Der Zürichsee ist ein wichtiger Trinkwasserspeicher, er wird befischt und an seinem Ufer wächst bester Wein. Er ist ein Genuss-See der Extraklasse.

Der Zürichsee ist ein wichtiger Trinkwasserspeicher, er wird befischt und an seinem Ufer wächst bester Wein. Er ist ein Genuss-See der Extraklasse.
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Speisekammer Zürichsee

Der Zürichsee ist prägend für Stadt und Region. Er ist das Wahrzeichen der Stadt, wichtiger Trinkwasserspeicher, bedeutend für die Fischerei, und an seinen Ufern gedeihen authentische Weine – einer davon reift sogar inmitten der Zürichseewellen.

Es gibt Dinge, die niemals ihren Reiz verlieren. So wie der atemberaubende Ausblick auf den Zürichsee, wenn man über die Quaibrücke schlendert. Nicht ohne Grund gehört dieser Ort vermutlich zu den beliebtesten Fotomotiven der Zürichtouristen, denn egal, ob der See sich dramatisch oder ruhig präsentiert, der Ausblick mit den Alpen in der Ferne ist immer beeindruckend. Ohne See wäre die Stadt Zürich sicher nicht dieselbe. Er ist nicht nur das Wahrzeichen der Stadt, sondern der gesamten Region.

Im Sommer baden die Zürcherinnen und Zürcher in seinem tiefblauen Wasser, picknicken an seinen Ufern oder umrunden ihn mit dem Rad. Neben all seiner Schönheit und seinen Naherholungsqualitäten ist der Zürichsee aber auch der wichtigste Trinkwasserspeicher des Kantons. Täglich werden ihm rund 125 Millionen Liter Trinkwasser entnommen, jenes, das aus den Wasserhähnen der Stadt fliesst, stammt zu 70 Prozent aus dem See. Und obwohl der Zürichsee ein bedeutender Trinkwasserspeicher ist, sind in ihm noch genügend Nährstoffe für Fische vorhanden. Ganz anders als beispielsweise im Vierwaldstätter- oder Bodensee, wo das Wasser zu sauber ist und die Fischbestände gering.

Der 88 Quadratkilometer grosse Zürichsee zählt mit dem viermal so grossen Genfersee zu den mit Abstand wichtigsten Seen für die Berufsfischerei in der Schweiz. Einer der Fischer, die hier tagtäglich ihre Netze auswerfen, ist Adrian Gerny, dessen kleine Fischerei sich auf dem «Campingplatz Fischers Fritz» in Zürich Wollishofen befindet. Gerny und seine drei Mitstreiter sind mit zwei Booten auf dem Zürichsee unterwegs, arbeiten aber auch mit diversen Partnern an unterschiedlichen Seen in der Schweiz. Die Fische, die gefangen werden, landen hauptsächlich auf den Tellern des «Restaurants Pumpstation».

Dabei handelt es sich hauptsächlich um Rotaugen und Felchen, wie Gerny berichtet. Vor allem im Frühjahr aber landen diverse Weissfischarten wie Schleihen oder Brachsmen in den Netzen. Bei Gastronomen sind Gernys Fische überaus gefragt. «Die Leute legen immer mehr Wert darauf, zu wissen, was sie auf dem Teller haben. Sie wollen lokale Produkte und nichts mehr, das um den halben Globus geflogen wurde», berichtet Gerny.

Die Seepromenade bei Zürich ist Naherholungsgebiet für die Bewohner der Stadt. Der See liefert aber auch kulinarisch viel Genuss.
Foto beigestellt
Die Seepromenade bei Zürich ist Naherholungsgebiet für die Bewohner der Stadt. Der See liefert aber auch kulinarisch viel Genuss.

Delikate Neophyten

Paradoxerweise gehören heute zu den regionalen Produkten des Zürichsees nicht nur heimische Fischarten wie Egli oder Felchen, sondern auch Arten, die einstmals von weit her eingeschleppt wurden. Die asiatische Körbchenmuschel etwa, die erstmals 1997 im Rhein bei Basel nachgewiesen wurde und mittlerweile in der ganzen Schweiz und eben auch im Zürichsee verbreitet ist. Im Zürichsee gab es seit Ende der 1990er-Jahre zwei grosse Invasionswellen: Der Grosse Höcklerflohkrebs und die genannte asiatische Körbchenmuschel. Einheimische Fische leiden unter den gefrässigen Eindringlingen, da sie ihnen die benötigte Nahrung streitig machen.

