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Nelson Freitas aus Portugal gewinnt den »S.Pellegrino Young Chef Academy Award«

15 junge Köchinnen und Köche rangen in Mailand um den Titel »S.Pellegrino Young Chef«. Auch ein Schweizer und ein Deutsch-Österreicher sind unter den Finalisten.

Die Gastronomie hat das Potenzial, die Gesellschaft zu verändern und eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Mit diesem Gedanken vor Augen hat S.Pellegrino die »S.Pellegrino Young Chef Academy« ins Leben gerufen – eine Plattform, die junge Talente und erfahrene Köche zusammenbringt, um Wissen und Leidenschaft zu teilen und die Kulinarik auf ein neues Level zu heben.

Das Ziel der Academy ist klar definiert: S.Pellegrino sucht die beste Nachwuchsköchin oder den besten Nachwuchskoch der Welt. Seit 2015 ermutigt S.Pellegrino angehende Spitzenköchinnen und Spitzenköche aus über 70 Ländern, sich diesem Wettbewerb zu stellen und ihre kulinarischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Passionierte Jungköche, alle unter 30, treffen auf einflussreiche Persönlichkeiten der globalen Gastronomieszene und bilden gemeinsam eine inspirierende kulinarische Gemeinschaft.

Perfektion und Liebe zum Detail

Das diesjährige kulinarische Kräftemessen der nächsten Generation fand Anfang Oktober statt. Zwölf Kandidaten und drei Kandidatinnen haben sich für das Finale in Mailand qualifiziert. An zwei Tagen kochen die jungen Talente und versuchen die fünfköpfige Jury von ihrem Können zu überzeugen. Sie setzten sich in den regionalen Vorentscheiden zwischen September 2022 und Januar 2023 gegen 150 weitere Teilnehmer durch.

Auch ein Schweizer hat sich qualifiziert: Raúl Garcia ist Souschef von Patrick Mahler im »Focus Atelier« im »Park Hotel Vitznau«. Das Restaurant, in dem er arbeitet, ist mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Perfektion und Liebe zum Detail gehören für den 21-Jährigen also zum Alltag.

»Am Zoll waren sie ein bisschen überrascht«

Raúl hat ein sehr klassisches Gericht nach Mailand gebracht: Nose to Tail vom Zander. Er serviert das Filet ganz, aus den Abschnitten fertigt er eine Mousseline, die er auf dem Filet drapiert. Aus dem Bauchlappen schneidet er ein Ceviche. Dazu gibt es Muscheln, Artischocken und eine Beurre blanc mit Vin Jaune. Raúl hat sich für den Wettbewerb sehr gut vorbereitet. »Ich habe nicht viel geübt, aber ich überlasse nichts dem Zufall«, erzählt er. Das bedeutet, dass er sämtliche Zutaten aus der Schweiz mit nach Mailand genommen hat. Auch alle Utensilien – zum Beispiel zehn japanische Messer – hat er im Gepäck. »Am Zoll waren sie ein bisschen überrascht, aber als ich erklärt habe, was ich vorhabe, ließen sie mich ziehen.«

Der Plan geht für Raúl soweit auf. Während des Wettbewerbs ist er ausgesprochen ruhig, hat genügend Zeit, um sich auf die einzelnen Arbeiten zu konzentrieren. An seiner Seite steht Guy Ravet aus dem »Grand Hôtel du Lac« in Vevey. Ravet ist Raúls Mentor in Mailand. »Wirklich viel zu tun habe ich nicht«, gesteht er. »Raúl hat alles extrem im Griff. Er hat einen sehr genauen Zeitplan aufgestellt und ich kontrolliere hie und da, ob er in der Zeit ist.« Raúl Garcia ist in der Zeit. Und trotzdem ist sein Posten so sauber, wie bei kaum einem anderen Kandidaten. Darauf angesprochen, sagt er: »Bei mir muss immer alles perfekt sein. Ich arrangiere alles in perfekten rechten Winkeln.«

Klassisch französisch

Dass das Gericht sehr perfektionistisch ist, merkt auch die Jury, bestehend aus Riccardo Camanini (»Lido 84«, Garda See), Hélène Darroze (»The Connaught«, London), Vicky Lau (»Tate Dining Room«, Hongkong), Pia Leon (»Kjolle«, Lima) und Nancy Silverton (»Mozza«, Los Angeles). »Du hast den Garpunkt des Zanders wirklich perfekt getroffen«, bemerkt Riccardo Camanini. Pia Leon, die beste Chefin Südamerikas, fragt nach, was denn das Innovative an dem Gericht sei. Schliesslich sei es doch sehr klassisch. Raúl antwortet souverän: »Es ist tatsächlich sehr klassisch französisch. Aber ich kombiniere es mit einigen japanischen Komponenten wie dem Sansho-Pfeffer. Das gibt dem Gericht das gewisse Extra

Das gewisse Extra lieferten auch die anderen Kandidaten: Für Deutschland ging Anton Lebersorger aus Stuttgart ins Rennen. Mit seinem Signature-Gericht »Huhn, Karotte aus dem Schmiedener Feld, Kimchi und Thai-Béarnaise« konnte er sich seinen Platz im Finale sichern.

