Aus einem Freundschaftsprojekt wurde nun eine öffentliche Bar.

Aus einem Freundschaftsprojekt wurde nun eine öffentliche Bar.
Julia Mähl

»Bruder« Bar in Hamburg eröffnet

Die Paul-Roosen-Straße auf St. Pauli hat Zuwachs bekommen: Seit dem 7. Januar gibt es hier im »Bruder« einen herzlichen Empfang, gute Drinks und viele Geschichten.

Er ist der geborene Gastgeber. Wenn Ömer Kantar die Türen seiner Bar namens »Bruder« öffnet, wissen alle: Hier ist jeder willkommen. »Ich möchte, dass das hier ein Ort für Begegnung ist, für Vielfalt, für Diversität«, erklärt er. »Alle, die offen mit allem umgehen können, sind hier eingeladen und sollen einen wunderschönen Abend haben.«

Die kleine Location, die etwa 20 bis 30 Leute fasst, liegt im Herzen St. Paulis, umgeben von kultigen Bars wie dem »Pelican«, dem »Ginst« – oder dem »Herr Schmöll«, zu dem das »Bruder« auch gehört. Denn tatsächlich ist es nur eine kleine Tür im Innenraum, die die beiden Bars voneinander trennt. Wer will, kann sogar mit Getränken hin und her wechseln.

Vom Pop-Up zur Bar

Als Ömer Kantar im November 2022 zum ersten Mal öffnete – damals nur als Pop-Up – war er selbst überrascht: »Gegen 22 Uhr konnte hier drin keiner mehr sitzen, alles mussten stehen. Der Laden war voll«, erinnert er sich. »Um die Leute hereinzubekommen, mussten wir die Stühle in den Keller tragen und um 3 Uhr hatte ich kein Eis, keinen Alkohol mehr.«

Weil in den folgenden Wochen immer wieder Nachfragen kamen, startete er einen zweiten Versuch und schnell wurde klar: Der Spaß an der Bar ist groß und die Gäste lieben sie. Seit Anfang Januar öffnet die »Bruder« Bar deswegen jeden Samstag, auf lange Sicht soll auch der Freitag dazukommen.

Doch was ist es, was die Leute an der gemütlichen, kleinen Bar mit den schwarzen Fliesen und dem »Prada« Baseballschläger an der Wand hinter der Theke so fasziniert? Ein großer Pluspunkt sind mit Sicherheit die Drinks: Auf der Karte stehen hier in erster Linie Cocktails, von Negroni über verschiedenste Margheritas und Sours, außerdem Manhattan und Martini. Dazu kommen Wein, »Ratsherren« Bier und alkoholfreie Cocktails. Nahezu alle Getränke sind vegan und was Ömer Kantar wichtig ist: Fast hinter jedem Drink, jeder Flasche an der Bar, steckt eine Geschichte. Der Wermut namens »Helmut« kommt aus der direkten Nachbarschaft, den Whiskey brennt eine Familie in den USA, die Alternative zum beliebten Haselnussschnaps »Frangelico« war ein Geschenk von Freunden und heißt hier »Fratello«, was auf deutsch übersetzt »Bruder« bedeutet. Nachfragen lohnt sich und Ömer Kantar liebt es, zu erzählen.

Doch neben den Geschichten, betont der Bar-Besitzer vor allem eines: »Ich möchte nicht die nächste hippe Bar auf St. Pauli werden«, sagt er. »Sondern dass sich hier jede Person willkommen fühlt und mit jedem Budget abgeholt wird. Wir haben uns eins geschworen, wir möchten keinen Cocktail über 9 Euro machen, egal was kommt. Das bleibt auch so.«

Und statt Preise zu erhöhen, setzt der Ömer Kantar noch einen drauf: »Aktuell haben wir nur das Bier von »Ratsherren«, demnächst kommt aber auch »Astra« dazu und wir wollen noch das Dortmunder »Wicküler« einführen«, verrät er. »Da kostet die Flasche Bier dann nur 1,80 Euro. Nicht weil ich damit irgendwen hier hereinlocken möchte. Sondern damit auch Leute dabei sein können, die gern mit ihren Freunden ein Bier trinken wollen, aber das Geld nicht mehr haben.« Schließlich wolle er nicht reich werden, sondern einen Raum für schöne Abende schaffen.

So geht es mit der »Bruder« Bar weiter

Und die Zukunft? Die hat noch einiges zu bieten, denn Ömer Kantar hat noch ein paar Ideen in petto: Neben dem zusätzlichen Freitag wolle er im Sommer die Bar am Samstag bereits ab 17 Uhr öffnen – damit seine Gäste die letzten Sonnenstrahlen noch mitnehmen können. Die Fensterfront der Bar lässt sich nämlich komplett öffnen, an schönen Tagen sollen Tische draußen stehen.

»Außerdem wollen wir einen Raum für Hamburger Künstler schaffen. Wer möchte, kann sich bei uns melden, die eigenen Kunstwerke hier aufhängen und präsentieren«, erzählt Ömer Kantar weiter. Das erste Kunstwerk hängt bereits, unübersehbar und groß an der hinteren Wand – allerdings noch aus früheren Zeiten: »Das ist von einem Künstler aus St. Pauli und trägt den Titel »Werner« – so hieß die Bar hier früher. Es stellt einen Menschen dar, wie man ihn sich auf St. Pauli vorstellt – ein alter Mann, recht grimmig, in Frauenkleidung, mit einem Affen im Kopf, mit Zigarette und Pelzschal«, beschreibt Kantar es. Das Bild gehöre einfach zur Bar, mache unter anderem ihren Charme aus.

INFO

Bruder
Paul-Roosen-Straße 19
22767 Hamburg

Julia Mähl
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