Die Ruinen der päpstlichen Sommerresidenz aus dem 13. Jahrhundert überragen weithin sichtbar den Ort Châteauneuf- du-Pape in Südfrankreich.

Die Ruinen der päpstlichen Sommerresidenz aus dem 13. Jahrhundert überragen weithin sichtbar den Ort Châteauneuf- du-Pape in Südfrankreich.
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Warum Châteauneuf-du-Pape gerade eine Renaissance erlebt

Die stoffig-würzigen Rotweine aus Châteauneuf-du-Pape im südlichen Rhonetal erleben derzeit eine Renaissance. Mit zahlreichen Spitzenweinen, darunter neben Klassikern auch viele Newcomer, präsentiert sich die Region von ihrer Sonnenseite. Und mit dem Jahrgang 2020 bietet sie exzellente Weine mit einem tollen Preis-Leistungs-Verhältnis.

Über etwa 3.200 Hektar erstreckt sich die Rebfläche von Châteauneuf, die sich auf fünf Gemeindegebiete verteilt. Etwa die Hälfte davon befindet sich direkt im Ort Châteauneuf-du-Pape links der Rhone, nach dem die gesamte Appellation benannt ist. Im Norden liegt Orange mit 381 Hektar, gefolgt von Courthézon im Nordosten mit 663 Hektar. Im Osten liegt der Teil von Bédarrides mit 353 Hektar, während Sorgues im Süden mit 128 Hektar den kleinsten Anteil hat. Die Produktion betrug zuletzt im Zehn-Jahres-Schnitt etwa 95.000 Hektoliter, davon sind gerade einmal 5.000 Hektoliter Weißwein. Zwei Drittel der Produktion werden ins Ausland exportiert, 95 Prozent der erzeugten Mengen stammen von Weingütern und Privatkellereien, fünf Prozent der Appellationsweine stellen Genossenschaften her. Es sind 13 Rebsorten für die Produktion von Châteauneuf-du-Pape AOC zugelassen, allerdings macht mit rund drei Viertel der Grenache den Großteil aus. Nicht alle Weine sind Cuvées, es gibt sehr wohl auch sortenreine Abfüllungen aus Grenache, Syrah, Mourvèdre und Cinsault. In den Weingärten sieht die Zusammensetzung bei den roten Sorten derzeit so aus: 74,5 Prozent Grenache noir (davon 2,47 Prozent Grenache blanc), 10,84 Prozent Syrah, 6,61 Prozent Mourvèdre, 2,57 Prozent Cinsault, 0,44 Prozent Cunoise, 0,34 Prozent Muscardin, 0,13 Prozent Vaccarèse und 0,03 Prozent Terret. Bei den Weißweinsorten sieht es folgendermaßen aus: 2,31 Prozent Clairette, 1,11 Prozent Roussanne, 1,06 Prozent Bourboulenc, 0,06 Prozent Picpoul und 0,001 Prozent Picardan.

Riesige, oft brotlaibgroße Steine bedecken die Böden der meisten Weingärten von Châteauneuf-du-Pape, die Rhone wirkt zusätzlich positiv auf das Klima ein.
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Riesige, oft brotlaibgroße Steine bedecken die Böden der meisten Weingärten von Châteauneuf-du-Pape, die Rhone wirkt zusätzlich positiv auf das Klima ein.

2020 war großartig

Gut 2.000 Weine aus dem Jahrgang hat Falstaff für Sie verkostet – und war beeindruckt: Schon in diesem frühen Stadium zeigen sich die Weine zugänglich, saftig und charmant. Das Wetter spielte mit, die klimatischen Bedingungen legten den Grundstein für ein breites Angebot an sehr ansprechenden Weinen aus diesem Jahrgang. Ein niederschlagsreicher Winter sicherte die Grundversorgung der Böden mit Feuchtigkeit über die gesamte Wachstumsperiode. Der Frühling war mild, trocken und mit viel Sonnenschein. Und so begann der Austrieb verhältnismäßig früh. Die Blüte verlief recht gleichmäßig und die Bedingungen für eine frühe Ernte waren angelegt. Der Frühsommer zeigte sich trocken, erst im Juni gab es – exakt zur rechten Zeit – etwas Regen, um für einen warmen, aber nicht exzessiv heißen Sommer gerüstet zu sein. Die Sommernächte brachten ausreichend Abkühlung, um den Weinen eine gewisse Frische zu erhalten. Ende August wurde mit der Weißweinernte begonnen, Anfang September folgte der Syrah und Mitte des Monates kamen Mourvèdre und Grenache an die Reihe. Es gab vereinzelt kurze Regenschauer, sonst herrschte während der Weinlese Sonnenschein. Anfang Oktober waren so gut wie alle Trauben in den Kellern.

Der Stil des 2020ers ist verführerisch und sehr zugänglich. Das Resultat der sehr guten klimatischen Rahmenbedingungen sind Rotweine mit saftigem Kern, einer fruchtigen Süße, eleganter Textur und guter Frische. Je nach Sortendominanz zeigen die Weine mehr oder weniger Würze, auffällig sind die reifen, samtigen Tannine. So zeigen sich die Weine bereits in ihrer Jugend ungemein charmant und zugänglich. Die Fruchtkomponente liegt eher auf der rotbeerigen als der dunkelbeerigen Seite. Dank ihrer Harmonie kann man sie vom Fleck weg genießen. Die Alkoholwerte liegen zwischen 14,5 und 15,5 Volumenprozent. Aufgrund ihrer guten Balance werden die Weine aber nicht als schwer, sondern vielmehr als stoffig wahrgenommen. 2020 kann also bereits sehr jung getrunken werden. Einer ausgedehnten Reifezeit steht allerdings ebenfalls nichts im Wege. Speziell die von Grenache geprägten Weine aus den nördlicheren sandig-kalkigen Terroirs verfügen über eine fast burgundische Art. Die Weine von den tiefgründigeren Böden wie den Galets Roulés mit Lehmuntergrund von La Crau zeigen sich sehr komplex und saftig. Diese verfügen auch über Tannine für den »Long Run«.

