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Dänemark gewinnt den Bocuse d’Or Europe 2024

20 Teams kämpften in Norwegens Gastronomiehauptstadt um den Einzug ins Finale des wohl wichtigsten Kochwettbewerbs der Welt. Wie so oft behaupteten sich vor allem die skandinavischen Länder. Sowohl die Schweiz als auch Deutschland blieben diesmal auf der Strecke. Zumindest in Deutschland weiß man, warum.

Es ist der wichtigste Kochwettbewerb der Welt. 20 Teams kämpften am 19. und 20. März im norwegischen Trondheim um ein und dasselbe: den Einzug ins große Finale des Bocuse d’Or.

Am Ende triumphierten erneut die Skandinavier. Norwegen sicherte sich die Bronzemedaille durch Håvard Werkland, während Gustav Leonhardt aus Schweden die Silbermedaille gewann. Zum zweiten Mal in Folge überzeugt Dänemark, dieses Mal mit Sebastian Holberg Svendsgaard, die Jury und sichert sich mit seiner Interpretation der norwegischen Küche den ersten Platz.

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Neben ihnen qualifizierten sich sieben weitere europäische Länder für das internationale Finale, den Bocuse d'Or 2025: das Vereinigte Königreich, Frankreich, Ungarn, Italien, Island, die Slowakei und Finnland.

Zwei kulinarische Prüfungen

Der Bocuse d’Or, oft als die »Olympischen Spiele der Gastronomie« bezeichnet, wurde von der französischen Kochlegende Paul Bocuse ins Leben gerufen und versammelt seit 1987 alle zwei Jahre die Elite der internationalen Kochszene in Lyon. Das große Finale der Bocuse d'Or findet dort am 26. und 27. Januar 2025 statt.

Beim europäischen Vorentscheid hatten die Teams jeweils fünfeinhalb Stunden Zeit, die zwei Aufgaben des Wettbewerbs zu meistern. Gestartet sind sie ab 9:00 Uhr im Zehn-Minuten-Takt, zehn am Dienstag, zehn am Mittwoch. Im ersten Teil mussten die Kandidaten ein Tellergericht kreieren, das Rentierfleisch aus der Region Røros in Szene setzt. Und auch die zweite Aufgabe, die »Platte« drehte sich ganz um das gastronomische Erbe der Region. Auf ihr standen Skrei, ein typischer nordeuropäischer Kabeljau, Jakobsmuscheln aus Frøya und Stockfisch im Mittelpunkt. Ergänzt wurden sie durch drei Beilagen, von denen zwei ausschließlich aus pflanzlichen Zutaten bestehen durften. Schließlich musste eine Zutat enthalten sein, die den Geschmack des Teilnehmerlandes erkennen lässt – und zu guter Letzt musste Aquavit, Norwegens Nationalschnaps, in den Rezepten enthalten sein.

Team Deutschland.
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Team Deutschland.

Aus dem Aqua nach Trondheim

Die Chancen für Deutschland standen von außen betrachtet nicht schlecht. Zum dritten Mal ging Marvin Böhm aus dem Wolfsburger »Aqua« für die Bundesrepublik ins Rennen. Zusammen mit seinem Commis Hannes Hensel, ebenfalls aus dem »Aqua«, und Coach Marian Schneider entwickelte er über Monate hinweg die Gerichte Rentierleberpastete bayerische Art und Kabeljau & Jakobsmuschel mit Estragon und Mandel-Zwiebel-Bröseln.

Genauso lange leben sie in dieser Konstellation in einer »Bubble«, wie die drei Köche am Morgen des zweiten Tages erklären. Für Außenstehende nur schwer zu verstehen, wird das »Warum« erst greifbar, wenn man sich in der Halle umschaut, mit den Teams spricht und erlebt, wie sie stundenlang ihre ganze Energie in die zwei Aufgaben des Wettbewerbs stecken.

Mehr als 20 Jahre voraus

Gescheitert sei es am Ende nicht an Böhms kulinarischem Talent, dass laut seinem Coach »brutal« ist. Das eigentliche – bekannte – Problem: das fehlende Verständnis für Kulinarik und Gastronomie in Deutschland, gepaart mit einem Mangel an Förderung. Dies zeigt sich nicht nur an der spärlich besetzten Tribüne im Trondheim Spektrum vor der Küche des deutschen Teams. Am Ende reichte es dadurch nur für den drittletzten Platz.

