© Lena Staal

Cortis Küchenzettel: Heiße Luft und viel dahinter

Luft ins Eiweiß schlagen, mit Frucht und Zucker vermengen, erhitzen: Die Luft dehnt sich, die Masse hebt sich, das Wunder geschieht – Soufflé!

Soufflé wird als schweißtreibende und nervenaufreibende Form der Kunst des Kochens dargestellt. Das ist schade, wo es sich doch um Gericht gewordene Leichtigkeit handelt – und eine besonders ökonomische dazu (zumindest, wenn man nicht allzu viel vom nebenstehend angezeigten Grand Marnier verfeuert). Die erste Nennung eines Soufflés geht auf das Jahr 1813 zurück: Der Upper-Class-Koch Louis Ude publiziert in London »The French Cook« und beschreibt das Soufflé darin als »neue und extrem billige Art modischer Gerichte für Feste und Bälle«.

Die Mär, besonders anstrengend in der Herstellung zu sein, hat sich spätestens mit Erfindung des elektrischen Handmixers erledigt – sie könnte sich also langsam in wohlgefälligem Nichts auflösen. Stress bei der Soufflé-Bereitung kann man hingegen nicht ganz von der Hand weisen. Die Geschichten vom Eiklar, das nicht steif werden und dem Soufflé, das nicht aufgehen will, sind nicht aus der Luft gegriffen. Wer ein paar Grundregeln beachtet, wird das Wunder der Auferstehung im Ofen aber jedes Mal aufs Neue zu inszenieren wissen.

So sollte das Eiweiß nicht von ganz frischen Eiern stammen und nicht zu kalt sein. Beim Aufschlagen muss penibel auf Sauberkeit geachtet werden: Die Feinde von Eischnee sind Fett, Eigelb und Spülmittel. Das ist auch der Grund, warum man zum Aufschlagen kein Plastikgefäß verwenden sollte – dessen Oberfläche ist nicht glatt genug, weshalb auch nach gründlichem Abwaschen meist noch Spuren von Fett verbleiben. Viel besser: Metall oder Glas.

Des Weiteren hat die Erfahrung gelehrt, dass ein Spritzer Zitronensaft hilfreich ist, um frisch geschlagenes Eiweiß davor zu bewahren, gleich wieder in sich zusammenzufallen. Sobald der Eischnee fest und fluffig ist, wird er unter die eigentliche Soufflémasse gehoben. Das muss einerseits in gründlicher Weise geschehen, weil das Soufflé sonst nicht gleichmäßig aufgeht, anderseits aber auch in sehr vorsichtiger, weil die im Eiklar gefangene Luft sich bei allzu nachhaltigem Verrühren wieder verflüchtigen könnte. Idealerweise sollte die Masse beim Vermengen mit Eischnee deshalb lauwarm und weich sein.

All diese Vorsichtsmaßnahmen werden aber nicht fruchten, wenn der Koch im entscheidenden Moment seine Neugierde nicht zügeln kann: Während das Soufflé im Ofen ist, muss dessen Tür fest geschlossen bleiben. Zugluft und Temperaturunterschiede beim Backen sind der größte Feind des Soufflés und werden mit augenblicklichem Zusammenfallen geahndet. Dasselbe gilt fürs Servieren: Sobald die Formen aus dem Ofen kommen, muss es richtig schnell gehen. Deshalb schon vorab dafür sorgen, dass der Grand Marnier oder Cointreau bereit ist, erhitzt zu werden, damit er auch ja schön in Flammen aufgeht!

Zum Rezept


Erschienen in
Falstaff Nr. 10/2022

Zum Magazin

Severin Corti
Severin Corti
Autor
Mehr zum Thema
Zitrusfrüchte
Sorbetto al Limone
Das Zitronensorbet aus dem neuen Kochbuch «The Gourmand's Lemon» hat einen Retro-Touch in Form...
Rezept
Gebackene Holunderblüten
Darauf wartet Julian Kutos schon ein ganzes Jahr: gebackene Holunderblüten. Verfeinert mit...
Von Julian Kutos
Rezept
Olivenöl-Eis
Eine herrlich erfrischende Nachspeise für heiße Sommertage.
Von Thomas Brecher
Kulinarik
Der Tomatensuppen-Kuchen
Das Dessert kombiniert die herzhafte Wärme einer Tomatensuppe mit der angenehmen Süße eines...
Von Redaktion
Kulinarik
Fondants au Chocolat
Das leuchtend grüne Matchapulver, fein aus Grünteeblättern gemahlen, bereichert nicht nur...
Von Laure Kié