Erstes «Dosenrestaurant»
Sardinen, Makrelen, Tintenfisch, Muscheln, Seeigel, alles Konserven. Bunte Blechgebilde in vielen Farben, in greller Bemalung oder in elegantem Design, kleine Kunstwerke, manche davon gestaltet von berühmten Grafikern. Man kann sie im «Sol e Pesca» entweder über die Gasse kaufen oder eben den Inhalt gleich an Ort und Stelle verzehren – mit Weissbrot und Wein.
Das ungewöhnliche Lokal wurde vor einigen Jahren von einem ehemaligen Architekten gegründet; Lissabons erstes «Dosenrestaurant». Mittlerweile gibt es solche Lokalitäten in vielen europäischen Grossstädten – vor allem in London, Paris und Berlin. Dabei galt Fisch in Dosen in weiten Teilen Europas lange Zeit als rustikales Billigprodukt aus dem Supermarkt oder als Notversorgung im Katastrophenfall. Nur in Ländern wie Portugal, Frankreich und Spanien hatte Dosenfisch aufgrund einer langen Tradition immer schon einen etwas höheren Stellenwert. Hinzu kommt, dass in vielen Fällen auch die Qualität der Inhalte deutlich besser geworden ist, immer mehr Konservenhersteller haben neue Luxusdosen für Gourmets auf den Markt gebracht.
Natürlich zu anderen Preisen als die herkömmliche Supermarktware. 50 Gramm Seeigel aus der Dose können durchaus rund 15 Franken kosten, für Edel-Sardellen aus Spanien in «Serie Limitada» werden nicht selten bis zu 30 Franken für 120 Gramm verlangt. Mit Standardprodukten aus dem Supermarktregal hat das alles so gut wie gar nichts zu tun. Mittlerweile werden die wohlschmeckenden Inhalte mitunter sogar in Feinschmeckerrestaurants als Vorspeise kredenzt.
Auch in der Schweiz erfreut sich das edle Dosenfutter steigender Beliebtheit. Wegbereiter war Antonio Walther, der im Engadin ein wahres Fischimperium mit dem Namen «Plaun da Lej Resort» aufgebaut hat. Neben klassischen Meeresfrüchten und frischem Fisch spezialisierte er sich in den letzten Jahren immer mehr auf Dosen. In seinem legendären, zum Resort gehörenden Fischrestaurant «Murtaröl» serviert er unter anderem eine grosse Zahl an Jahrgangssardinen, darunter exklusive Vertikalen, also der Vergleich mehrere Jahrgänge, die aufzeigen, wie die geschmackliche Komplexität mit der Zeit steigt. Auch in Zürich bieten die ersten Restaurants den edlen Dosenfisch an. In der «Wirtschaft im Franz» beispielsweise stehen die Dosenspezialitäten fix auf der Karte und das Angebot wächst stetig.