Philipp Hildebrand ist unter die Winzer gegangen: Der erste offizielle Jahrgang seines Bordeaux-Blends Vergaia aus Bibbona ist kürzlich lanciert worden. Falstaff hat ihn verkostet.
Soviel vorab: Der erste offizielle Wein vom toskanischen Weingut Vergaia von Philipp Hildebrand ist ein echter Geheimtipp für Fans der toskanischen Bordeaux-Blends. Kein Wunder, dem ehemaligen Chef der Schweizerischen Nationalbank und heutigen Vice Chairman der Investmentfirma BlackRock ist für seinen eigenen Wein nur das Beste gut genug. Das fängt schon beim Team an: Kein geringerer als der legendäre italienische Weinmacher Riccardo Cotarella konnte Hildebrand für sich verpflichten. Für den Import in die Schweiz arbeitet er mit der Firma Bindella zusammen. Rudi Bindella sen. ist seit Jahren mit ihm freundschaftlich verbunden – die beiden eröffneten etwa 2022 gemeinsam das Restaurant «Zafferano» in Zürich.
Nach einigen Jahren der Suche fand Hildebrand in Bibbona den perfekten Ort für seinen lang gehegten Wunsch des eigenen Weinguts. 2016 wurden die ersten Reben gepflanzt. Geplant war damals, ab 2020 einen einzigen, erstklassigen Wein zu machen. Doch 2019 trugen die Reben bereits Früchte und Riccardo Cottarella überzeuge Philipp Hildebrand, einen Prototypen auszubauen. Gesagt getan: Die Trauben für den Erstling wurden alle am gleichen Tag geerntet und verarbeitet. Angeboten wurden sie exklusiv im «Zafferano» in Zürich. «Zum 2020er war es dann schon ein rechter Sprung», sagt Philipp Hildebrand bei der Präsentation dieses ersten offiziellen Jahrgangs in Zürich. 2020 wurden die Sorten Merlot, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot alle separat und zum jeweils perfekten Zeitpunkt geerntet, individuell vinifiziert und ausgebaut und dann vermählt. Wie es sich für einen grossen Wein nach Bordelaiser Vorbild gehört.
Der Vergleich zeigt: Während der 2019er noch eher schlank und trinkig daherkommt, überzeugt der Jahrgang 2020 mit grosser Ausgewogenheit, viel Tiefe und – trotz junger Reben – komplexem Aromenbild. Falstaff vergibt 94 Punkte. Vom offiziellen Erstling gibt es keine 4000 Flaschen, die exklusiv in den Bindella-Restaurants «Zafferano», «Ristorante Bindella» In Gassen, «Conti» sowie «Ornellaia» in Zürich, im «Barbatti» in Luzern sowie im «Restaurant Chez Donati» in Basel angeboten werden. Eine exklusive Geschichte mit viel Potenzial. Kurz vor der Ernte 2023 wurde die eigene Kellerei fertiggestellt und in Betrieb genommen. Sie ist für maximal 25 000 Flaschen Jahresproduktion ausgelegt. Mehr sollen es nicht werden.
Philipp Hildebrand ist die Begeisterung für sein Boutique-Weingut anzuspüren, die Passion für erstklassige Weine. «Landwirtschaftliche Prozesse folgen den natürlichen Rhythmen und erfordern Ausdauer und Gelassenheit», gibt er zu Protokoll. «Wein ist ein organisches Wesen, das sich weiterentwickelt. Diese Langfristigkeit, Kontinuität, das finde ich sehr faszinierend. Gerade in meinem Beruf, wo vieles kurzfristig ist.»
Sattes, dunkles Rubinrot. In der Nase intensiv und klar mit Noten von Zwetschge, Brombeere und Cassis, dazu Nuancen von Gewürzen und mediterranen Kräutern. Mit Luft zeigen sich zusätzlich Noten von Rauch, Beerenkompott sowie vegetale und mineralische Nuancen von Grafit. Am Gaumen kompakt und kräftig aber ebenso elegant mit schönem Schmelz und bemerkenswert feiner, geschliffener Tanninstruktur. Langer, harmonischer Nachhall. Jetzt schon erstklassig, wird mit Reife aber noch zulegen.
