Im Keller von Christoph Neumeister in Straden reifen die Weine der Perfektion entgegen.

Im Keller von Christoph Neumeister in Straden reifen die Weine der Perfektion entgegen.
© Neumeister

Sauvignon Blanc: Die »grüne Nummer Eins« fordert die internationale Konkurenz heraus

In den 1980er Jahren noch ein Mauerblümchen im Schatten von Welschriesling und Schilcher, hat Sauvignon Blanc mittlerweile die besten Weinkarten der Welt erobert. Falstaff hat den Top-Winzern einen Besuch abgestattet.

Heute nimmt die Sorte Sauvignon Blanc, die seit ihrer Einführung durch Erzherzog Johann Mitte des 19. Jahrhunderts kultiviert wird, in den steirischen Weinbergen anteilsmäßig bereits den ersten Rang ein, mit einer Anbaufläche von über 900 Hektar liegt sie bereits vor dem Welschriesling. Das bedeutet eine Steigerung des Sortenanteils in der Steiermark von nicht weniger als 200 Prozent allein in den vergangenen 15 Jahren und der Trend ist nach wie vor ungebrochen, was auch den Erfolgen und der wachsenden internationalen Nachfrage geschuldet ist. Die Anfänge des großen Erfolges des steirischen Sauvignon Blanc fallen mit der Gründung der Steirischen Klassik Winzer-Gruppe (STK) zusammen. Als die aufstrebende heimische Spitzengastronomie von Wien bis zum Arlberg nach dem »Gewitter« des Weinskandals nach österreichischen Weinen suchte, auf die man noch berechtigt stolz sein konnte, da war die Auswahl recht klein. In jener Zeit feierte der unbescholtene Wein der kleinen, aber feinen Wachau seinen Aufstieg und der Smaragd wurde zum Symbol des neuen Weißweinzeitalters in Österreich. Spätestens mit der steirischen Landesausstellung zum Thema Wein im Jahre 1990 wurde auch der »Grünen Mark« erstmals in Fach- wie Konsumentenkreisen ein gewisses Interesse entgegengebracht. Trockener, leichterer und gerne auch säurereicher Weißwein mit wiedererkennbaren aromatischen Merkmalen geriet zunehmend in den Fokus der Weingenießer. Und da hatte die Steiermark zur rechten Zeit einiges zu bieten: den lebendig-würzigen Welschriesling für den unkomplizierten Alltagsgenuss, den duftigen Gelben Muskateller und, ein Boom, der ebenfalls von hier ausging, die kernig-resche Rosé-Spezialität Schilcher

Grasig intensiver Beginn 

Und dann durften Herr und Frau Österreicher eine neue Rebsorte kennenlernen, deren intensiv grasiger Duft, unterlegt mit Nuancen von Grapefruit und Stachelbeeren, von Brennnesseln und Paprikaschoten sich in das kollektive Weingedächtnis als steirischer Sauvignon Blanc einbrannte. Seither durchlief diese Sorte in ihrem Wesen eine tiefgreifende Wandlung – zum Besseren wohlgemerkt. Aus dem sehr lauten, rustikalen Naturburschen wurden elegante, zurückhaltende Landadelige mit weltmännischem Auftritt. Auf dem Weg hin zum heute als selbstverständlich betrachteten Stilbild des facettenreichen, vom Terroir geprägten, Sauvignon Blancs, ausgebaut oft über Jahre im großen Holzfass, lag manche Irrung und Verwirrung. Neue kleine Eichenfässer aus Frankreich verholzten manchen Wein, Alkoholwerte bis 16 Volumenprozent ließen die Konsumenten zuerst staunen, dann aber schnell wanken. Die klugen Steirer haben ihre Lektionen sehr rasch gelernt und den Sauvignon Blanc vom Modewein zum echten Klassiker weiterentwickelt. Sowohl die Fachwelt würdigt heute die Spitzenweine in höchsten Tönen und Bewertungen und auch große internationale Panelproben bescheren den steirischen Sauvignon Blanc-Erzeugern nun bereits seit einigen Jahren einen Champion-Titel nach dem anderen. Im Jahr 2018 wurden in der Steiermark die drei DAC-Herkünfte Vulkanland Steiermark DAC, Südsteiermark DAC und Weststeiermark DAC ins Leben gerufen. Seit 2019 sind nun Weine im Handel, die diese drei Regionen, die für singuläre oder durch die Gesamtheit des jeweiligen Terroirs geprägte, gebietstypische Qualitätsweine stehen. Den Einstieg in eine dreiteilige Pyramide bilden die klassischen Gebietsweine der entsprechenden DAC-Herkunft als Fundament. Dann folgen die Ortsweine und hier beginnt die Geschichte für den Sauvignon Blanc besonders spannend zu werden.

