Die Umwelt vergisst nicht: Der Einfluss, den Kreuzfahrten auf Tier- und Pflanzenwelt haben, sollte nicht unterschätzt werden. Immer mehr Reedereien bemühen sich daher, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern.

Die Umwelt vergisst nicht: Der Einfluss, den Kreuzfahrten auf Tier- und Pflanzenwelt haben, sollte nicht unterschätzt werden. Immer mehr Reedereien bemühen sich daher, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern.
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Blaue Wellen, grüne Ziele: Wie Kreuzfahrten und Nachhaltigkeit zusammenpassen

Die Welt der Premium-Kreuzfahrten steht vor dem größten Wandel, den die Branche je erfahren hat.

 Neue Schiffe verändern die Standards punkto Größe und Luxus, während das Thema Nachhaltigkeit gleichzeitig massiv an Bedeutung gewinnt. Der Schutz von Fauna und Flora sowie der Erhalt der lokalen Strukturen in den angelaufenen Regionen gehören dabei zu den wichtigsten Zielen der Kreuzfahrtunternehmen.

Kreuzfahrten sind eine der elegantesten und faszinierendsten Arten des Unterwegsseins. Galten sie früher als Synonym für luxuriöses Reisen schlechthin, so hat sich das Angebot inzwischen längst diversifiziert. Klassische Luxusdampfer interpretieren heute die Eleganz vergangener Tage neu, während moderne Kreuzfahrtschiffe entspannte, aber dennoch nicht minder hochklassige Atmosphäre versprechen. Und die gigantischen Mega-Liner diverser Reedereien für 5000 oder noch mehr Passagiere bieten ohnedies für jeden Geschmack etwas, eine bunte Vielfalt an Aktivitäten und Unterhaltung an Bord, beinahe so, als hätte man eine Shopping-Mall, ein Entertainment-Center, ein Mega-Freibad und ein 3000-Betten-Hotel in eine Hülle gesteckt und aufs Wasser gelegt.

Jedoch ist das Image der Branche in den letzten Jahren auch gehörig in die Kritik geraten. Den Giganten wird vorgeworfen, die Meere zu verschmutzen, Unmengen an oft besonders schädlichen Treibstoffen zu verbrennen, den Massentourismus auch an entlegenste Orte zu bringen und deren soziales Gefüge dadurch nachhaltig zu gefährden und generell die Umwelt durch einen megalomanischen ökologischen Fußabdruck massiv zu schädigen. Wurden derartige Vorhaltungen früher meist einfach weggeschwiegen, so zwingt der Megatrend Nachhaltigkeit die Branche mittlerweile zum Umdenken. Und so setzen einige Reedereien inzwischen auf die größtmögliche Minimierung der schädlichen Auswirkungen ihres Business auf die Natur und deren Bewohner an Land und im Wasser.

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Der Abenteurer

Hapag-Lloyd Cruises, eine Tochterfirma von TUI, ist eine der renommiertesten Marken für Expeditionsreisen. Ihr exklusives Expeditionsschiff Hanseatic Spirit wurde im Jahr 2021 in Norwegen gebaut und ist das jüngste von drei Schwesterschiffen, zu denen auch die Hanseatic Nature und die Hanseatic Inspiration gehören. Mit Platz für 230 Gäste auf sieben Decks bietet die Hanseatic Spirit Expeditionsreisen auf Fünf-Sterne-Niveau. Ein besonderer Schwerpunkt im Programmangebot liegt dabei auf der Wissensvermittlung für umweltbewusste Gäste. Mit Experten-Keynotes und entsprechender Fachliteratur in den Bücherregalen der Bordbibliothek haben Interessierte die Möglichkeit, sich während ihrer Expeditionsfahrt intensiv mit der Umwelt und den Besonderheiten der bereisten Regionen auseinanderzusetzen.

Mit der Natur, nicht gegen sie: Das Beobachten von Meerestieren in ihren natürlichen Lebensräumen gehört auch für Schiffspassagiere 
zu den eindrucksvollsten Erlebnissen.
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Mit der Natur, nicht gegen sie: Das Beobachten von Meerestieren in ihren natürlichen Lebensräumen gehört auch für Schiffspassagiere zu den eindrucksvollsten Erlebnissen.

Die Königin

Die Reederei Regent Seven Seas gehört mit ihren Seven-Seas-Cruisern zu den Spitzenreitern der Branche, und Ende 2023 wird mit der Seven Seas Grandeur ein weiteres Prachtstück in See stechen. Mit 224 Metern Länge und Platz für 750 Gäste auf 20 Decks setzt dieser neue Super-Cruiser Maßstäbe in Sachen Komfort und Raumangebot. Die 375 Suiten mit einer Größe von 20 bis 271 Quadratmetern bieten den Gästen großzügig bemessene Rückzugsorte.

