche oder Quetsche. Gemeint ist damit in der Regel die gleiche Frucht: In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die häufigste Zwetschkensorte die Hauszwetschke.

Die Geschichte

In Deutschland wurden Zwetschkenbäume schon zu Zeiten von Karl dem Großen landwirtschaftlich kultiviert. Es ist nicht endgültig geklärt, aber Fachmänner vermuten den Ursprung der Unterart der Pflaume in Damaskus. Die Beliebtheit des Obsts ist groß: Sie gehört zu den beliebtesten heimischen Steinfrüchten.

Das Getränk

Natürlich lässt sich die Zwetschke auch zu Getränken verarbeiten, zum Beispiel zu Saft. Aber genauso beliebt sind Brände wie Zwetschkenwasser oder der vor allem in osteuropäischen Ländern produzierte und getrunkene Sliwowitz. 

 

Wenn niemand mehr backt

Weil immer weniger Menschen backen, droht die Zwetschken-Kundschaft zu überaltern. Was aber nicht heißt, dass weniger Früchte gegessen werden. Das Backen übernehmen stattdessen in vielen bzw. den meisten Fällen Großbäckereien. Und weil es für diese einen zusätzlichen, vermeidbaren Arbeitsschritt darstellen würde, das Obst selbst zu entkernen, kaufen sie bereits steinfreie Zwetschken. Oft kommen die aus osteuropäischen Ländern wie Bosnien-Herzegowina, Serbien oder Mazedonien, wo die Arbeitsbedingungen der Entkerner nicht die besten sind. Deshalb gilt: Augen auf beim Zwetschkenkuchenkauf.

Aber natürlich kann man nicht nur Backen mit der Zwetschke: Sie wird frisch genossen, zu Kompott, Marmelade oder Saft verarbeitet, und in einigen Regionen werden Zwetschken auch zu Schnaps oder Likör veredelt, wie zum Beispiel Zwetschkenwasser oder Sliwowitz.

Auch in der Spitzengastronomie spielt die Zwetschke eine wichtige Rolle. Das liegt einerseits an dem süß-sauren, intensiven Aroma, das sich wunderbar mit herben Geschmäckern wie Wild oder Ente kombinieren lässt. Andererseits haben viele Menschen einen starken, emotionalen Bezug zur Frucht. Zum Beispiel der Chefkoch des Zwei-Sterne-Restaurants »Etz« in Nürnberg, Felix Schneider. Natürlich spielt er gerne mit dem Geschmack, indem er die Zwetschke mal räuchert, dann fermentiert oder trocknet. Da könne man tolle Sachen mit ihnen machen. Trotzdem bleibt sein Favorit: »Zwetschkenknödel meiner Uroma, ein einfacher, fester Teig nur aus Mehl und Wasser mit brauner Butter, Zimt und Zucker – köstlich!«

Gerade nach einem ereignisreichen, heißen Sommer sehnt man sich oft nach der Gemütlichkeit kürzerer Tage. Die Zwetschke ist wie ein Portal hinüber in den Herbst. Das liegt auch an den Gewürzen, mit denen sie sich gut versteht: Zimt, Nelken oder Vanille. Da macht es gar nichts, wenn die Temperaturen wieder fallen, die Schatten länger werden. Dann schließt man die Augen, nimmt einen Löffel vom Zwetschkenkompott, und alles wird fruchtig leicht.

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Sorten

Haganta
Sie wird auch die Riesenzwetschke genannt – mit bis zu 80 Gramm Gewicht. Am besten wird sie wegen ihres feinen Süße-Säure-Spiels frisch gegessen.

Haroma
Sie ist eher oval als rundlich und eher süß als säuerlich. Deshalb bietet es sich an, diese
Zwetschke zum Backen zu verwenden.

Presenta
Eine große, süße Zwetschke, manch einer nennt sie ein »Geschenk an die Gourmets«. Deshalb eignet sie sich auch sehr gut zum direkten Naschen.

Mirabelle
Sie ist so was wie die kleine Schwester der Zwetschke. Ihr Name bedeutet übersetzt »die bewundernswert Schöne«. Sie schmeckt roh, als Kompott oder als Brand. 

 


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