In Frankreich ist Roquefort eine der beliebtesten Käsesorten. Sein geschmacklich intensiver, salziger und leicht brüchiger Teig ist von blauem Edelschimmel durchzogen.

In Frankreich ist Roquefort eine der beliebtesten Käsesorten. Sein geschmacklich intensiver, salziger und leicht brüchiger Teig ist von blauem Edelschimmel durchzogen.
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Roquefort: Ein blaues Wunder erleben

Die Geschichte des Roquefort reicht bis ins 7. Jahrhundert zurück, als er, wie so viele geniale Dinge, zufällig entdeckt wurde. Bis heute wird jeder Roquefortlaib nach strengen Regeln in seinem Ursprungsort in Südwestfrankreich gekäst – von insgesamt nur sieben Käsereien!

Steckbrief

Typ: Blauschimmelkäse aus roher Schafmilch
Produktionsgebiet: Roquefort-sur-Soulzon im Departement Aveyron
Geschmack: Intensiv, leicht säuerlich, pikant, »schafig«, ausgewogen
Konsistenz: Feucht, fest, brüchig und zartschmelzend
Gewicht eines Laibs: 2,5 bis 3 kg
Reifezeit: 3 Monate

Der Legende nach wurde ­Roquefort von einem jungen Schafhirten aus dem südwestfranzösischen Departement Aveyron entdeckt. Eines Tages, als er seine Mittagsrast einlegen wollte, sah er ein schönes Mädchen in der Ferne. Um ihr folgen zu können, versteckte er sein Mittag­essen aus Roggenbrot und Schafkäse in einer Felsspalte. Nach einiger Zeit kehrte er zurück, um den Rest seiner Mahlzeit zu verzehren. Mittlerweile waren Brot und Käse von Schimmel überzogen. Er probierte den Käse trotzdem und merkte zu seiner Überraschung, dass er ihm gut schmeckte.

Ob die Geschichte stimmt oder nicht, Fakt ist, dass die Bauern im Dorf Roquefort-sur-Soulzon im Frühmittelalter anfingen, ein Pulver aus angeschimmeltem Roggenbrot in ihre Milch zu mischen, um daraus Schimmelkäse herzustellen. Diesen reiften sie in den Combalou-Höhlen, die den Felsen durchsetzen, auf dem das Dorf steht. Die Höhlen sind von Rissen und Spalten durchzogen, Fleurines genannt. Durch sie strömt ständig Luft, es entsteht Durchzug. Dank der konstant niedrigen Temperatur, der hohen Feuchtigkeit und der Luftstöße gedeiht der Schimmelpilz hier prächtig.

Die Qualität des Käses dieser Gegend war schon bei den Römern bekannt, wie ein Text von Plinius dem Älteren bestätigt. Ob es sich bei dem erwähnten Caseus um Blauschimmelkäse handelt, weiß man nicht. Ebenfalls ist nicht belegt, dass der Schimmelkäse, den Kaiser Karl der Große laut einer Chronik auf seinen Feldzügen probierte und sehr mochte, Roquefort war – obwohl das oft behauptet wird. Der Käse hatte allerdings schon viele berühmte Fans: Casanova lobte ihn als Stärkung fürs Liebesspiel, Napoleon aß ihn gerne, ebenso wie Charles de Gaulle. Bereits 1411 erließ König Karl IV. ein Dekret, nachdem nur im Dorf Roquefort-sur-Soulzon hergestellter und in den Combalou-Höhlen gereifter Käse Roquefort genannt werden durfte. Im Jahr 1925 folgte die offizielle Herkunftsbezeichnung: Roquefort wurde der erste in Frankreich mit der Bezeichnung »Appellation d’Origine Contrôlée (AOC)« geschützte Käse. Gleichzeitig wurde auch das erste Regelbuch eingeführt, welches die Produktionsschritte für Roquefortkäse klar definiert. 1996 folgte die Herkunftsbezeichnung auf Ebene der Europäischen Union (AOP).

Roquefort-sur-Soulzon liegt in der spärlichen Landschaft der Hochebene »Causse du Larzac«. Hier grasen auch die Schafe, aus deren Milch der Käse hergestellt wird.
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Roquefort-sur-Soulzon liegt in der spärlichen Landschaft der Hochebene »Causse du Larzac«. Hier grasen auch die Schafe, aus deren Milch der Käse hergestellt wird.

Das Roggenbrot und der Roquefort

Als Basis für den Roquefort wird Rohmilch von Schafen der Rasse Lacaune verwendet. Sie werden im Umkreis von Roquefort gehalten, wo sie sich mehrheitlich von frischem Gras ernähren. Ihre Milch muss innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Nach der Ankunft in einer der sieben Roquefort-Käsereien wird sie im Labor untersucht und, wenn sie keine schädlichen Keime aufweist, auf rund 30 Grad erwärmt. Jetzt wird das Lab zugeführt, das die Milch gerinnen lässt. Je nach Produzent werden auch die Penicillinsporen jetzt hinzugefügt, sie können allerdings auch später über die jungen Käseformen gestreut werden. Das Penicillin wird übrigens in den meisten Betrieben noch selbst hergestellt: Dazu lässt man wie früher Roggensauerteigbrot in den Combalou-Höhlen verschimmeln. Da Penicillium roqueforti dort natürlich vorkommt und Roggenbrot liebt, geht das relativ schnell. Diese getrocknete Brotkrume wird vor der Verwendung pulverisiert. Man braucht nur wenig, um einen Käselaib zu inokulieren: Vier Gramm Pilzsporen reichen für 5.000 Liter Milch.