Im Rahmen ihres Nachhaltigkeitsprogramms »Sail and Sustain« legt der Mutterkonzern der Regent-Schiffe, Norwegian Cruise Line, besonderen Fokus auf umweltschonende Maßnahmen, darunter auch innovative Schritte im Wassermanagement. Moderne Hochdruckpumpen, Wasserfilter und Aufbereitungsanlagen ermöglichen etwa die Umwandlung von Salzwasser in Süßwasser. So müssen die Ozeanriesen in den Häfen kein Wasser mehr tanken und in den Destinationen bleibt das ohnedies meist knappe Trinkwasser bei der lokalen Bevölkerung.

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Las Vegas auf dem Meer

Die Royal Caribbean Group, einer der größten Player der Branche, baut mit der Utopia of the Seas aktuell ein wahres Wunderwerk der modernen Schifffahrt. Mit 18 Decks, Platz für 5668 Passagiere und 2000 Crewmitglieder bietet das Schiff eine schier unüberblickbare Palette an möglichen Aktivitäten, darunter 17 Wasserrutschen, Surfsimulator oder eine Zipline über das gesamte Deck. Für die gastronomischen Highlights sorgen 40 Restaurants und 21 Bars mit Live-Musik, dazu unterschiedlichste Show-Programme.

Jedes Schiff der Royal Caribbean Group kann auf CocoCay in den Bahamas anlegen, einer Privatinsel der Reederei, die an Vergnügungsparks wie Disneyland erinnert. Falls die Unterhaltungsmöglichkeiten an Bord für die Passagiere nicht ausreichen, bietet die Insel zusätzliche Attraktionen. Unabhängig davon gelten für dieses private Atoll der Luxus-Reederei strenge Umweltschutzregeln und es gilt als Meeresschutzgebiet.

Die Caribbean-Gruppe unternimmt aber noch weitere Schritte, um einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Jüngstes Beispiel ist das im Herbst 2022 eröffnete Kreuzfahrtterminal in Galveston, Texas. Es ist der erste Hafen weltweit, der 100 Prozent seiner benötigten Energie aus einer Fläche von insgesamt 30.000 Quadratmetern mit Solarpaneelen bezieht. Dieses Terminal hat die prestigeträchtige LEED-Zertifizierung (Leadership in Energy and Environmental Design) erhalten, ein Label, das bei internationalen Investoren hoch geschätzt wird.

Die private Insel Bahamas Coco Cay 
wurde von der Reederei Royal Caribbean 
Group zu einem Vergnügungspark umgestaltet, gleichzeitig unterliegt sie strengsten Umweltschutzregeln 
und ist ein Meeresschutzgebiet.
© Royal Caribbean International, SaltedLife
Die private Insel Bahamas Coco Cay wurde von der Reederei Royal Caribbean Group zu einem Vergnügungspark umgestaltet, gleichzeitig unterliegt sie strengsten Umweltschutzregeln und ist ein Meeresschutzgebiet.

Der Newcomer

Im Jahr 2022 verkündete der Hotel-Gigant Ritz-Carlton seinen Einstieg in die Welt der Megajachten und stellte damit die Weichen für eine neue Dimension des exklusiven Reisens. Die erste Jacht dieser neuen Flotte trägt den Namen Evrima, der aus dem Griechischen stammt und Entdeckung bedeutet. Die Evrima bietet Platz für 298 Gäste in insgesamt 149 Suiten, jede davon mit einer eigenen Terrasse. Was diese Luxusjacht jedoch wirklich auszeichnet, ist die Übertragung des typischen Ritz-Carlton-Hotel-Feelings auf das Wasser. Jede Suite wird, wenn gewünscht, von einem persönlichen Butler betreut, der für das Wohlergehen seiner Gäste sorgt. Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft der Evrima ist ihre Familienfreundlichkeit. An Bord wird nicht nur Unterhaltung für Kinder geboten, sondern auch ein pädagogisches Programm offeriert, das auf vier Säulen basiert: Meeresleben – lokale Kultur – nautische Navigation – Umweltbewusstsein. Ritz-Carlton legt großen Wert darauf, dass bereits die jüngsten Gäste nicht bloß unterhalten werden, sondern auch Werte und Wissen für die Zukunft vermittelt bekommen. Damit zeigt das Unternehmen, wie Luxus und Bildung miteinander verschmelzen können, während man die Welt auf einer der nobelsten Jachten die Welt erkundet.

