© Stefan Gergely

Birgit Reitbauer: »Wir machen unseren Job mit Herz und Seele«

Die Patronin des »Steirereck« im Interview über Wirtschaftlichkeit und die Zukunft in Betrieben.

Falstaff: Im Ausland sind Stornogebühren für Gäste, die trotz Reservierung fernbleiben, üblich. In Österreich wird die Debatte emotional geführt. In Ihrem »Steirereck« sind derartige Gebühren Usus, am Abend werden pro Person 250 Euro fällig. Ist das wirklich nötig?

Birgit Reitbauer: Wir machen unseren Job mit Herz und Seele. Unser Ziel ist es, Gäste glücklich zu machen. Aber wir müssen auch die Wirtschaftlichkeit unserer Betriebe erhalten. Von uns wird ganz selbstverständlich verlangt, dass wir am Monatsende Gehälter und Steuern zahlen, und das tun wir auch. Aber alle in der Branche müssen nach der Coronakrise, in der wir sehr flexibel waren, schauen, dass sie den Kopf über Wasser halten. Dazu könnten Gastronomen an der Preisschraube drehen, aber das wollen viele zum Glück nicht. Besser ist es, auf eine gute Auslastung zu achten. Das klappt nur, wenn sich auch die Gäste daran halten. Im »Steirereck« haben wir bei der Reservierung eine Vorlaufzeit von drei Wochen, manchmal sind wir über Monate ausgebucht. Wenn ein Gast nicht erscheint, ist es kaum möglich, den Tisch kurzfristig neu zu vergeben. Wer geht schon spontan ins »Steirereck«? Auch die Mitarbeiter leiden darunter, wenn Trinkgelder wegfallen, weil Tische leer bleiben.

Werden die Gäste unzuverlässiger?

Es ist wie überall: 95 Prozent der Gäste verhalten sich korrekt. Es sind die restlichen fünf Prozent, die Ärger machen. Reservierungen einzuhalten oder sich zumindest zu melden, wenn man nicht, später oder in einer kleineren Gruppe kommt, zeugt von einem Grundrespekt gegenüber anderen. Da gibt es derzeit Nachholbedarf. Alle Branchen, in denen man einen Platz nicht doppelt besetzen kann, leiden darunter. Fragen Sie einen Friseur oder eine Masseurin! Darauf müssen wir die Menschen sensibilisieren und an ihren Anstand appellieren.

In anderen Ländern ist man schon viel weiter.

Dort werden Tickets vergeben, fast wie in der Oper. Den Gastronomen ist es dann egal, ob man erscheint. Auch uns selbst ist das schon passiert. Mein Mann und ich haben im »Noma« reserviert, konnten aber wegen der Coronabeschränkungen unverschuldet nicht kommen. Wir konnten nicht kostenlos stornieren, sondern haben nur einen Gutschein erhalten.


Die Topgastronomin führt gemeinsam mit ihrem Mann Heinz Reitbauer das »Steirereck« im Wiener Stadtpark und die Wirtshaus-Dependance am steirischen Pogusch. Das »Steirereck« ist vielfach ausgezeichnet und zählt zu den besten Lokalen der Welt. Stornogebühren sind hier seit Langem üblich. Anfangs nur für internationale Gäste, später auch für heimische.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 09/2023

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Christoph Schwarz
Christoph Schwarz
Chefredakteur
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