Richtig starke Typen 

Im östlichen Weinbaugebiet der Steiermark, dem Vulkanland, hat man gleich neun Ortsweingebiete definiert, und in allen ist der Sauvignon Blanc als Leitsorte neben den weißen Burgundersorten vorgesehen, lediglich Straden hat daneben den Grauburgunder und Klöch natürlich den dort so wichtigen Traminer im Ortsweinprogramm. In der Weststeiermark sind vier Gebiete unter Ortsnamen definiert, es sind dies Ligist, Stainz, Deutschlandsberg und Eibiswald, hier sind Schilcher und Sauvignon Blanc tonangebend. Auf den kargen Gneis- und Schieferböden sowie unter dem Einfluss der kalten Fallwinde der Koralpe entstehen Weine mit vielschichtiger Frucht und einer vibrierenden Mineralität. Am besten entwickelt in Sachen Wiedererkennungswert haben sich die Ortsweine der Südsteiermark. Natürlich spielt ebenso die Handschrift des jeweiligen Winzers auch in diesem Mittelstück der DAC-Herkunftspyramide eine wesentliche Rolle, aber die vergangenen Jahre haben den Beweis erbracht, dass die Einteilung in nur ganze fünf Ortsweinappellationen goldrichtig war. Man hat die Orte Kitzeck-Sausal, Eichberg, Gamlitz, Ehrenhausen und Leutschach gewählt, weil sich diese mit fünf distinkten Bodenbedingungen decken, die auch im Sauvignon Blanc ihren aromatischen Niederschlag finden.

Fünf Orte: fünf klare Ansagen

Kitzeck-Sausal ist, mit Ausnahme der kleinen Flambergzone im Norden, mit Kalkstein, von Schieferböden geprägt, die in Österreich sehr selten zu finden sind. Die kargen Schieferböden geben den Weinen eine kühle, würzige, straffe und oft dunkle Mineralität mit verräterischer Rauchigkeit. Die warmen Kessellagen in Gamlitz mit ihrer Mischung aus Opok, Sandstein und Schotterböden sorgen für ein vielschichtiges, reifes Fruchtaroma mit gelben und roten Obstnuancen, das zu sehr ausdrucksstarken Weinen führt. Zart vegetabile Aromen entwickeln sich hier in den kühleren Rieden ab 400 Meter Seehöhe. Die Weine sind am Gaumen finessenreich und nuanciert im Geschmack. Am Eichberg dominieren leichte Schotter- und Sandböden, die steilen, oft exponierten Lagen reichen bis auf 600 Meter hinauf. Die Trauben reifen aufgrund der Seehöhe und der kühlen Ausprägung des Klimas später, die Weine sind in der Aromatik frisch-würzig und finessenreich und verfügen über einen leichteren Alkoholgehalt. In Ehrenhausen dominieren schwere Korallenkalkböden und solchen aus Tonmergel (Opok). Die Reben wachsen unter kargen Bedingungen und die Trauben reifen langsam und harmonisch. Die Weine brillieren mit feingliedrigen Zitrusnoten, besitzen gute Struktur am Gaumen sowie reife Säure und einen salzigen, feinwürzigen Abgang. Die Rebberge um Leutschach sind von Opok und Schotteranteilen definiert. Diese Kalkmergelböden und die starken Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind für eine dunkelwürzige, vielfältige Aromatik und kräftige, saftige Sauvignon Blancs verantwortlich. Mit etwas Übung kann man recht bald diese fünf unterschiedlichen Orts-Charaktere im Glas wiederfinden und sich umso mehr an der versatilen Rebsorte Sauvignon Blanc erfreuen.

Individualität. Große Riedenweine

An der Spitze stehen die Einzellagen, die seit 2023 in einer Rieden-Verordnung für die Steiermark klar definiert sind. Für die Gesamtfläche der steirischen Weinberge von 5096 Hektar sind aktuell 580 Rieden definiert. Auf dem Fundament von DAC-System und gesetzlich geschützter Riedenbezeichnung wird in der Zukunft eine Klassifizierung der einzelnen Lagen erfolgen. In einem ersten Schritt sollen Rieden von besonderer Güte als »Erste Lage«, die eine oder andere besonders bedeutende Riede auch als »Große Lage« klassifiziert werden. Diese Systematik, die bislang bereits von einigen wenigen Mitgliedsbetrieben privater Vereinigungen erprobt wurde, wird zukünftig in allgemeine Gültigkeit gesetzt werden. Die Weine aus offiziell klassifizierten Rieden, darunter werden nicht wenige aus der Sorte Sauvignon Blanc sein, werden dann als Botschafter und Aushängeschilder dienen, welche die steirische DAC-Herkunft in ihrer Eigenheit noch stärker bei den Konsumenten am nationalen wie internationalen Parkett verankern werden. Und damit schließt sich der Kreis, der vor gut vierzig Jahren mit der Geburtsstunde des neuen steirischen Weins begonnen hat. Damals lernten die österreichischen Weinfreunde, dass die Begriffe Zieregg, Nussberg, Hochgrassnitzberg und Kranachberg nichts anderes sind als ein Synonym für Sauvignon Blanc in höchster Qualität. Riedennamen, die Produkte garantieren, die sich mit den allerbesten Weinen der Welt messen können.


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Erschienen in
Steiermark Special 2023

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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