Coach Schneider, selbst gelernter Koch, Unternehmer und kulinarischer Direktor des »Lago Hotels« in Ulm, erläutert den entscheidenden Unterschied: Während die skandinavischen Köche sich sechs Monate lang ausschließlich auf das Kochen konzentrieren konnten, musste das deutsche Team sich mit allen organisatorischen Aspekten selbst auseinandersetzen – von der Logistik bis zur Sponsorensuche. Das deutsche Team war nur ein Bruchteil der Größe der skandinavischen Teams. Kein Wunder, dass unsere nordischen Nachbarn uns mehr als 20 Jahre voraus sind, wie Schneider betont. »Sie haben erkannt, dass man die Kulinarik fördern muss« und haben einen ganzen Wirtschaftszweig darauf ausgerichtet. Wann es in Deutschland so weit ist, kann keiner der drei beantworten.

Team Schweiz.
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Team Schweiz.

Hochkarätige Jury

Aber auch die Schweiz vermochte die Jury nicht restlos zu überzeugen. Für sie ging der stellvertretende Abteilungsleiter des Hirsladen Salemspital in Bern Euloge Malonga mit Commis Fiona Wittwer ins Rennen. Sie versuchten die Jury mit einer »Hochzeit« zwischen norwegischem Rentier und Metzgete, einer traditionellen schweizerischen Schlachtplatte zu überzeugen. Rund 50 Punkte trennten sie vom Einzug ins Weltfinale in Lyon 2025.

Genau wie in Trondheim, wird sich dort im Januar die Elite des Kochens versammeln. Besonders die Jury ist hochkarätig besetzt. Neben Viki Geunes aus dem drei Sterne Restaurant »Zilte« in Antwerpen reiht sich Enrico Crippa aus dem drei Sterne »Piazza Duomo« aus dem italienischen Alba in die Liste, die genauso sternelastig weitergeführt werden kann. Allein sie entscheiden, wer die beliebte Auszeichnung mit nach Hause nehmen wird. Bewertet wird nicht nur nach Geschmack und Aussehen der Gerichte, es geht auch um Technik, die Arbeitsweise, wie das Team interagiert und ob sie ihren Arbeitsplatz während der ganzen Zeit sauber halten.

Sensorische Belastung

Zumindest wenn es um den Geschmack geht, versuchen die Kandidaten alle möglichen Faktoren einzuberechnen. Dazu zählt neben der Startposition auch der Stress und die sensorische Belastung in solch einer Umgebung. Und auch ihre Gaumen dürfe man nicht mit denen von Gelegenheits-Sternegastronomiebesuchern vergleichen, erklärt Schneider. »Sie sind geschult und ein solch hohes Niveau gewöhnt, dass man die Gerichte daran anpassen muss«.

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Das wissen natürlich auch die anderen Teams. Das Niveau ist unglaublich hoch, sodass selbst die Profis darauf achten müssen, nicht geschmacksblind zu werden. Die Grenzen des Geschmacks würden hier regelrecht ausgetestet, so Matthew Peters, Mitglied der Küchenjury und Gewinner des Bocuse d'Or 2017. Er vertritt die Vereinigten Staaten von Amerika, wo Mitte Juni erstmals der nächste nationale Vorentscheid stattfinden wird. Zwölf Länder werden in New Orleans, Louisiana, um nur fünf Plätze im Finale konkurrieren: Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Kanada, Kolumbien, Guatemala, Mexiko, die Dominikanische Republik, Uruguay und Venezuela.

Dass es für das deutsche Team nicht für den Einzug ins Finale gereicht hat, finden alle drei schade. Gegeben haben sie 100 Prozent, da sind sie sich sicher. Ob es ein nächstes Mal geben wird, bleibt unklar. Vor allem der 20-jährige Commis Hannes Hensel findet nach der Niederlage klare Worte: »So lange sich das Verständnis in Deutschland nicht ändert, macht es weder Spaß noch Sinn«.


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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