Der junge Koch, aus dem »Goldberg Restaurant & Winelounge« in Fellbach, war zudem für einen der drei Nebenpreise nominiert, den »Acqua Panna Connection in Gastronomy Award«. Er wurde jedoch bereits im Juli an He-Sen Liu und sein Signature-Dish »Hausgemachte Austernsauce mit Shandong-Wagyu« verliehen und zeichnet Köche aus, die das kulinarische Erbe ihrer Heimatregion auf besondere Weise repräsentieren.

Kein Wunder, dass Lebersorger für ihn nominiert war: »Die deutsche Küche hat großartige, schöne Gerichte, abseits von Schnitzel und Braten in riesigen Mengen«, erklärt er.

Omas Küche übersetzt in eine Fine Dining Edition

Anton wurde von Zwei-Sterne-Koch Daniel Gottschlich aus Köln (»Ox & Klee«) unterstützt, der sein Fachwissen und seine kulinarische Expertise mit in Lebersorgers Kreation einbrachte. Das führte beispielsweise dazu, dass statt eines einfachen Huhnes, der Albgockel vom Hof in der Nähe zu einem Ragout verarbeitet wurde. »Abseits des Zeugens von Nachkommen, hat er normalerweise, keinen großen Auftritt in der Küche«, scherzt Gottschlich. Bei Anton wird er ganz verwertet. Der Nachhaltigkeitsgedanke wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt, so beschreibt es auch sein Mentor: »Anton ist ein sehr bodenständiger Koch, er kommt vom Dorf, und das zeigt sich in seinem Gericht. Kartoffeln, Karotten, Spitzkohl, Innereinen: das ist Omas Küche übersetzt in eine Fine Dining Edition.« Dem stimmt auch Lebersorger zu. »Ich nutze das, was schon um mich herum vorhanden ist«. Das Gericht entstand vor mehr als einem Jahr mit genau diesem Gedanken. »Ich wollte unbedingt etwas mit Hähnchen machen«, erinnert er sich. Alle anderen Zutaten fand er in einem Umkreis von fünf Kilometern.

Kennengelernt haben sich die beiden im Herbst 2022 beim deutsch-österreichischen Vorentscheid in Köln. Dort saß Gottschlich neben Tim Raue (»Restaurant Tim Raue«, Berlin), Julia Komp (»Sahila«, Köln) und Christoph Kunz (zuletzt »Restaurant Alois«, München) in der Jury. »Wir alle waren uns einig, dass Antons Gericht das Beste ist«, erinnert sich Gottschlich.

Die Suche nach der perfekten Linie

Langfristig möchte Lebersorger sein eigenes Restaurant eröffnen, eine Vision, die Gottschlich gerne unterstützt. »Die Basis hatte ich, aber manchmal fehlt der Ruck von einem erfahrenen Koch wie Daniel, um die perfekte Linie zu finden«, so der Nachwuchs-Sternekoch.

Doch für die internationale Jury scheinen weder er noch Raúl sie gefunden zu haben. Die Award Show im Pirelli Hangar Bicocca, einem gigantischen Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst, fällt äußerst pompös aus. Der Großmeister der italienischen Küche, Massimo Bottura, hat auch noch einen Auftritt, kocht für die Gäste und signiert den jungen Nachwuchstalenten die Kochblusen. Um kurz vor 23 Uhr ist es dann so weit: S.Pellegrino verkündet den Young Chef. Die Trophäe geht nach Portugal. Nelson Freitas konnte die Jury von seinem Gericht (Meeräsche, Seeigel und schwarzer Knoblauch) überzeugen. Die Jury lobte Freitas für seine kulinarischen Fähigkeiten, die Auswahl der Zutaten und die Schönheit des Gerichts sowie die starken Botschaften, die er vermittelt.


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Sebastian Späth
Sebastian Späth
Chefredakteur Deutschland
Anna Wender
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