Vino Nobile Pieve: Montepulciano stellt neuen Lagenwein vor
Vino Nobile zählt zu den traditionsreichen Weinen im zentralen Hügelland der Toskana. Im Vergleich zu den bekannten Nachbarn Chianti Classico und Montalcino hat die Denomination in den vergangenen Jahren etwas an Appeal verloren. Nun versucht man wieder Fuß zu fassen und lanciert mit dem Pieve einen hochklassigen Lagenwein.
Fortezza in Montepulciano im Februar vergangenen Jahres: Das Rednerpult war prominent besetzt, einige der bekanntesten Önologen und Weinbautechniker der Toskana saßen da am Tisch. Sie präsentierten die neue Top-Kategorie des Vino Nobile Pieve anhand von Fassproben des Jahrgangs 2021. Was in anderen Anbaugebieten die UGA (Chianti Classico) oder die MAG (Barolo/Barbaresco, Soave) sind, sind in Montepulciano die Pieve.
Pieve bedeutet so viel wie Pfarrei und nimmt das Bild der verschiedenen kleinen Kapellen auf, die über das Anbaugebiet des Vino Nobile verstreut sind. Diese Pieve waren identitätsstiftend für die Bewohner der verstreuten Gehöfte. Sie bilden aber auch geologische, geografische und klein-klimatische Eigenheiten, die sie voneinander unterscheiden.
Diese Unterschiede und der Leopoldinische Kataster aus dem 19. Jahrhundert waren die Grundlage für die Ausformung der insgesamt zwölf Pieve: Cervognano, Cerliana, Caggiole, Sant’Albino, Valiano, Ascianello, San Biagio, Le Grazie, Gracciano, Badia, Argiano und Valardegna. Dem breiten Weinpublikum und selbst Fachleuten sind diese Namen noch wenig geläufig. Aber es bleibt noch einige Zeit, sich damit vertraut zu machen. Die ersten Pieve-Weine, alle Jahrgang 2021, kommen nicht vor dem Jahr 2025 auf den Markt.
Was zeichnet einen Vino Nobile Pieve aus? Der Höchstertrag ist auf 7.000 Kilo pro Hektar begrenzt, der Anteil des Sangiovese muss mindestens 85 Prozent betragen, die Weinstöcke müssen ein Mindestalter von 15 Jahren aufweisen und der Wein muss mindestens drei Jahre reifen, davon zwölf Monate im Holzfass und zwölf Monate in der Flasche. Vom ersten Jahrgang wird es bescheidene 300.000 Flaschen geben, doch bereits mit dem Jahrgang 2022 steigt die Menge auf 700.000. Das ist rund ein Zehntel der Gesamtproduktion in Montepulciano. Die ersten Proben waren vielversprechend und auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Lagen waren gut erkennbar.
Ein Renaissance-Juwel
Montepulciano liegt im Südosten der Toskana an der Grenze zu Umbrien. Die Stadt mit ihren vielen sehenswerten Renaissancebauten zieht sich steil einen Hügel empor. Alljährlich von Ostern bis November füllen sich die steilen Gassen der Stadt mit zahlreichen Besuchern. Sehenswert ist die Piazza Grande, an der das Rathaus, der alte Brunnen und der Dom mit seiner unvollendet gebliebenen Fassade ein meisterliches Renaissance-Ensemble bilden. Unbedingt besichtigen sollte man auch die »Fortezza«, die alte Festung, ganz oben am Hügel. Nicht nur, weil man von dort eine traumhafte Aussicht auf das gesamte Umland hat, sondern auch, weil sich dort die Enoliteca del Consorzio befindet. Das Consorzio ist die Interessengemeinschaft aller Vino-Nobile-Produzenten, deren Weine man hier verkosten kann. Und weil die meisten auch Olivenöl erzeugen, kann man auch das hier verkosten, vergleichen und natürlich kaufen.
beste Verhältnisse
Vino Nobile hat eine lange Tradition und wurde bereits in der Renaissance von Dichtern besungen. Der Weinbau findet im Wesentlichen an den nach Osten hin zum Chiana-Tal abfallenden Hängen statt. Knapp 2.000 Hektar sind mit Reben bepflanzt, auf 1.200 davon wird Vino Nobile erzeugt, 320 Hektar sind für den Zweitwein Rosso di Montepulciano reserviert. Die Böden um Montepulciano sind im Vergleich zu Montalcino oder Chianti Classico lehmhaltiger, die Weine fallen insgesamt also etwas »kühler« aus.
Montepulciano zählt eindeutig zu den Gewinnern des Klimawandels. War es früher oft ein Problem, genügend Reife zu erreichen, so können nun die Lehmböden gerade in heißen und trockenen Jahren ihre Vorteile ausspielen: Sie können das Wasser besser halten, die Weine zeigen dadurch mehr Frucht und sind von saftigem Trinkfluss geprägt.
Wie in den umliegenden Gebieten ist auch in Montepulciano Sangiovese, die sich durch eher helle Farbe, feinen Duft, knackige Säure und kerniges Tannin charakterisiert, die dominante Sorte. Ein Vino Nobile di Montepulciano DOCG muss zu mindestens 70 Prozent aus Sangiovese bestehen. Den Rest dürfen sowohl traditionelle Sorten wie Canaiolo oder Colorino als auch Cabernet, Merlot oder Syrah bestreiten. Der Ertrag ist auf 8.000 Kilo pro Hektar begrenzt und die Reifezeit beträgt zwei Jahre, von denen der Wein mindestens zwölf Monate im Holzfass verbringen muss. Ein Vino Nobile di Montepulciano Riserva DOCG muss ein Jahr länger reifen und zeigt eine kräftigere Struktur. Der saftig-frische Rosso di Montepulciano darf auch nur im Stahltank ausgebaut sein und kommt früher in den Handel. Eine rare Spezialität ist der Vin Santo di Montepulciano, der aus angetrockneten Trebbiano- oder Malvasia-Trauben erzeugt wird und jahrelang in kleinen Holzfässern reift: ein köstlich süßes Elixier! Nicht verwechseln sollte man den Vino Nobile mit dem Sortenwein »Montepulciano«. Der ist dunkel und mächtig und wird in den Abruzzen und in den Marken angebaut.
Es gibt knapp 80 Betriebe, die Vino Nobile abfüllen. Die meisten von ihnen sind im Consorzio del Vino Nobile di Montepulciano zusammengeschlossen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben sich einige Leitbetriebe herausgebildet, die mit ihrem Namen für höchste Qualität aus Montepulciano stehen. Dazu gehören in erster Linie Poliziano und Boscarelli, aber auch Bindella, Salcheto, Tre Rose, Dei oder Contucci. Wer großartige Weine aus Montepulciano genießen möchte, sollte sich an diese halten.
Best of Nobile de Montepulciano
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