Microgreens von Umami. Eine Art Indoor-Permakultur in der Stadt

Microgreens von Umami. Eine Art Indoor-Permakultur in der Stadt
© Umami

Made in Zürich: Eine Stadt der kreativen Qualität

Bei «Made in Zürich» ist der Name Programm, die Initiative fördert die urbane Produktion – auch im Foodbereich, aber lange nicht nur. Der Produktionsstandort Zürich ist vielfältig wie nie.

«Made in …» steht oft vor Ländern wie China, Taiwan oder auch mal Switzerland. Doch auch der Hinweis «Made in Zürich» findet sich auf Produkten. Wird hier in der Bankenmetropole wirklich irgendetwas produziert, das dreckige Hände hinterlässt, Schweiss fliessen lässt und Muckis voraussetzt? Etwas, das kein Luxusgegenstand ist und eventuell sogar so banale Bedürfnisse wie Hunger, Durst und kalte Füsse befriedigt? Ja, es wird, und zwar zunehmend und immer sichtbarer. Dank einiger kreativer Köpfe besteht in Zürich ein Netzwerk, das die Produktion wieder näher an den Konsumenten bringen will und die Bedingungen dazu für Produzierende und Konsumenten schaffen will. Sein Name: «Made in Zürich».

Das Gewerbe kehrt zurück

Bis weit in die 1960er-Jahre war Zürich ein Industrie- und Gewerbezentrum. Die Zahl von Arbeitsplätzen in diesem Sektor hat sich zugunsten von Finanz- und Dienstleistungsbetrieben bis heute geviertelt. Doch seit einigen Jahren kommen sie zurück, die verschwundenen Produktionsbetriebe und Retailflächen. Sie kommen in neuen Erscheinungsformen und prägen das Stadtbild vom Zentrum aus mit neuen Ideen. Was Hildegard und Berta für die Stadtgründung Zürichs waren, sind Markus Freitag und Johannes Eisenhut für die Bewegung «Made in Zürich».

Die zwei frommen Frauen wurden von einem leuchtenden Hirschen bei ihrer nächtlichen Suche geleitet, die beiden kreativen Komplizen von ihrer Überzeugung, dass Zürich mehr zu bieten hat als «Made in irgendwo» und Tourismus als Hauptgewerbe. So quasi das Flaggschiff der Made-in-Zürich-Initiative und eine erfreuliche Erfolgsgeschichte sind die Blachentaschen der Gebrüder Markus und Daniel Freitag, die weit über die Schweiz hinaus bekannt sind. Seit 1993 werden sie zuerst mit einfachsten Methoden produziert, und schon bald erreichten sie Kultstatus. Die aus gebrauchten Lastwagenblachen gefertigten Taschen stehen für Innovationskraft, Kreativität und Umweltbewusstsein und gelebte Nachhaltigkeit.

 

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Kräfte bündeln

Vor fünf Jahren war der Standort des aus Schiffscontainern gebauten Freitag-Towers auf dem Geroldareal bedroht durch ein Grossbauprojekt. Und hier kommt Johannes Eisenhut ins Spiel, der Geschäftsführer der Immobilienentwicklerinnen Senn Development, der unter anderem auch das Gewerbehaus Noerd in Zürich-Oerlikon initiierte und schuf, den neuen Standort für die Taschenproduktion von Freitag. Bei der gemeinsamen Suche nach alternativen Standorten oder einem eigenen, grösseren Projekt für das Areal entstand die Idee, unter dem Label «Made in Zürich» mehrere gleichgesinnte Produzent:innen unter einem Dach zu versammeln, welche in Zürich produzieren und vielleicht auch in Zukunft gemeinsam in einer entsprechend attraktiv gestalteten Umgebung ihre Produkte anbieten.

Freitag und Eisenhut unterbreiteten der Stadtpräsidentin und den Planungsverantwortlichen der Stadt ihre Idee der Made-in-Zürich-Initiative und stiessen auf offene Ohren und Türen: Die Stadt hatte schon vorher als ihren planerischen Strategieschwerpunkt die urbane Produktion fest­gelegt. Mit der städtischen Anschubfinanzierung und reger Mitgliederbeteiligung wurde «Made in Zürich» schnell erfolgreich. Die Gruppierung entscheidet seit dem Anfang über jeden Neueintritt und unterscheidet zwischen «Supporter», die den Verein ideologisch und durch ihren Mitgliederbeitrag unterstützen, und «Member», die in der Stadt produzierend tätig sind.

Stadtführung zur Produktion

«Made in Zürich» lässt sich alleine rund um den Zürcher Hauptbahnhof in vielen Facetten erleben, so etwa an der Stadtführung von Zürich Tourismus zu dem Thema. Während rund zwei Stunden lernt man dabei handgefertigte, lokale Produkte sowie originales Zürcher Design kennen. Die vorgestellten Geschäfte überzeugen durch innovatives Design, nachhaltige Produktion und Werterhaltung sowie durch ausgeklügelte Funktionalität. Fast symbolträchtig der Auftakt in der Soederboutique im Untergrund: Hier kann man seine Hände einmal wirklich in Unschuld und verschiedenen Duftnoten waschen. Seife ist von Natur aus antibakteriell und selbstkonservierend. Soederseife wird aus 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen in Schwerzenbach bei Zürich hergestellt und hinterlässt ein reines Gefühl sowohl im Kopf als auch auf den Händen. Direkt an der Zollstrasse sind weitere überraschende Stationen zu Hause:

Die kultige Zuriga-Kaffeemaschine besticht nicht bloss durch schlichtes Design, sondern auch mit einem Espresso, der keine Wünsche offen lässt. Hergestellt wird sie in der Manufaktur in Zürich Altstetten, der zentrale Verkaufsraum beim Hauptbahnhof ist selbstverständlich auch ein Beratungszentrum samt Reparatur- und Ersatzteilangebot. Dass Chilipflanzen so vielfältig und zum Greifen nah im nächsten Store gekostet, gekauft und sowohl kulturhistorisch als auch gastronomisch von Ladenbesitzer Beat Heuberger erläutert werden, ist eine weitere Attraktion des Produktionsstandortes. Sie steht für eine Bewegung, die sich immer mehr Gehör verschafft.

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In der Stadtkäserei ein paar Türen weiter kann das Käsehandwerk erlebt werden, bei Reseda kann man Möbel nach Mass anfertigen lassen, beim Bierwerk Bier beim Gären zuschauen und frisch abgezapft geniessen oder bei Oxblood einen Masshut anfertigen lassen. Die Vielfalt alleine um den Zürcher Hauptbahnhof scheint grenzenlos. Alle Members der Initiative «Made in Zürich» produzieren in der Stadt Zürich oder gedenken, einen grösseren Teil ihrer Wertschöpfungskette in die Stadt zu verlagern.

Sie sind aktive, produzierende Betriebe und verfügen über ein Stimmrecht. Sie können das Member-Logo in ihrer Kommunikation verwenden. Und wer sogar noch die «Appellation d’origine» Made in Zürich erreichen will, muss sich verpflichten, dass seine Produkte nachweislich zu relevanten Teilen in Zürich hergestellt werden. Der Hinweis «Made in Zürich» auf Produkten ist also mehr als die Auslobung eines Produktionsstandortes, sie steht für eine Bewegung, die sich immer mehr Gehör verschafft.

Erschienen in
Food Zurich Spezial 2023

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Monica Herzog-Arquint
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