Legendäre Weine

Einige Winzer und Cuvées haben den heute legendären Ruf der Region begründet. Der bis heute meistgesuchte Wein der Appellation ist jener von Château Rayas, ein Châteauneuf-du-Pape von außergewöhnlicher Finesse. In den letzten Jahren wurden die Weine des Guts zum absoluten Spekulationsobjekt. Die Preise des ohnehin schwer erhältlichen Weins gingen bei Auktionen und im Sekundärhandel durch die Decke. Der große Jahrgang 1990 lag bereits bei rund 4.500 Euro. Allerdings: Der Hype scheint sich mittlerweile wieder etwas zu legen. Wachsendes Qualitätsbewusstsein ließ im Laufe der Jahre besondere Cuvées entstehen, für die die Winzer ihre besten Chargen und Fässer selektionierten. Zu diesen Weinen zählt die »Hommage à Jacques Perrin« von Château de Beaucastel, die 1989 erstmals auf den Markt kam (Spitzenjahrgänge: 1989, 1990, 1998, 2007, 2010). »Hommage« von Mourvèdre kommt nur in Spitzenjahren für spätreifende Sorten auf die Flasche. Eine weitere Legende ist die »Cuvée des Célestins« von Henri Bonneau (Spitzenjahrgänge: 1970, 1978, 1989, 1990, 1998, 2001, 2007, 2010). André Brunel vom Weingut Les Cailloux kreierte mit ihrer »Cuvée Centenaire« einen weiteren Mythos. Bis zu 85 Prozent dieser Weine stammen aus einem über 110 Jahre alten Grenache-Weingarten. (Spitzenjahrgänge: 1990, 2000, 2001, 2012, 2015).

Mit dem Jahrgang 1998 gesellte sich die Domaine du Pégau unter jene, die in Top-Jahren eine Luxus-Cuvée anbieten, und zwar mit »Da Capo«. (Spitzenjahrgänge: 1998, 2000, 2003, 2007, 2010, 2015, 2016, 2020). Das Weingut hat zusätzlich immer wieder Sonder-Cuvées in limitierter Auflage und auf höchstem Niveau hergestellt, etwa anlässlich der Geburt von Kindern und Enkeln. Der teuerste Sonderwein ist der auf Magnum gezogene Sammlerwein »Les Gouttes d’Or« von 2016 mit weltweit nur 100 Stück. Auch Clos du Mont-Olivet zählt mit dem »Cuvée du Papet« zu den Erzeugern von Spitzen-Cuvées. Jahrgänge wie 1990, 2007 oder 2010 zählen fraglos zu den Châteauneuf-Allstars.

Château Rayas.
Foto beigestellt
Château Rayas.

Mythos Rayas

Die Weine von Château Rayas erlebten jüngst eine wahre Preisexplosion.

Ein Burgunder aus Grenache
Seit 1880 ist Château Rayas, dessen Weine zu den besten Frankreichs gezählt werden, in Händen der Familie Reynaud. Unter den Weinen von Châteauneuf-du-Pape genießt dieses Haus einen herausragenden Ruf. Das mit nur zwölf Hektar ausgestattete Weingut ist in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit. Während die meisten Weine der Appellation aus einer Vielzahl von verschiedenen Rebsorten komponiert sind, besteht der rote Rayas aus reinem Grenache, der etwa zehn Hektar einnimmt. Für viele Kenner ist dies für den fast »burgundischen« Touch der Weine mitverantwortlich. Die Böden von Rayas bestehen aus Lehm, auf dem eine Schicht Mergel und darüber rötliche und gelbe Sande liegen. Die in Châteauneuf-du-Pape so typischen großen, runden Steine in den Gärten, die »Galettes«, fehlen fast völlig. In diesem sehr kargen Terroir haben die Reben hart um ihr Überleben zu kämpfen. Oft müssen sie ersetzt werden, was das Durchschnittsalter auf etwa 35 Jahre drückt. Die Rebparzellen sind von Pinien- und Schirmkieferwäldern umgeben, um sie vor dem Mistral zu schützen, und manch Weinfreund meint, einen Hauch von Pinienätherik auch im Wein von Rayas entdeckt zu haben. Die Produktion des roten Rayas liegt etwa bei 16.000 Flaschen jährlich, vom Weißen bei etwa 5.000 Flaschen. Der Stil der großen Rayas ist geprägt von Frische und Finesse, wie man sie kaum in anderen Produkten der Appellation Châteauneuf-du-Pape antrifft. Fünf bis zehn Jahre nach dem Erntejahrgang beginnt der Rayas in die Trinkreife einzutreten, gute Jahrgänge können sich 20 Jahre auf hohem Niveau halten, danach muss man einfach Flaschenglück haben. Von den aktuellen Jahrgängen raten wir zu 2009, 2005, 2001 und 2000; bei den gereiften Weinen zum 1995er und dem extrem teuren Kultwein von 1990, wobei man aktuell den strafferen und sicher relativ kostengünstigeren 1989er vorziehen sollte. Der Preis des aktuell jüngsten verfügbaren Weines von 2010 liegt bei etwa 1.200 Euro. Der 1990er wird in Europa ab etwa 3.200 Euro angeboten.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2023

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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