Ausreichend Bewegung im Freien, die Möglichkeit zum Wühlen und Suhlen sowie Kontakt mit Artgenossen – so sieht das perfekte Schweineleben aus. Lohn all der Mühen: Herausragende Qualität.

Ausreichend Bewegung im Freien, die Möglichkeit zum Wühlen und Suhlen sowie Kontakt mit Artgenossen – so sieht das perfekte Schweineleben aus. Lohn all der Mühen: Herausragende Qualität.
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Schwein gehabt: Wie artgerechte Haltung die Fleischqualität beeinflusst

Bestes Schweinefleisch kommt nicht von ungefähr. Die Wahl alter Haustierrassen, eine artgerechte Haltung sowie kurze Transportwege zur Schlachtung machen sich in Optik und Geschmack des Fleisches bemerkbar.

In der Erde wühlen, mit der Mutter aufwachsen, quer über Wiesen laufen – von der Geburt über die Aufzucht bis zum Ableben verbringen Labonca Sonnenschweine, eine Kreuzung der Schwäbisch-Hällisch und Duroc, ihren Alltag draussen. Nicht zufällig ging das Labonca Sonnenschwein als Sieger aus einer Blindverkostung der AMA im Herbst 2022 hervor: «Die Rassen, die ganzjährige Freilandhaltung und das angstfreie Ableben in unserem Weideschlachthaus sorgen für beste Qualität», erzählt Eigentümer Norbert Hackl. Bei Labonca in Burgau leben rund 600 Sonnenschweine auf 30 Hektar Freilandflächen.

Bei der Fütterung wird Wert auf eine Vielfalt an Getreide gelegt und auf Mais sowie Soja verzichtet. Sonnenschweine haben weniger Wasser im Muskel und mehr Muskelfasern. «Unser Weideschlachthaus», sagt Hackl, «ist so konzipiert, dass die Tiere bereits Tage vor der Schlachtung auf der Schlachthausweide leben und ohne Angst und Stress in gewohnter Umgebung aus dem Leben genommen werden – die beste Voraussetzung für optimale Fleischreifung und zartes, saftiges Fleisch.»

Tierwohl im Fokus

Wie Labonca setzen immer mehr Produzenten auf qualitativ hochwertiges Schweinefleisch. Der Trend bewegt sich in Richtung Tierwohl, Regionalität und Nachhaltigkeit, berichtet Florian Hütthaler von der Hütthaler KG mit Sitz in Schwanenstadt. Im Rahmen des Tierwohl-Projekts «Hütthalers Hofkultur» sollen die Rahmenbedingungen für artgerechte Tierhaltung neu definiert werden. «Die Schweine und Rinder unserer Partnerbetriebe», so Hütthaler, «wachsen in grosszügigen Ställen mit Auslauf, ständigem Zugang zu frischer Stroheinstreu und gentechnikfreiem Futter auf. Aufgrund des Auslaufs sind die Tiere robuster, fitter und beim späteren Transport viel gelassener als bei herkömmlichen Stallungssystemen.» Dabei verfolgt der Familienbetrieb, in dem in der vierten Generation Fleisch-, Wurst- und Schinkenprodukte veredelt werden, das «from nose to tail»-Konzept. «Eine vollständige Verarbeitung erweist dem Tier und auch dem Landwirt Respekt», so Hütthaler.

«Weisses Gold»

Auch in Wien entsteht hochwertiges Schweinefleisch. In Stammersdorf betreiben Alexandra und Oliver Kaminek nicht nur ihren Buschenschank «Biohof N°5», hier züchten sie auch Mangalitza-Schweine. Artgerechte Haltung mit viel Freilauf, einem Leben in der Herde und Ferkeln, die lange bei der Mutter bleiben dürfen, sind eine Selbstverständlichkeit. «Langsames Wachstum, viel eingelagertes muskuläres Fett und eine Standzeit von bis zu zwei Jahren ergeben Fleisch von aussergewöhnlichem Geschmack», berichtet Alexandra Kaminek. «Das Fett ist buttrig, was nur durch die langsame Fütterung und den grossen Bewegungsradius der Tiere möglich ist.»

