»Heaven's Kitchen« wurde bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

»Heaven's Kitchen« wurde bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet.
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»Heaven’s Kitchen« in Stuttgart: Veganer Genuss ohne Reue und Teller

Ein neues veganes Restaurant in Stuttgart sammelt Preise für sein Zero-Waste-Konzept. Im Keller steht eine Kompostieranlage, auf die Tische kommt abends kein Geschirr.

Das muss man wohl Hochstart nennen: Erst wenige Monate in Betrieb, hat »Heaven’s Kitchen« schon zwei Preise gewonnen: Nach dem Deutschen Gastro-Gründerpreis ist nun ein Sieg beim WeltverbEsserer-Wettbewerb hinzugekommen. Und auch bei einigen anderen Awards ist das vegane Restaurant noch im Rennen.

Für die Gründerin Tanja Goldstein eine schöne Bestätigung für ihren Invest, denn sie hat an Stuttgarts Partymeile Theodor-Heuss-Straße nicht nur die Räume im Erdgeschoss gepachtet, wo sich zuvor ein Samsung-Reparatur-Filiale befand. Die 47-Jährige hat gleich das ganze Haus gemietet und saniert. Auf drei Etagen sind Firmen einquartiert, die eine Hausgemeinschaft bilden und ihre Idee teilen, »dass sich auf der Welt etwas verändern muss«, so Goldstein. Eine weitere Etage steht für die Kochschule zur Verfügung. Und dann gibt es noch Veranstaltungsräume samt Dachterrasse mitten in der City von Stuttgart.

Gründerin Tanja Goldstein
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Gründerin Tanja Goldstein

Als Visitenkarte für die Öffentlichkeit aber ist »Heaven’s Kitchen« mit ihren 40 Plätzen und einem Außenbereich an der vielspurigen »Theo« von besonderer Bedeutung. Die letzte Gastronomie an dieser Stelle war die Bar »Rohbau« von Yvette Zimmerle, die mit ihrem Mann inzwischen eines der besten Weingüter im Remstal bewirtschaftet. Auch in »Heaven’s Kitchen« ist das Ambiente mit sichtbarem Beton bewusst roh gehalten, aber mit einem Sternenhimmel stimmungsvoll illuminiert.

Für die Nachhaltigkeitspreise entscheidend: Es handelt sich nicht nur um eine vegane Location, sondern man verfolgt auch das Zero-Waste-Prinzip, also möglichst wenig Müll zu produzieren und möglichst wenig Energie und Wasser zu verbrauchen. Im Keller steht eine für 15.000 Euro angeschaffte Kompostieranlage. In dem klaviergroßen Kasten wälzt und erhitzt eine Turbine die Essensreste, die selbst bei einem Leaf-to-Root-Prinzip anfallen, bis sie wie Kaffeepulver aussehen, das bei unserem Besuch nach Orangen und Sellerie riecht. Bis zu 100 Kilo kommen pro Woche zusammen, mit denen ein Bauer vor den Toren der Stadt seine Felder düngt.

Nicht so recht zum Zero-Waste-Gedanken will das »Heaven’s 7 Senses« passen, mit dem vor Kurzem die als Frühstücks- und Lunch-Adresse gestartete Location auf drei Abende die Woche erweitert worden ist. Dabei verzichtet man auf Geschirr und inszeniert die vier Teile des Hauptgangs – etwa Selleriefilets mit Mandel-Kräuter-Kruste, Süßkartoffeln mit veganer Ziegenfrischkäse-Crème, karamellisierte Möhren-Tarte-Tatin oder Polenta mit Austernpilzen und vielen weiteren Beigaben – auf Backpapier direkt auf dem Tisch. Für die Desserts mit ihren drei Hauptkomponenten wird dann frisches Backpapier ausgelegt. Wie die Ökobilanz von diesem Verbrauch im Vergleich zu Geschirr ist, hat Goldstein nicht durchgerechnet, sagt jedoch: »Schlechter als spülen ist das nicht.«

Aber darum ginge es ihr bei »Heaven’s 7 Senses« gar nicht, sondern darum, mit dem trendigen Sharing-Prinzip Aufmerksamkeit zu erzielen und »beim Gast eine Begeisterung für vegane Ernährung zu wecken« – die bei vielen immer noch als freudlose Angelegenheit abgespeichert ist. Und »gerade Stuttgart ist ein schwieriger Standort«, wo sich rein vegane Restaurants fast an einer Hand abzählen ließen. »Wir möchten keine Bubble für Veganer sein, sondern ein bunt gemischtes Publikum ansprechen«, sagt Tanja Goldstein, die sich seit drei, vier Jahren vegan ernährt. Als Gastronomin ist sie wie viele in ihrem Team eine Quereinsteigerin. Die studierte Kapellmeisterin hat noch bis Januar gelegentlich das Orchester in Stuttgarts Musical-Theater dirigiert. Ganz aufgeben möchte sie das nicht, aber mit wachsendem Erfolg ihrer Firma »Urban Concepts« und »Heaven’s Kitchen« muss sich noch zeigen, wie viel Zeit für die Musik bleibt.

»Heaven's Kitchen« hat Mittwoch bis Samstag von 10 bis 15 Uhr geöffnet, von Donnerstag bis Samstag sind die Türen zusätzlich von 18 bis 23 Uhr aufgesperrt.

Info

Heaven’s Kitchen
Theodor-Heuss-Straße 26
70174 Stuttgart
heavenskitchen.rocks

Matthias Ring
Autor
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