Das Lab lässt die Milch innerhalb von einer Stunde zur Dickete gerinnen. Beim Roquefort ist die geschnittene Dickete, Käsebruch genannt, würfelförmig, mit rund einem Zentimeter Kantenlänge. Der Bruch kommt dann in runde, gelochte Plastikformen von rund 10 Zentimetern Höhe und einem Durchmesser von etwa 20. Während der nächsten zwei bis drei Tage ruhen die Käseformen, damit die Molke abläuft. Anschließend werden die jungen Laibe aus den Formen genommen und im Abstand von ein paar Tagen zweimal gesalzen. Weitere zwei bis drei Tage später wird jeder Laib mit 40 durchgehenden Löchern versehen – diese sorgen für die Durchlüftung des Käseteigs. Anschließend kommt jeder Roquefortkäse zum Reifen in die Combalou-Höhlen.

Laut AOP-Regelbuch müssen die Roquefort­käse in den Combalou-Höhlen reifen.
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Laut AOP-Regelbuch müssen die Roquefort­käse in den Combalou-Höhlen reifen.

Mit Durchzug zum Erfolg

In den Combalou-Höhlen herrscht immer reger Durchzug und eine Temperatur von elf bis zwölf Grad. Die Höhlengänge sind mit Türen versehen, die man zur Regulierung von Temperatur und Feuchtigkeit öffnen und schließen kann. Da das Wachstum des Schimmelpilzes Wärme entwickelt und die Käse Feuchtigkeit abgeben, ist es wichtig, das Raumklima stets zu kontrollieren – dazu hat jede Roquefort-Käserei Angestellte, die ein genaues Gespür dafür haben, wie warm und feucht die Lagerräume in den Höhlen sind. So lagert jeder Laib, bis er das perfekte aromatische Gleichgewicht entwickelt hat: intensiv, salzig, pikant und leicht säuerlich. Rund drei Monate nachdem die Milch die Käserei erreicht hat, ist der Käse zum Verkauf bereit.

Roquefort gilt mit seiner über tausendjährigen Geschichte als Ur-Blauschimmelkäse. Er ist weltbekannt, besonders beliebt ist er in seiner Heimat Frankreich, wo er gerne mit oder ohne Quittenpaste, alleine oder auf gebuttertem dunklem Brot gegessen wird. Manchmal wird er sogar zu Dressing verarbeitet – das bekannteste ist wohl das »Blue Cheese Dressing« aus den USA.

Fast so alt wie Roquefort ist der Gorgonzola, der aus der gleichnamigen Stadt in der Nähe von Mailand kommt. Er tauchte im 11. Jahrhundert erstmals in Urkunden auf, soll aber schon länger existieren. Heute wird er in der Lombardei und im Piemont hergestellt. Seine Herstellung ähnelt der von Roquefort, allerdings besteht er aus pasteurisierter Kuhmilch. Nach 60 bis 75 Tagen Reifezeit kommt er weich und mild als »Dolce« auf den Markt. Nach 80 bis 100 Tagen ist er »Piccante«, sein Teig bröckelig und würzig-herb. Er wird gerne auf Brot gestrichen, schmeckt aber auch als Pastasauce, in Salaten oder klassisch mit Birne.

Der ebenfalls weltberühmte Stilton wird seit dem 18. Jahrhundert in England hergestellt, ebenfalls aus pasteurisierter lokaler Kuhmilch und unter Zugabe von Penicillium roqueforti. Es gibt ihn mit und ohne Schimmel. Außerhalb Englands kennt man ihn aber vor allem als Blauschimmelkäse. Stilton ist etwas milder, sahniger und cremiger als Roquefort. Er wird gerne nach dem Essen gereicht, zusammen mit einem Glas süßem Sherry oder Tawny-Portwein.

Die einheimischen Lacaune-Schafe sind optimal an das raue Klima der Hochebene um Roquefort-sur-Soulzon angepasst.
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Die einheimischen Lacaune-Schafe sind optimal an das raue Klima der Hochebene um Roquefort-sur-Soulzon angepasst.

Perfekte Kombination: Blauschimmelkäse & Süsswein

Zum englischen Blauschimmelkäse »Stilton« wird oft Tawny-Portwein getrunken. Kein Wunder, schließlich hatten die Briten maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der portugiesischen Likörweinindustrie. Aber auch Frankreich ist bekannt für seine Süßweine, die oft mit Roquefort kombiniert werden. Ob Jurançon, Banyuls oder – das klassische Pairing – gereifter Sauternes, sie alle passen perfekt zum von Blauschimmel durchzogenen Schafskäse. Da Blauschimmelkäse oft sehr cremig, salzig und kräftig sind, sind Süßweine das perfekte Gegenspiel. Besonders, wenn sie wie Tawny Port oder Sauternes noch etwas Säure haben, da diese das Fett im Käse ausgleicht. Ein leichter Weißwein würde in Kombination mit dem kräftigen Blauschimmelkäse untergehen, ein kräftiger, trockener Rotwein könnte zu harsch wirken. Süßwein bietet aber eine perfekte Kombination aus Süße, Kraft und Frische. Außerdem wird Käse oft nach dem Essen gereicht; in Kombination mit Süßwein wird er so zum perfekten Dessert.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2023

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Larissa Graf
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Von Redaktion