© Shutterstock

Weißes Gold: Käse den man kennen sollte – Feta

Griechenland ist eine der Wiegen der europäischen Zivilisation. Da überrascht es nicht, dass dort schon vor Jahrtausenden Käse hergestellt wurde. Uralt ist der Feta, der bis heute die beliebteste griechische Käsesorte im In- und Ausland ist.

Schenkt man dem antiken griechischen Dichter Homer Glauben, so versuchten sich einst schon die Zyklopen an der Kunst des Käsemachens: Im 8. Jahrhundert vor Christus beschreibt er in der Odyssee – einem seiner größten Werke –, wie der mythische Held Odysseus beobachtet, dass die einäugigen Fabelwesen in ihren Höhlen Schafe halten und ihre Milch zu Käse verarbeiten. Mehr noch: Odysseus stiehlt bei seiner Flucht sogar ein Stück dieses Vorläufers des heutigen Fetas. Überhaupt kommt Käse in der griechischen Mythologie öfters vor. So soll der Gott Aristaios das Käsen von Nymphen gelernt und sein Wissen dann den Menschen weitergegeben haben. Ob von Nymphen, Göttern, Zyklopen oder Menschen erfunden – fest steht, dass die Herstellung von Ziegen- und Schafskäse in Griechenland uralt ist. Das Land hat eine reiche Schäfertradition, bis heute werden auf abgelegenen Inseln Ziegen- und Schafherden von ihren Besitzern über die kargen Wiesen geführt und suchen sich dort ihr Futter. Im Gegenzug liefern sie Milch, Käse und ab und zu Fleisch.

Die erste moderne Beschreibung eines Käses, der identisch mit dem heutigen Feta zu sein scheint, stammt aus dem 15. Jahrhundert. Damals beschrieb der Italiener Pietro Casola, wie im Hafen der kretischen Stadt Heraklion ein im Holzfass gelagerter Käse in Scheiben geschnitten – auf Italienisch »fetta« – verkauft wurde. Aus diesem Begriff entstand dann der heutige Name Feta. Bis ins 19. Jahrhundert war seine gängige Bezeichnung nämlich »prosfatos«, auf Deutsch übersetzt »frisch« oder »kürzlich«, eine Anspielung darauf, dass er nicht lange gelagert, sondern frisch gegessen wird. Die Venezianer eroberten im 13. Jahrhundert weite Teile des heutigen Griechenlands, Kreta war sogar bis ins 17. Jahrhundert unter ihrer Herrschaft. Die lokale Kultur wurde maßgeblich von den Besatzern beeinflusst; unter anderem wurde die berühmteste aller griechischen Käsesorten zum Feta. Spätestens im 19. Jahrhundert hatte sich der Name im ganzen Land eingebürgert und den »Prosfatos« ersetzt.

Exportschlager Feta

Lange war Feta vor allem in Griechenland bekannt. Bis heute ist er dort der beliebteste Käse, rund 85 Prozent des Produktionsvolumens wird im Land selbst verspeist. Die internationale Bekanntheit begann mit der Abwanderung großer Teile der griechischen Bevölkerung: Ab dem 19. Jahrhundert gab es immer wieder Emigrationswellen aufgrund von Wirtschaftskrisen Kriegen und Armut. Die Griechen brachten ihren Lieblingskäse mit, der bald auch im Ausland gefragt war. Lange war der Import von ausländischer Frischware sehr kompliziert, weshalb die Auslandsgriechen selbst begannen, fetaähnlichen Käse herzustellen. Weil es nicht überall genügend Schaf- und Ziegenmilch gab, verwendeten sie dazu auch Kuhmilch.

Von seinem Ursprung; die Kuhmilch-Version schmeckte bedeutend milder und wurde, vor allem in Ländern ohne Schafskäsetradition, beliebter als das Original. Mit der Zeit wurden Länder wie Deutschland, Frankreich und besonders auch Dänemark zu großen Produzenten dieser Kopien und exportierten sie sogar als Feta. Das wiede­rum war für die Griechen nicht akzeptabel. Um den verletzten Nationalstolz wiederherzustellen, leiteten sie einen Prozess ein, um Feta EU-weit mit der Herkunftsbezeichnung »PDO« schützen zu lassen. Im Jahr 2002 wurde diese anerkannt, seitdem darf der Käse im Rest Europas nicht mehr unter diesem Namen hergestellt werden. Außerhalb der EU gelten diese Regeln nicht, weswegen man in Übersee weiterhin oft lokal produzierten »Feta« findet.

