Restaurant der Woche: 100/200
Thomas Imbusch hat mit dem »100/200« in Hamburg seinen Traum verwirklicht. Wer ein Ticket bucht, erlebt einen stimmigen Abend mit Blick auf die Elbbrücken.
Es ist paradox, im lang erwarteten Restaurant von Thomas Imbusch soll gerade nicht der Koch im Vordergrund stehen. Zentral sind zwei Dinge: Die Zutaten für seine Küche. Und die Küche selbst, genauer gesagt der Herd. Ein 1,1 Tonnen schweres Schmuckstück des französischen Herstellers Molteni, das mitten im Raum thront. Mit ihm rückt im »100/200« aber auch der Erfinder in den Fokus, denn der hat eine alte Idee zeitgemäß interpretiert. Imbusch lebt hier seinen Traum: Radikal produktbezogene Küche, an den Gast vermittelt über das Handwerk des Kochs. Klingt gewöhnlich? Ist es aber nicht.
Nose to Tail
Imbusch kauft nur ganze Tiere und verarbeitet sie komplett – das erfordert Ideen. Wenn die 28 Hühner seines Züchters aufgegessen sind, kommt als nächstes das Angler-Sattelschwein an die Reihe. Oder was auch immer die Lieferanten gerade empfehlen. Brutzelnde Forellenfilets isst man direkt aus der Pfanne, nach dem Süppchen aus gerösteter Forellen-Karkasse und Schnecken. Als Hauptgang stellt Imbusch ein ganzes Huhn aus dem Ofen auf den Tisch, das die Gäste selbst absäbeln, dazu sauce rouennaise, fertig. Das Dessert besteht aus tourierter Brioche mit Vanillesahne und Renekloden – auch ohne Wow-Effekte kann man glücklich werden. Angenehm: die spannende Weinbegleitung von Sophie Lehmann. Hier und da ruckelt es noch ein bisschen. Aber so nett und stimmig hat man lange nicht getafelt, Sonnenuntergang und Blick auf die Elbbrücken inklusive. Die Zahlung ist übrigens vorab fällig, per Online-Ticket.
100/200 Kitchen
Brandshofer Deich 68
20539 Hamburg
Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2018
Die Falstaff Restaurants der Woche werden von den Falstaff Redakteuren ausgesucht und bewertet. Aber auch Sie haben die Möglichkeit, Ihre Restaurant-Besuche zu bewerten!