Bio-Wurst

Eine der wenigen Bio-Wurstmanufakturen Österreichs befindet sich in Gars am Kamp. Im Familienbetrieb Schober werden seit sieben Generationen hochwertige Fleisch- und Wurstwaren hergestellt. Das langsame Wachstum der Bio-Schweine der Rassen Turopolje und Schwäbisch-Hällisch, die Haltung im Freien und die Fütterung mit Bio-Getreide, Grünfutter und Heu ergeben eine ausgezeichnete Fleischqualität, sagt Fleischermeister Roman Schober. «Die Transportzeit beträgt im Durchschnitt nicht mehr als 30 Minuten. Die Tiere kommen am Vortag bei uns in den Stall und schlafen noch eine Nacht, bevor sie am nächsten Morgen geschlachtet werden.»

Ebenso grosser Wert auf Tierwohl, Regionalität und Produktqualität wird in der Weinviertler Fleischhauerei Hofmann gelegt. Tiergerechte Haltung und kurze Transportwege sind in dem 1891 gegründeten Familienbetrieb Teil der Firmenphilosophie. Die über die Grenzen des Weinviertels bekannten Produkte des Hauses werden aus Fleisch vom Weinviertler Strohschwein und Zutaten aus der Region produziert. «Das Wohl des Tieres steht für uns im Vordergrund», so Firmenchef Franz Hofmann. «Nur so können wir Herkunft, Frische, Geschmack und Qualität unserer Produkte garantieren.»

Strohschweine aus dem Alpenvorland

Konsumenten und Gastronomie, sagt Fleischermeister Roman Schober, wünschen sich gutes Fleisch aus perfekten Haltungsformen und Schlachtung in einem Kleinbetrieb – «meistens sind sie aber nicht bereit, auch mehr dafür zu bezahlen.» Das bestätigt auch Johann Schlederer, Geschäftsführer des VLV – «Verband landwirtschaftlicher Veredelungsproduzenten» aus . Unter dem VLV-Markennamen Gustino werden bei rund 30 Bauern Strohschweine gezogen, die vorwiegend hofeigenes Futter fressen, 60 Prozent mehr Platz im Stall und eine Ruhezone mit Stroh-Einstreu haben. «Das ergibt», so Schlederer«, «saftiges Fleisch mit geringem Bratverlust.» Sein Wunsch: dass sich Konsumenten noch mehr mit hochwertigem heimischem Schweinefleisch befassen – und auch bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.


Gross & Gut

Auch grosse Produzenten setzen auf Qualität dank Tierwohl.

Berger Schinken: Die Schweine für das «Tierwohl»-Programm werden in Österreich gemästet, haben 100 Prozent mehr Platz als der gesetzliche Mindeststandard, Auslauf im Freien und einen Stroh-Liegebereich. Und es wird auf das Schwanzkupieren verzichtet.

Radatz: Der Wiener Familienbetrieb bezieht sein Schweinefleisch von Produzenten, die sich am Tierwohl-Prinzip der AMA orientieren. Dazu gehören ein ausreichendes Platzangebot, Rückzugsoptionen und die Möglichkeit für artgerechtes Sozialverhalten.

Höllerschmid: Vom Familienunternehmen aus dem Kamptal stammt neben Bio-Fleisch auch das Ötscherblick-Schwein. Die Tiere wachsen langsam, werden zu 100 Prozent mit regionalem Futter ernährt und haben einen überdachten Freiluftstall mit Stroheinstreu.

Loidl: Hier werden nach alter Rezeptur Kreationen wie naturgereifte Haussalami, aromatische Salami im Parmigiano-Reggiano-Mantel und mit Edelschimmel umhüllte Salami-Pralinen hergestellt. Letztere reifen bis zu zwölf Wochen in den 60 Reifekammern.

Messner: Familienbetrieb aus Stainz, hier werden feinste Fleisch- und Wurstwaren hergestellt. Zu Landjäger und Hauswürstel wird ausschliesslich heimisches Frischfleisch (AMA- und Bio-zertifiziert) verarbeitet.

Wiesbauer: Der Sous-Vide-Pionier hat  Bio-Schweinefleisch von Bio-Betrieben aus dem Mühlviertel sowie regional in NÖ produziertes Duroc-Schweinefleisch, aus besonders artgerechter Haltung und eingebettet ins AMA-Gütesiegel-Programm, im Angebot.


Sandra Wobrazek
Autor
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