© Shutterstock

Laut Regelbuch darf Feta nur auf dem griechischen Festland und der Insel Lesbos gekäst werden. Er muss zu mindestens 70 Prozent aus Schafmilch einheimischer Rassen bestehen, als Zusatz ist nur lokale Ziegenmilch erlaubt. Wegen der großen Diversität der Tiere, der Kräuter, die sie fressen und der Klimata, in denen sie gehalten werden, gibt es beim Feta regionale Unterschiede. Generell ist Feta aus Makedonien und Thrakien recht weich und mild, er weist auch nur wenige Löcher auf. Käse aus Thessalien und Zentralgriechenland ist hingegen härter und schmeckt rustikaler, jener von der Peloponnes ist etwas trockener und sehr geschmacksintensiv.

Käse aus dem Fass

Die Herstellung von Feta ist nicht besonders kompliziert. Milch wird frisch in die Käserei gebracht und dort meistens pasteurisiert. Um den für Feta typischen, säuerlichen Geschmack zu erlangen, werden ihr Milchsäurebakterienkulturen zugefügt. Wenn die pasteurisierte Milch auf 35 Grad abgekühlt ist, wird Lab eingerührt – in wenigen traditionellen Betrieben wird es noch aus den Mägen eigener Milchlämmer gewonnen, meistens wird aber industrielles vegetarisches Lab verwendet. Nach einer knappen halben Stunde ist die Milch zur Dickete oder Gallerte geronnen, einer gelartigen Masse.

Sie wird mit einer Käseharfe zerteilt, so trennt man den festen Teil des Käses, den Bruch, vom flüssigen, der Molke. Der Bruch wird anschließend zum Abtropfen in rechteckige, gelochte oder gerillte Formen geschöpft. Innerhalb weniger Stunden werden die jungen Laibe fest und können aus der Form genommen, geschnitten und mit Salz eingerieben werden. Im nächsten Schritt werden die recht großen, rechteckigen Käselaibe in Metallbehälter oder – die traditionelle Methode – Holzfässer geschichtet. Nach ein paar Tagen Trockenreifung werden die Behälter mit Salzlake aufgefüllt.

Ohne Feta wäre der berühmte griechische Salat undenkbar. Lesbos ist die einzige Insel, auf der der Käse hergestellt werden darf. Sonst wird er nur noch am Festland produziert.
© Shutterstock
Ohne Feta wäre der berühmte griechische Salat undenkbar. Lesbos ist die einzige Insel, auf der der Käse hergestellt werden darf. Sonst wird er nur noch am Festland produziert.

Dann beginnt die eigentliche Reifezeit, die mindestens zwei Monate beträgt und aus zwei Phasen besteht: Die ersten 15 Tage bleiben die Behälter im 18 Grad warmen Reifekeller, dann werden sie in einen auf zwei bis vier Grad gekühlten Raum gestellt – in beiden herrscht 85 Prozent Luftfeuchtigkeit. Im Holzfass reifen die Käse in der Regel länger, sie bekommen mehr aromatische Komplexität. Nach maximal einem Jahr werden die Käselaibe im Fass oder Metallbehälter an Händler geliefert oder in Scheiben geschnitten und individuell in Plastik eingeschweißt. Nach dem Öffnen der Packung hält der Käse luftdicht verpackt im Kühlschrank fünf bis sieben Tage, wird er wieder in Salzlake gelegt, sogar bis zu einem Monat. Feta ist nicht nur essenzieller Bestandteil des griechischen Salats; es gibt unzählige traditionelle Rezepte, in denen er eine wichtige Zutat ist. Der griechisch-­orthodoxe Kalender enthält über 180 Fastentage, so wurden die Griechen Meister der fleischlosen Küche und Käse wurde zur wichtigen Proteinquelle. Feta kommt als Füllung im Spinatkuchen Spanakopita und im Käsekuchen Tiropita, in Omelettes, als Bratkäse und zum Füllen von Gemüse zum Einsatz, er wird aber auch einfach mit Olivenöl und Brot gegessen.