Die Neophyten besitzen aber auch einen kulinarischen Aspekt. Im Katzensee nahe der Stadt Zürich tauchten vor rund 25 Jahren zum ersten Mal Rote Amerikanische Sumpfkrebse auf, die sich dort bis heute zur Plage entwickelt haben. Um dem entgegenzuwirken, holen Hobbyfischer die Tiere aus dem See und verkaufen sie an Restaurants in der Umgebung, wo sie als Züri-Hummer auf die Teller kommen. Dasselbe geschieht seit einigen Jahren mit den asiatischen Körbchenmuscheln aus dem Zürichsee – auch sie haben sich inzwischen zur Delikatesse entwickelt. Seit einigen Jahren sammelt das Microgreens-Start-up Umami die süss und mild schmeckenden kleinen Muscheln aus dem Zürichsee und vertreibt sie an Privatkunden und ­Restaurants. Zum Zuge kommen sie etwa bei Markus Stöckle, dem Chef des ­bayerischen Neo-Wirts­hauses «Rosi» in ­Zürich, der sie als Bestandteil seines ­unwiderstehlichen «Armen Ritters» ­serviert.

Delikate Neophyten: Die eingewanderten asiatischen Körbchenmuscheln werden von Umami eingesammelt und dann in die Gastronomie verkauft.
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Delikate Neophyten: Die eingewanderten asiatischen Körbchenmuscheln werden von Umami eingesammelt und dann in die Gastronomie verkauft.

Der mit den Wellen tanzt

Weitaus bedeutender als die Fischerei ist jedoch der Weinbau am Zürichsee. Vor gut 150 Jahren gab es sage und schreibe 2000 Hektar Reben an seinen Ufern. Heute sind es nur noch 138 Hektar, auf denen rund 30 Produzenten Weinbau betreiben. Der Einfluss des Sees auf die Anbaubedingungen ist nicht von der Hand zu weisen. Das Weingut Irsslinger aus dem zum Kanton Schwyz gehörenden Wangen am Obersee geht jedoch noch einen Schritt weiter und macht den See selbst zum wichtigen Bestandteil bei der Entstehung seines Wellentänzers. Der Weisswein aus der Rebsorte Johanniter reift in einer eigens dafür angefertigten Stahlboje inmitten der Wellen. Während der Reifung wird er einer natürlich verursachten Temperaturkurve ausgesetzt. Damit sich diese nicht ins Extreme entwickelt, wurde die Boje so konstruiert, dass der Wein nicht von der direkten Sonneneinstrahlung, sondern ausschliesslich von der Seetemperatur beeinflusst wird.

Die Idee stammt vom österreichischen Winzer Fabian Sloboda, der herausfinden wollte, wie sich Wein im Neusiedler See entwickelt. Angetan von dem Konzept meldeten sich die Irsslingers bei Sloboda und wurden seine Wellentänzer-Partner in der Schweiz. Der erste Wellentänzer wurde daraufhin von November 2019 bis Ende März 2020 im Hafen von Rapperswil-Jona eingewassert. Um den Einfluss der Reifung im See genau zu untersuchen, baute man denselben Wein für dieselbe Zeit auch ganz gewöhnlich im Keller aus. Vom Weinbauzentrum Wädenswil wurde bestätigt, dass sich beide Weine durchaus unterscheiden und der Wellengang sich sehr wohl positiv auf den Wein auswirkt. Im November 2022 wurde die letzte Wellentänzer-Boje eingewassert, und der See wird seine Wirkung auf den Wein ausüben, wie er es seit jeher auf die Bewohner der Stadt tut. Darüber hinaus bietet Zürich weitere Top-Adressen für Besucher:innen, die definitiv einen Versuch wert sind.


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Dominik Vombach
Dominik Vombach
Chefredaktion Schweiz
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