Rudi Bindella jr.

Rudi Bindella jr.
Rico Rosenberger

Falstaff-Talk mit Rudi Bindella jr.: «Gute Weine haben immer eine Chance»

Der Zürcher Unternehmer und Gastronom sprach mit Falstaff im Vorfeld der diesjährigen ProWein über die Zukunft der Weinbranche, seine eigene Weinlinie und den Wunsch, noch lange in dem prickelnden Umfeld der Weinwelt tätig zu sein.

Falstaff: Womit haben Sie aufs Jahr 2023 angestossen? Mit Champagner, weil die zuletzt befürchtete Rezession vielleicht doch ausfällt oder zumindest mild verlaufen wird? Oder mit Selters, weil Wein- und Weltlage einen absolut nüchternen Kopf erfordern?

Rudi Bindella jr.: Ich bin Optimist, auch wenn der Himmel mit Wolken durchzogen ist. Und ich bin ­Traditionalist. Darum: Es muss Schaumwein sein! Seit 2019 sind wir stolzer Importeur von Ferrari aus Trento: Die Schaumweine der Familie Lunelli werden wie Champagner in der Flasche vergoren. Und sie sind von der Basislinie »Maximum« bis zum ­Premium-Spumante »Giulio Ferrari« ­qualitativ alle hervorragend.

Es heisst, dass sich derzeit sowohl ganz ­billige als auch Luxusweine gut am Markt behaupten. Welche Marktchancen sehen Sie für den mittleren Preisbereich, etwa zwischen acht und 25 Franken?

Gute Weine und gute Unternehmer haben immer eine Chance. Wir sind aktuell daran, eine neue Weinlinie aufzubauen: «Più Vino». Wir konzentrieren uns auf die 25- bis 35-Jährigen, die mögen es preislich attraktiv unter 20 Franken. Und sie suchen coole Weine, stylishe Etiketten, nachhaltige Qualität. Insofern glaube ich persönlich an die Entwicklung des mittleren Preissegments.

Gibt es Länder, Regionen, Rebsorten, denen Sie in Zukunft vermehrt Aufmerksamkeit widmen wollen?

Vielversprechende Entdeckungen haben wir bereits in Südfrankreich, Languedoc-Roussillon, gemacht. Spannend sind auch Weine aus Deutschland, Griechenland und Spanien.

Wein wird oft als ein besonders «emotionales» Produkt beschrieben. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Gefühle, Stimmungen, Erlebnisse oder Erfahrungen, die Menschen mit gutem Wein verbinden?

Menschen verbinden Wein oft mit Geselligkeit, mit schönen Momenten, beispielsweise einem stimmungsvollen Erlebnis im Restaurant oder auch zuhause. Der richtige Wein macht das Essen erst perfekt – und umgekehrt. Weingeniesser:innen möchten immer mehr über das Produkt oder die Arbeit im Rebberg wissen. Sie kaufen den Wein im Sinne einer persönlichen Trouvaille gerne direkt ab Gut. Darum gewinnt der Önotourismus aus meiner Sicht immer mehr an Gewicht.

Wenn die berühmte Fee käme und Ihnen verspräche, drei Wünsche zu erfüllen, die mit Wein zu tun haben: Worum würden Sie sie bitten?

Erstens, dass ich Zeit meines Lebens in diesem prickelnden Umfeld der Weinwelt tätig sein darf. Zweitens, dass wir mit der Projektidee «Più Vino» erfolgreich sein werden. Und drittens, dass wir mit der Winzerfamilie Antinori mindestens noch 70 weitere Jahre (wir feiern dieses Jahr das 70-Jahre-Jubiläum unserer gemeinsamen Geschichte) zusammenarbeiten dürfen.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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