Natürlich eignet er sich auch für die kreative Küche. Auf der Social-­Media-App Tiktok wurde ein Rezept, in dem er die Hauptrolle spielt, millionenfach geteilt: Eine Pasta mit einer Sauce aus Feta, Cherrytomaten und Knoblauch, die gebacken und dann zerquetscht werden. Als das Rezept 2021 viral ging, verzeichnete die US-Bestellfirma ­Instacart einen 112-prozentigen ­Anstieg von Fetaverkäufen; in vielen Supermärkten der Welt war er kaum mehr zu bekommen. Der griechische Paradekäse mit der 3000-­jährigen Geschichte ist also sicher in der Gegenwart ange­kommen.

Feta passt nicht nur in traditionelle griechische Gerichte wie Spanakopita (Bild), sondern wurde sogar zum Social-Media-Trend.
© Shutterstock
Feta passt nicht nur in traditionelle griechische Gerichte wie Spanakopita (Bild), sondern wurde sogar zum Social-Media-Trend.

Verwandte Sorten

Auch außerhalb der durch die Herkunftsbezeichnung geschützten Gegenden wird in Griechenland Feta-ähnlicher Käse hergestellt, manchmal in sehr hoher Qualität. Dieser wird Lefko Tyri genannt, weißer Käse. Nach dem selben Prinzip entstehen in der Türkei und auf dem Balkan viele ähnliche Käse aus Kuh-, Schaf- oder Ziegenmilch oder einem Milchgemisch. Sie heißen ebenfalls oft »weißer Käse« in der lokalen Landessprache, in der Türkei zum Beispiel Beyaz Peynir, in Bulgarien Bjalo Sirene und in Slowenien Beli Sir.

Ebenso gibt es im arabischen Raum sowie im Kaukasus etliche verwandte Salzlakenkäse, wie den ägyptischen Domiati, den palästinensischen Nabulsi oder den georgischen Sulguni. Ähnlich ist auch der spanische Queso de Burgos, der allerdings sehr jung gegessen wird. Durch Auswanderer aus dem mediterranen Raum sind Salzlakenkäse in Übersee beliebt geworden, besonders in Lateinamerika, wo es etwa den mexikanischen Cotija aus Kuhmilch gibt. Im deutschsprachigen Europa werden ebenfalls weiterhin Käsesorten nach Feta-Vorbild hergestellt, sie heißen oft Salatkäse oder Hirtenkäse.

Lefko Tyri – weißer Käse

Auch in Regionen Griechenlands, in denen kein Feta hergestellt werden darf, gibt es Salzlakenkäse. Diese heißen meistens Lefko Tyri.

Der Lefko Tyri.
© Shutterstock
Der Lefko Tyri.

Beyaz Peynir – Türkei

Im türkischen Raum wird der Salzlakenkäse Beyaz Peynir aus Schaf-, Kuh-, Ziegenmilch oder einer anderen Mischung davon gekäst.

Der Beyaz Peynir.
© Shutterstock
Der Beyaz Peynir.

Bjalo Sirene

In Bulgarien gehört der weiße Käse zu den Grundnahrungsmitteln. Meistens wird er aus Schafmilch hergestellt.

Der Bjalo Sirene.
© Shutterstock
Der Bjalo Sirene.

Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Larissa Graf
Larissa Graf
Mehr zum Thema
Rezept
Dolmadakia
Die griechischen Dolmadakia, Weinblätter gefüllt mit Reis, sind ein Klassiker der mediterranen...
Von Christoph Schwarz
Spargel
«Spargel ist eine Diva»
Seit den 1980ern ist der Spargelkonsum in der Schweiz um etwa 300 Prozent gestiegen. Kultiviert...
Von Dominik Vombach