The »Ritz-Carlton« bringt als erste Luxushotelmarke Service und Stil auf hohe See.
© The Ritz-Carlton
The »Ritz-Carlton« bringt als erste Luxushotelmarke Service und Stil auf hohe See.

Die Vorreiterin

Die MSC Euribia von MSC Cruises hat erst im Juni 2023 ihre Jungfernfahrt angetreten. Benannt nach der griechischen Meeresgöttin Eurybia, zu deutsch »die Gewaltige«, trägt sie diesen Namen vollkommen zu Recht, da sie Platz für mehr als 6300 Passagiere in 2.419 Kabinen auf zehn Decks bietet. Die Atmosphäre an Bord ist locker, leger und familienfreundlich, wodurch sie ein breites Publikum anspricht. Was MSC (Mediterranean Shipping Company) besonders auszeichnet, ist ihr Engagement für umweltfreundliche Schiffsreisen. Die Reederei mit Sitz in Genf legt großen Wert auf das Verhältnis zwischen Energieverbrauch und Effizienz, mit dem Ziel, die gesamte Flotte bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen.

Die MSC Euribia verfügt über einen Liquefied-Natural-Gas-Antrieb (LNG), ein umweltfreundlicher Kraftstoff, der schwefelfrei ist und die Treibhausgasemissionen um bis zu 25 Prozent reduzieren kann. Bereits seit 2017 werden zudem alle neuen Schiffe mit Landstromanschluss gebaut, um den Energieverbrauch in den Häfen zu minimieren, weil dadurch die Motoren nicht mehr rund um die Uhr laufen müssen.

Auch wenn ein Luxusliner im Hafen anlegt, bleiben alle mit fossilen Brennstoffen befeuerten Stromgeneratoren in Betrieb. Das soll sich mit neuen Hafenkonzepten ändern.
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Auch wenn ein Luxusliner im Hafen anlegt, bleiben alle mit fossilen Brennstoffen befeuerten Stromgeneratoren in Betrieb. Das soll sich mit neuen Hafenkonzepten ändern.

Die Alternativen

Wer die Ozeane auf wirklich traditionelle Art erleben möchte, hat die Möglichkeit, eine Segelkreuzfahrt bei Star Clippers oder bei Sea Cloud Cruises zu buchen. Überdimensionale Segel sorgen hier für den Vortrieb der eher klein gehaltenen Schiffe – die Sea Cloud etwa kann maximal 64 Passagiere aufnehmen.

Die MS Roald Amundsen von Hurtigruten Expeditions ist ein wegweisendes Schiff in der umweltfreundlichen Schifffahrt und trägt das Label des ersten Hybrid-Expeditionsschiffs der Welt. Mit ihrem elektrischen Antrieb und ihrer technologischen Fortschrittlichkeit setzt sie Maßstäbe für nachhaltiges Reisen auf dem Wasser. Das Schiff nutzt erneuerbare Energien und ist besonders geeignet für die Erkundung entlegener Destinationen, da seine emissionsarme Technologie dazu beiträgt, die Ökosysteme dieser Destinationen zu schützen.

Nahezu ganz ohne fossile Treibstoffe fährt die 
Sea Cloud über die Weltmeere. Der Luxusliner 
setzt auf Windantrieb und damit auf das 
ursprünglichste aller Schiffahrtserlebnisse.
© Sea Cloud Cruises
Nahezu ganz ohne fossile Treibstoffe fährt die Sea Cloud über die Weltmeere. Der Luxusliner setzt auf Windantrieb und damit auf das ursprünglichste aller Schiffahrtserlebnisse.

Nachhaltigkeit boomt

Fast jede renommierte Reederei hat sich mittlerweile umweltbewussten Zielen verschrieben. Jährliche Nachhaltigkeitsberichte sowie eigene Abteilungen für Nachhaltigkeit, Forschung und Umweltinnovationen legen Zeugnis für die Bemühungen ab, die Luxusschifffahrt zukunftsfit zu machen. Insbesondere die kritischen Stimmen im Mainstream haben dazu geführt, dass die Kreuzfahrtbranche ihr Image neu ausrichten muss, um wieder auf den richtigen Kurs zu gelangen. Denn von ihrer Faszination haben Kreuzfahrten kein bisschen verloren. Es geht nur darum, künftig mit wirklich gutem Gewissen ablegen zu können.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2023

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Anthony Torno
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