Was gehört auf eine Brettljause, was aber nicht? In ihren Anfangstagen stellte sich diese dogmatische Frage nicht: Serviert wurde, was da war!

Was gehört auf eine Brettljause, was aber nicht? In ihren Anfangstagen stellte sich diese dogmatische Frage nicht: Serviert wurde, was da war!
© Schloss Kapfenstein/Fam. Winkler-Hermaden

Eva Winkler-Hermaden: »Mit Leberwurst und Blutwurst fing alles an«

Die 94-jährige Erfinderin der Brettljause spricht mit Falstaff über die Geschichte des Buschenschank-Klassikers.

Eva Winkler-Hermaden ist 94 Jahre alt, doch die Erinnerung an das Gericht, das man nicht nur im steirischen Thermen- & Vulkanland mit ihrem Namen verbindet, ist frisch. Als »Erfinderin der Brettljause« geehrt, schildert sie exklusiv die Geschichte dieses Buschenschank-Klassikers.

Viele Besucher auf »Schloss Kapfenstein«, berühmt für Weingut und das Restaurant mit herrlicher Terrasse, sind der eleganten Dame schon begegnet. Meist trifft man Eva Winkler-Hermaden bei einem Rundgang durch die Schlossgärten, die sie lange mitgestaltet hat. Gemeinsam mit ihrem bereits verstorbenen Mann Burkhardt Winkler-Hermaden hat die heute 94-Jährige die Landwirtschaft und den Buschenschankbetrieb nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut. Sie kümmerte sich Jahrzehnte um Gäste und Wirtschaft des markanten Schlosses im Vulkanland, einige ihrer Rezepte hat Winkler-Hermaden in ihrem Buch »Kochen mit Oma« (2015 erschienen) gesammelt. Und doch ist es ein kaltes Gericht, das sie berühmt gemacht hat: die Brettljause.

Wenn Eva Winkler-Hermaden 2023 erzählt, wie es dazu kam, stellt sich unmittelbar ein Hauch weitgehend vergangener Buschenschankromantik ein. Denn verwertet wurde in den 60er-Jahren auf »Schloss Kapfenstein« bei den Aussteckterminen »alles vom Schwein, auch der Topfen wurde aus der Milch unserer Kühe hergestellt«.

Die Komposition der »Ur-Brettljause«

Vor allem Schinken und Speck waren in der Nachkriegszeit ein Genuss, der gerne gesehen wurde. »Dabei kamen auch Leber- und Blutwurst auf das Brettl. Sie war ein wenig dicker als die heutige Salami und kam kalt und aufgeschnitten auf die Brettljause«. Ergänzt wurde das fleischige Potpourri um die bis heute üblichen Aufstriche: Grammelschmalz, Kräutertopfen und Verhackerts. Auch die Garnierung ist übrigens keine Erfindung heutiger Heurigenwirte: Je nach Jahreszeit kamen ganze Radieschen, geschnittene Paprika und saftige Paradeiser dazu.

Doch es dauerte, bis es überhaupt Essen im Buschenschank auf Schloss Kapfenstein gab. Anfangs dominierte der Wein, zu dem man damals in vielen Heurigenlokalen auch noch die eigene Jause mitbringen durfte. Umso wichtiger war die Auswahl an Weinen – auch hier hat sich der Sortenspiegel inzwischen verändert. »Es gab bereits reinsortige Weine (Muskat-Sylvaner, Welschriesling, Ruländer, Rheinriesling und Traminer). Jede Sorte hatte ein eigenes Glas, um die Sorten am Tablett zu unterscheiden und auch beim Abrechnen zu sehen, was jeder getrunken hatte.«

Pragmatismus Im Buschenschank

Warum sie für ihre eigene Jause das hölzerne »Brettl« anstelle eines Tellers wählte, erklärt Winkler-Hermaden ebenfalls pragmatisch: »Das Brett war leicht zu tragen und man konnte besonders leicht mit dem Feitl auf dem Holz schneiden. Das Holz brach auch nicht, wenn es runterfiel. Die Brettln wurden damals einfach in einem Schaffel gesäubert und auch immer ausgekocht«: Womit auch der Clou dieser neuen Heurigenplatte bereits angesprochen wäre – der Feitl alias Taschenmesser. Sie wurden in einem Gefängnis bei Trattenbach (zwischen Linz und Wels) hergestellt und waren einfache Klappmesser mit bunten Holzgriffen. »Die wurden damals in Fehring verkauft und wir waren die exklusiven Abnehmer.«

Womit niemand auf Schloss Kapfenstein gerechnet hatte, war, dass immer mehr der Feitln verschwanden. Heurigengäste fanden das »Souvenir« unwiderstehlich. Was Eva Winkler-Hermaden bis heute ein wenig ärgert: »Die anständigen Leute haben sie nicht mitgenommen«. Doch nicht nur die Schneidwerkzeuge, auch die Zusammensetzung der Brettljausen haben sich seit Winkler-Hermadens Heurigentagen geändert. Wobei: Festgeschrieben sei die Zusammenstellung einer Brettljause ohnehin nicht. Nur einen kulinarischen Rat gibt ihre Erfinderin allen Nachfolgern mit: »Jeder soll das drauf tun, was er Besonderes hat!«


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Erschienen in
Steiermark Special 2023

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Roland Graf
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